„Bald ist Nikolaus-Abend da...“

Ich erinnere mich noch genau an den „heiligen Nikolaus“ und den „Krampus“, die mich vor vielen, vielen Jahren als Kind im Kindergarten besucht haben: Groß war der Nikolaus und sehr imposant mit seiner Bischofsmütze und dem Bischofsstab. Er hatte einen dichten, langen, weißen Bart und ein großes, golden eingebundenes Buch, aus dem er vorlas, was er sich über mich und die anderen Kinder notiert hatte.

Neben ihm der Krampus – laut und unheimlich mit seiner großen Eisenkette und seinem Sack voller Kohlen. Ich erinnere mich, dass ich aufgeregt und sehr erleichtert war, als klar wurde, dass in dem Buch nur Gutes über mich stand und der Krampus demnach für mich nichts haben würde.

Geschichten, Lieder und viel Zeit

Heute ist das alles ganz anders. Wenn der „Nikolo“ heute in den Kindergarten oder auch zu einer Familie nach Hause kommt, hat er den Krampus nicht dabei und auch das „goldene Buch“ als Sündenregister bringt er nicht mehr mit.

Wenn der „Nikolo“ heute Kinder besucht, dann hat er vor allem eines im Gepäck: Geschichten, Lieder und viel Zeit, um den Kindern und ihren Familien die Botschaft des berühmten Heiligen näher zu bringen.

Matthias Ludwar ist einer jener Nikolausdarsteller, die die Katholische Jungschar der Erzdiözese Wien Jahr für Jahr rund um den 6. Dezember im Einsatz hat. Seit 6 Jahren schon geht er als Nikolaus in Kindergärten, Jungschargruppen und in Familien. „Ich mache das sehr gerne“, sagt er: „Ich bin gerne derjenige, der den Kindern vermittelt, wer der hl. Nikolaus war, was sein Leben ausgemacht hat, was das heute für uns bedeutet und mit uns zu tun hat.“

Nikolaus zum Angreifen

Dass ein „Nikolobesuch“, so wie ihn die Katholische Jungschar gestaltet, dabei heute nichts mehr mit Vorhaltungen und Angstmacherei zu tun hat, freut Matthias Ludwar ganz besonders: „Das Brauchtum, das sich rund um den 6. Dezember rankt, hat eine lange Tradition, aber ich finde es – im Sinne der Kinder – gut und richtig, dass man den Mut hat, manche Traditionen, die nicht kindgerecht sind, aufzugeben und neu zu denken.“

Vor allem die angstmachenden Elemente, die manche Besuche des Nikolaus von früher geprägt haben, hätten ja rein gar nichts mit der Botschaft des hl. Nikolaus zu tun.

„Der hl. Nikolaus war ein Mensch, der sich schon in jungen Jahren für seine Mitmenschen, speziell für Kinder, eingesetzt hat, der gegen Ungerechtigkeit gekämpft hat. Genau das möchten wir den Kindern auch vermitteln und haben damit natürlich auch eine gewisse Aufgabe als ,Nikolaus’, nämlich den Schutzpatron der Kinder, auch als solchen zu spielen.“

Der hl. Nikolaus heute, erzählt Matthias Ludwar, sei ein „Nikolaus zum Angreifen“. „Die Kinder dürfen die Mitra probieren, den Bischofsstab und das Gewand angreifen. Ich erzähle ihnen aus dem Leben des hl. Nikolaus und habe immer passende Gegenstände oder Bilder zur Geschichte dabei. Ich singe und jausne auch mit ihnen.“

Wie der Besuch ganz genau abläuft, wird in einer Vorbesprechung festgelegt. „Ich kläre mit den Eltern, den Großeltern oder den Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, wie viele Kinder anwesend sein werden und wie alt sie sind“, erklärt Matthias Ludwar.

Manchmal stehe er schon als hl. Nikolaus verkleidet mit Bischofsgewand, Mitra und Bischofsstab vor der Tür. Manchmal ziehe er seine „Nikolaus-Ausrüstung“ aber auch erst an seinem „Einsatzort“ an, unkompliziert gleich über das normale Gewand – und mittlerweile meist auch im Beisein der Kinder.

Sorge, den Kindern damit den Zauber des „Nikolobesuches“ zu nehmen, hat Matthias Ludwar aufgrund der vielen Erfahrungen, die er als hl. Nikolaus schon sammeln konnte, nicht: „Auch wenn Erwachsene im ersten Moment meist skeptisch sind: Es klappt ganz hervorragend, den Kindern ihre Wahrnehmung zu lassen.“

„Magische Phase“ nennt man das in der Fachsprache und der Begriff meint, dass Kinder in Matthias Ludwar tatsächlich den hl. Nikolaus sehen, wenn sie ihn sehen wollen. Auch wenn er sich gerade erst vor ihren Augen umgezogen hat.

„Meine Erfahrung ist, dass da ganz viel nebeneinander passieren kann“, sagt Matthias Ludwar: „Ich erinnere mich an einen Besuch bei einer Familie mit einem 8-jährigen und einem 5-jährigen Kind.

Der Großen war ganz klar, dass ich nicht der Nikolaus sein kann. Der Kleine war völlig fasziniert, dass nach dem Umziehen tatsächlich jetzt der hl. Nikolaus da ist. Das hat mich sehr gefreut und war ein wirklich schönes Erlebnis – auch für mich.“

So wird man heiliger Nikolaus

Matthias Ludwar spielt aber nicht nur Jahr für Jahr den hl. Nikolaus, er bildet auch „zukünftige“ Nikoläuse aus. Dabei gehe es etwa darum, wer der hl. Nikolaus war, wo er gelebt hat, wie er gelebt hat.

„Das Hintergrundwissen ist wichtig“, sagt Matthias Ludwar: „Kinder fragen viel nach, geben sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden. Da muss man schon firm sein.“

Gesprochen wird in der Schulung auch über Traditionen und Brauchtum in Zusammenhang mit dem hl. Nikolaus. Und es gehe auch viel um den praktischen Ablauf eines Nikolaus-Besuches:

• „Wie komme ich zur Tür herein?
• Wie spreche ich die Kinder an?
• Wie kann ich die Botschaft des hl. Nikolaus am besten vermitteln?
• Erzähle ich eine Legende und welche suche ich dabei aus?

All das hilft unseren Nikoläusen, einen Besuch so eindrucksvoll und schön für die Kinder zu gestalten, wie möglich.“