"Selig" zu sein, ist mehr als nur "happy" sein. "Selig" meint ein ganz außergewöhnliches Glücklichsein. "Es ist das, was Menschen zu Heiligen macht", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Selig" zu sein, ist mehr als nur "happy" sein. "Selig" meint ein ganz außergewöhnliches Glücklichsein. "Es ist das, was Menschen zu Heiligen macht", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Fest Allerheiligen, 1. November 2013
Achtmal nennt Jesus bestimmte Menschen "selig". Acht Gruppen von Menschen hält er für besonders glücklich. Denn "selig" sein, ist mehr als nur einfach "happy" sein, mehr als "sich wohlfühlen". Selig meint ein ganz außergewöhnliches Glücklichsein. Worin besteht dieses selige Glück?
Genau da macht die Liste der acht "Seligpreisungen" stutzig. Denn was hier als so besonderes Glück gepriesen wird, entspricht kaum dem, was wir normalerweise als "Glück" bezeichnen. Da werden Arme, Trauernde, Verfolgte, Beschimpfte und Verleumdete "selig" genannt. Es fällt schwer, dem einfach zuzustimmen. Schon eher gelingt das bei den anderen "Seligpreisungen". Dass die Gewaltlosen, Barmherzigen, Gerechten und Friedensstifter selig genannt werden, ist verständlicher.
Um welches Glück geht es hier? Um ein spätes, irgendwann einmal kommendes Glück? Ein Glück, das gar nicht auf dieser Welt zu haben ist? Sagt Jesus nicht am Schluss: "Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein"?
Also gar nicht in diesem Leben? Trost erst nach dem Tod? Aber Jesus spricht von einem gegenwärtigen Glück. Es kann jetzt schon erfahren werden, nicht erst irgendwann. So lade ich ein, die eigenen Erfahrungen zu befragen. Wenn ich diese Liste der acht besonders beglückenden Situationen durchsehe, gibt es da die eine oder andere, von der ich sagen kann: Das habe ich selber erlebt?
Etwa das mit dem Friedenstiften. Es ist zweifellos eine tiefe Freude, wenn es gelingt, in eine ganz zerstrittene Situation Verständigung, Versöhnung, Frieden zu bringen. Da sind dann alle Mühen vergessen, die das Friedenstiften bedeuten kann, alle Rückschläge und Widerstände, die zu überwinden waren. Ist es nicht ein tiefes Glück, wenn es mir gelingt, statt hart und herzlos, doch barmherzig zu sein? Ist es nicht etwas besonders Berührendes, Menschen zu begegnen, die ein lauteres Wesen haben, ein "reines Herz", die nicht falsch und hinterhältig, sondern gerade und aufrichtig sind? Freilich, einfach ist dieses Glück nicht. Gerade friedfertige, gütige Menschen haben es oft schwer. Erfolgreicher scheinen oft die Menschen zu sein, die das genaue Gegenteil sind und leben.
Arm sein vor Gott? Was ist daran selig? Doch, es ist eine Quelle echten Glücks, sich vor Gott als arm zu wissen, vor Ihm mit leeren Händen zu stehen und sich nichts auf sich selber einzubilden. Dass sogar Trauer und Verfolgung etwas mit Glück zu tun haben können, das ist wohl am schwersten verständlich. Und doch habe ich es erlebt. Bei Menschen, die ein tiefes Gottvertrauen haben, kann selbst in großer Trauer und in arger Bedrängnis eine ganz eigene Freude da sein, die nur von Gott selber kommen kann.
An einem Menschen hat sich das ganz besonders bestätigt: an Jesus selbst! Alle acht Seligpreisungen passen voll zu seinem Leben. Sie sind wie kurze Zusammenfassungen seines Weges. An Allerheiligen wird dieses Evangelium deshalb gelesen, weil es genau das beschreibt, was Menschen zu Heiligen macht. Und unglücklich hat noch kein Heiliger gewirkt!
In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.
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