Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern Gott, der neues Leben schafft – jenseits von Zeit und Raum, aber auch mitten im Leben. Wer glaubt, kann dieses Geheimnis spüren.
Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern Gott, der neues Leben schafft – jenseits von Zeit und Raum, aber auch mitten im Leben. Wer glaubt, kann dieses Geheimnis spüren.
Der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding über die Botschaft von Ostern, die Rolle der Frauen beim Grab, das leere Grab und den Zweifel als Weg der Erkenntnis.
DER SONNTAG: „Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos“, heißt es im Ersten Korintherbrief (15. Kapitel, Verse 13-14).
Wie geht ein Theologe mit dieser gewaltigen Aussage Tag für Tag um?
THOMAS SÖDING: Paulus nennt den entscheidenden Punkt: Die Liebe ist stärker als der Tod. Das ist der Kern des Gottesglaubens. Aber der Satz verrät auch: Schon damals war der Auferstehungsglaube fraglich. Heute ist das nicht anders. Paulus sagt: Der wichtigste Glaubenszeuge ist Jesus selbst.
Was ist der theologische Kern des Osterglaubens?
THOMAS SÖDING: Der Auferstehungsglaube ist der Glaube an den „lebendigen und wahren Gott“ (1 Thess 1,9). Gott ist der Schöpfer; er würde sich selbst widersprechen, wenn am Ende der Tod alles besiegte. Gott bleibt sich treu, weil er das Leben schafft, auch aus dem Tod heraus. Kann man das glauben? Ja – wenn man darauf vertraut, dass Jesus die Menschen mit seiner Gottesbotschaft nicht in die Irre geführt, sondern die Wahrheit gesagt hat.
Der Osterglaube ist schon bei den Aposteln vom Zweifel begleitet. Wie finden heute Zweifler Zugang zu diesem Grundgeheimnis des Christentums? Die Evangelien sind ehrlich: Sie verschweigen die Zweifel, die Skepsis, das Fragen nicht. Gäbe es keine Einwände, wäre Ostern banal. Die Auferstehung Jesu ist aber revolutionär.
Für Menschen von heute, die zweifeln, ist wichtig, dass die Zweifel nicht verdächtigt, sondern als Weg der Erkenntnis gewürdigt werden.
Desto wichtiger sind dann die Geschichten, wie die Apostel nicht auf ihre Zweifel festgelegt, sondern zu den großen Antworten Gottes geführt worden sind, die sie zuerst nicht verstehen und dann doch als Worte für ihr Leben begriffen haben.
Welche Rolle spielt die in allen Evangelien berichtete Auffindung des leeren Grabes Jesu am Ostermorgen?
THOMAS SÖDING: Nach allen Evangelien haben die Frauen aus Galiläa das Grab leer gefunden. Ohne ein leeres Grab hätte die Osterbotschaft nie verbreitet werden können.
Aber das leere Grab ist vieldeutig. Erst die Erscheinungen des Auferstandenen bringen die Klarheit des Glaubens: Das Grab ist leer, weil Jesus leibhaftig auferstanden ist, um seinen Jüngern zu erscheinen, Männern wie Frauen.
Welche „Aufgaben“ haben dabei die Frauen, die das leere Grab vorfinden?
THOMAS SÖDING: Die Frauenrolle ist im Grunde konventionell: Sie kümmern sich um den Leichnam des Verstorbenen. Aber die Geschichte der Frauen ist höchst unkonventionell.
Während die Jünger fliehen, harren sie beim Kreuz aus. Dadurch werden sie zu Zeuginnen, die klarstellen: Die Auferstehung ist keine Einbildung, sondern ein Ereignis; und der Auferstandene ist keine Phantasiegestalt, sondern kein anderer als Jesus selbst, der Gekreuzigte.
„Die verlorene Hoffnung auf Resurrektion (Auferstehung, Anm. d. Red.) hinterlässt eine spürbare Leere“, schreibt der Philosoph Jürgen Habermas.
Was bedeutet diese Leere für eine (westeuropäische) Gesellschaft, die bisweilen so lebt, als ob es Gott nicht gäbe?
THOMAS SÖDING: Die Leere hat Jesus selbst ausgehalten, am Kreuz. Die Osterbotschaft ist nicht nur der entscheidende Faktor für die Existenz der Kirche. Sie hat eine Bedeutung für die ganze Gesellschaft: Das Opfer wird nicht auf immer von den Tätern gedemütigt, sondern von Gott rehabilitiert.
Die Hoffnung auf einen Retter ist keine Illusion, sondern eine Erfahrung, die unter die Haut geht. Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern Gott, der neues Leben schafft – jenseits von Zeit und Raum, aber auch mitten im Leben. Wer glaubt, kann dieses Geheimnis spüren.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Söding
lehrt Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.
Aus dem Katechismus
Das „Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche“, eine gelungene und sichere Zusammenfassung des „Welt-Katechismus“ (KKK), enthält in knapper Form alle wesentlichen und grundlegenden Elemente des Glaubens der Kirche.
26. Welchen Stellenwert hat die Auferstehung Christi in unserem Glauben?
Die Auferstehung Christi ist die Wahrheit, in der unser Glaube an Christus gipfelt. Zusammen mit dem Kreuz ist sie wesentlicher Teil des Pascha-Mysteriums.
127. Welche „Zeichen“ bezeugen die Auferstehung Jesu?
Neben dem entscheidend wichtigen Zeichen des leeren Grabes ist die Auferstehung Jesu von den Frauen bezeugt, die ihm zuerst begegneten und ihn den Aposteln verkündeten.
Danach erschien Jesus „dem Kephas (Petrus), dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich“ (1 Kor 15, 5–6) und noch anderen. Die Apostel konnten die Auferstehung nicht erfinden, denn sie schien ihnen unmöglich. Jesus tadelte sie sogar wegen ihres Unglaubens.
128. Warum ist die Auferstehung auch ein transzendentes Ereignis?
Die Auferstehung war ein geschichtliches Ereignis, das sich durch Zeichen und Zeugnisse feststellen und bezeugen ließ. Dennoch geht sie als Glaubensmysterium über die Geschichte hinaus, weil sie der Eintritt der Menschennatur Christi in die Herrlichkeit Gottes ist. Darum offenbarte sich der auferstandene Christus nicht der Welt, sondern seinen Jüngern, und machte sie zu seinen Zeugen vor dem Volk.
129. In welchem Zustand befindet sich der auferstandene Leib Jesu?
Die Auferstehung Christi war nicht eine Rückkehr in das irdische Leben. Sein auferstandener Leib ist der selbe, der gekreuzigt worden ist, und trägt die Spuren seines Leidens. Doch er hat bereits Anteil am göttlichen Leben und besitzt die Eigenschaften eines verherrlichten Leibes. Aus diesem Grund steht es dem auferstandenen Jesus völlig frei, seinen Jüngern in verschiedenen Gestalten zu erscheinen, wie und wo er will.
131. Was sind der Sinn und die Heilsbedeutung der Auferstehung?
Die Auferstehung ist der Höhepunkt der Menschwerdung. Sie bestätigt die Gottheit Christi sowie all das, was er getan und gelehrt hat, und erfüllt alle göttlichen Verheißungen für uns.
Außerdem ist der Auferstandene, der Sieger über Sünde und Tod, die Ursache unserer Rechtfertigung und unserer Auferstehung: Jetzt schon erwirkt er uns die Gnade der Annahme an Kindes Statt, die eine wirkliche Teilhabe an seinem Leben als eingeborener Sohn ist. Am Ende der Zeiten wird er unseren Leib auferwecken.
Ostern - Jesus ist auferstanden!
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien