Tausende Gläubige nahmen trotz unbeständigen Wetters an der traditionellen Prozession durch den ersten Wiener Gemeindebezirk teil.
Tausende Gläubige nahmen trotz unbeständigen Wetters an der traditionellen Prozession durch den ersten Wiener Gemeindebezirk teil.
Kinder brauchen Vater und Mutter - Komplexe Lebensrealitäten dürfen kein Hindernis dafür sein, das Kindeswohl als Leitstern zu behalten, so Kardinal Schönborn in seiner Fronleichnamspredigt.
Es gibt kein Recht auf Kinder, sondern Rechte der Kinder, die es zu achten gilt, hat Kardinal Christoph Schönborn am Donnerstag, 30. Mai 2013, im Rahmen des traditionellen Wiener "Stadtumgangs" zu Fronleichnam betont. Tausende Gläubige, darunter auch der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, Verfassungsgerichtshofs-Präsident Gerhart Holzinger, Wiener Stadtpolitiker, Vertreter der Universitäten sowie dutzende Orden, Verbände und Gruppierungen nahmen trotz unbeständigen Wetters an der traditionellen Prozession durch den ersten Wiener Gemeindebezirk teil.
Oft habe er den Eindruck, dass Kinder verzweckt werden, so Schönborn in seiner Predigt auf dem Michaelerplatz. Zwar verstehe er den "tiefen Schmerz der Kinderlosigkeit" vieler Paare und den "berechtigten Wunsch", selbst Eltern zu sein. Er selbst wisse auch, wie komplex die realen Lebensumstände oft seien - "und wie viel Gutes auch in komplexen Familien- und Beziehungsverhältnissen geschieht. Das verdient Anerkennung und Dank für alle Großherzigkeit." Selbst die komplexe Lebensrealität dürfe jedoch kein Hindernis dafür sein, das Recht des Kindes und dessen Wohl an die erste Stelle zu setzen und als "Leitstern" vor Augen zu behalten, so der Kardinal.
"Wesentlich und entscheidend" gehöre es zum Wohl jedes Kindes, "dass es Vater und Mutter hat und darum wissen darf", so Schönborn. Ein Kind brauche Vater und Mutter, die ihm auch das Leben gegeben haben.
Diese christliche Sichtweise auf das Kind gerate zunehmend in die Defensive, stellte Schönborn fest. "Wir sind im Rückzug und müssen eine Position nach der anderen aufgeben, da der Mainstream und die ihm folgende Gesetzgebung in eine andere Richtung gehen", so der Kardinal.
Erscheine die katholische Kirche hier auch oft als "Neinsager" - aktuell etwa bei ihrem Einwand gegen ein neues Adoptionsgesetz in Österreich - so sei ihr Anliegen dennoch das Umgekehrte, betonte der Wiener Erzbischof, "nicht das Nein, sondern das 'Ja' zum Leben und zu dessen Schönheit". Das sage er nicht "als Anständiger zu Unanständigen", sondern "als Sünder zu Sündern, als Mensch zu Menschen, überzeugt, dass wir uns in der Gemeinsamkeit des Menschseins über die Gräben unterschiedlicher Sichtweisen hinweg finden können".
Als Verbindung zum Geschehen von Fronleichnam hatte Schönborn den kleinen Jungen angesprochen, der im Evangeliumstext fünf Brote und zwei Fische brachte. "Gut möglich, dass dieser Bub schon Schweres erlebt hat und hart arbeiten musste", so der Kardinal. Indem Jesus in entscheidenden Momenten stets Kinder in die Mitte stellte statt sie als "unfertige Wesen" zu behandeln, habe er damit "die Welt verändert" und das Engagement vieler Menschen - "von Christen wie auch anderen Menschen" - für Kinder motiviert.
Der Kardinal führte an dieser Stelle Initiativen an, die sich für Kinder - etwa für eine Besserung der Situation der Straßenkinder oder gegen das Engagement von Kindern als Soldaten - einsetzen. Als konkrete Beispiele nannte er die Concordia-Projekte von Georg Sporschill und Ruth Zenkert, die Kinderausspeisung "Mary's Meals", den Hilfsfonds der Erzdiözese Wien für Schwangere in Not sowie das kürzlich in Österreich bis Ende Juli verlängerte EU-Volksbegehren "One of us" für verbesserten Embryonenschutz.
Wie Schönborn bereits beim Gottesdienst im Stephansdom vor der Prozession bemerkte, stand die Wiener Fronleichnamsprozession in diesem Jahr unter einem besonderen Jubiläum: "Laut den Historikern wurde in Wien die erste Prozession zu Fronleichnam im Jahr 1363 veranstaltet. Wir begehen deshalb in diesem Jahr das 650-jährige Jubiläum", so der Wiener Erzbischof.