In den Kindergärten der St. Nikolausstiftung wird der Nikolaus gefeiert, damit die Liebe und Güte des Heiligen für die Kinder spür- und erlebbar werden.
In den Kindergärten der St. Nikolausstiftung wird der Nikolaus gefeiert, damit die Liebe und Güte des Heiligen für die Kinder spür- und erlebbar werden.
Im Kindergarten sollten muslimische Kinder das Nikolausfest mitfeiern und christliche Kinder über den Ramadan erfahren, sagt Religionspädagoge Albert Biesinger, um „in der nachwachsenden Generation Frieden zu stiften“. Für die Familie empfiehlt er einfache religiöse Rituale, besonders für die bevorstehende Advent- und Weihnachtszeit.
Rund um den 6. Dezember wird in vielen Kindergärten der Heilige Nikolaus gefeiert. Religionspädagoge Albert Biesinger hat selbst oft den Nikolaus gespielt. In manchen Kindergärten werden die muslimischen Kinder während der Nikolausfeier zum Turnen geschickt.
Doch wenn Biesinger den Nikolaus spielt, kommt er zu allen Kindern – und alle singen gemeinsam die Nikolauslieder. „Damit bekehren wir sie nicht zum Christentum, sondern sie bekommen im Sinne von Gastfreundschaft die christlichen Rituale mit“, betont Biesinger. Ihnen allen gibt er ein Geschenk aus dem Nikolaussack, dann segnet er sie.
Den christlichen Kindern zeichnet er ein Kreuz auf die Stirn, den muslimischen legt er die Hand auf den Kopf. „Ein Kreuzzeichen wäre übergriffig und auch gar nicht sinnvoll“, meint Biesinger, „ich würde mich auch von einem Muslimen, Juden oder Buddhisten segnen lassen.“
Als Religionspädagoge sagen Sie, Integration könne durch religiöse Bildung funktionieren. Was bedeutet das?
Albert Biesinger: Ich bin im Augenblick ziemlich entsetzt, dass in der politischen Diskussion in Blick auf Integration die interreligiöse Verständigung kaum ein Thema ist. Flüchtlinge brauchen Unterkünfte, brauchen Nahrung und eine Dusche, aber sie brauchen auch eine Verständigung mit dieser für sie neuen Welt und müssen erfahren, dass Christen Weihnachten feiern oder beim Martinsfest den Mantel teilen.
Wenn man will, dass die Kinder, die jetzt kommen und dieses Jahrhundert prägen, wirklich Fuß fassen, gehört die interreligiöse Verständigung notwendigerweise dazu. Ansonsten brennen die Moscheen und Kirchen und es entsteht ein Religionshass, der nicht nötig wäre, würde man richtig arbeiten.
Was bewirkt der Dialog über Religionen bei Kleinkindern?
Albert Biesinger: Man kann zumindest in dieser nachwachsenden Generation Frieden stiften. Wenn die Kinder von klein auf, wo sich die neuronalen Netzwerke erst aufbauen, merken: „Die Aische isst zwar kein Schweinefleisch, sie ist aber trotzdem meine Freundin“ oder „Michael ist begeistert von Weihnachten und ist trotzdem mein Freund“, erleben sie die religiöse Vielfalt.
Sie kann als Bildungsherausforderung genommen werden und gleichzeitig bekommen Kinder die Chance, im Kindergarten zu überlegen, warum die einen das so und die anderen anders machen.
Eltern und Pädagogen fühlen sich oft selbst nicht sattelfest in Glaubensfragen, wie können sie Kindern damit helfen?
Albert Biesinger: Im Kindergarten gehört es zur professionellen Kompetenz, religiöse Fragen beantworten zu können. Das heißt ja nicht, dass eine Pädagogin selbst daran glauben muss, dass wir von Gott aus dem Tod auferweckt werden. Aber sie muss Kindern sagen können, Christen glauben daran, dass es ein Leben über den Tod hinaus gibt oder dass sie zu Weihnachten Jesu Geburtstag feiern.
Die Grundproblematik besteht: Je unsicherer die Erwachsenen sind, desto weniger Unterstützung bekommen die Kinder. Deswegen ist meine Grundidee, junge Eltern in ihrer religiösen Erziehungskompetenz zu unterstützen.
Was empfehlen Sie Eltern praktisch?
Albert Biesinger: Bei der Taufkatechese bespreche ich mit den Eltern: Wenn Sie heute Abend heimkommen, meditieren Sie Ihr Kind. Schauen Sie Ihr Kind mit dem Gedanken an, es ist eine Gottesberührung, in Ihrem Kind berührt Sie der Schöpfer der Welt.
Wenn das Kind älter wird, gibt es drei Rituale, die zu religiöser Erziehung dazugehören.
Meine Tochter Ingrid hat dabei einmal gesagt: "Lieber Gott, heute war es gar nicht schön. Der Moritz hat mich gehaut! Dann hab ich ihn auch gehaut! Schlaf gut, lieber Gott!“ Ich hab Ingrid einfach gefragt: „Was war heute schön, was war nicht so schön?“ Dann hat sie gleich mit Gott geredet. Das war das Klagegebet eines Kindes.
Wenn junge Eltern diese drei Rituale in die Familie integrieren, ist das alltagstauglich, es entschleunigt und am Abend den Tag durchzugehen, ist psychohygienisch wichtig. Was mich ärgert, ist, dass man aus religiöser Erziehung eine Komplikation macht.
Welche religiösen Rituale empfehlen Sie für die Adventzeit?
Albert Biesinger: Die Advent- und Weihnachtszeit ist eine große Chance, dem Geheimnis der heiligen Nacht über Rituale näherzukommen und Weihnachten mit mehr Sinn zu feiern.
In der Vorbereitung auf Weihnachten, mit dem ersten Adventssonntag, können Sie abends mit den Kindern beim Adventskranz die Kerzen anzünden und eine Geschichte vorzulesen. Das haben wir auch immer gemacht, wir haben jeden Abend eine Geschichte vorgelesen, das war ganz berührend.
Wie können Familien den Heiligen Abend feiern?
Albert Biesinger: Der Heilige Abend braucht ein religiöses Profil. Wir waren zuerst bei der Kindermette, wo die Kinder das Krippenspiel spielen. Dann haben wir uns zuhause um die Krippe versammelt. Das jeweils kleinste Kind durfte das Jesuskind in die Krippe legen, denn es war noch nicht Weihnachten, daher war es noch nicht dort. Der kleine Benjamin hat also das Jesuskind in die Krippe gelegt, dann haben wir für die Kinder dieser Welt und für den kranken Opa gebetet. Wir haben noch einmal die Weihnachtsgeschichte aus der Kinderbibel gelesen und ein Lied gesungen, dann gab es die Geschenke. So hat der Heilige Abend einen inneren christlichen Kern und es wird klar, warum wir feiern.
Welchen Platz hat das Christkind?
Albert Biesinger: Das Christkind ist religionspädagogisch einfach zu vermitteln. Es kommt nicht durchs Fenster und nicht durch den Kamin. Ich bin skeptisch, wenn Eltern Sachen sagen, die sie später wieder zurücknehmen müssen.
Das Christkind kommt in die Familie, weil wir an diesem Tag seinen Geburtstag feiern. Wir feiern die Geburt Jesu in Betlehem, Jesu Geburtstag. Und weil er für uns so wichtig ist, feiern wir ihn jedes Jahr. Es ist für uns ein großes Geschenk, dass Jesus in die Welt gekommen ist, deshalb schenken auch wir uns Geschenke. Die Kinder haben ja selbst im Kindergarten ein Geschenk gebastelt! Ich finde, Kinder haben eine Würde und man sollte sie nicht für dumm verkaufen.
Nimmt man dem Weihnachtsfest ohne das märchenhafte Christkind etwas von seinem Zauber?
Albert Biesinger: Für Kinder ist es immer noch ein großes Geheimnis, dass das Christkind Geschenke bringt, auch wenn sie wissen, dass sie von Mama und Papa sind.
Auch, als ich Nikolaus im Kindergarten gespielt habe, habe ich mich vor den Kindern angezogen. Die Kinder haben trotzdem große Augen bekommen und es war ein Geheimnis für sie. Meine Tochter ist mit mir zum Kindergarten gefahren, hat gesehen, wie ich mich anziehe, und trotzdem war ich für sie der Nikolaus, sobald ich angezogen war.
gibt es im Folder „Nikolaus feiern“ auf
Buchtipp für Kinder auf www.meinefamilie.at: "Der heilige Nikolaus"
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zur Person
Albert Biesinger ist Theologe und emeritierter Professor für Religionspädagogik an der Universität Tübingen.
Der vierfache Vater ist Autor zahlreicher Bücher, u.a.:
Anstiftungen für Mütter und Väter
2000, Herder Gmb
ISBN: 978-3-451-28816-6
Zwölf Einladungen
- Mit Bildern von Beate Biesinger
2008, Kösel
Hardcover
128 Seiten
ISBN: 978-3-466-36816-7
Ein Begleiter für Mütter und Väter
Herder Gmb
ISBN: 978-3-451-32824-4
weitere Infos zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien