Pascha -das Ostergeheimnis -prägt die Liturgie der Kirche jeden Tag.
Pascha -das Ostergeheimnis -prägt die Liturgie der Kirche jeden Tag.
Ostern ist nicht nur zu Ostern. Ostern ist jede Woche, jeden Tag. Es tut gut, sich gerade in diesem Jahr daran zu erinnern.
„In ihm leben wir … bewegen wir uns und sind wir.“ (Apg 17,28) So umschreibt Paulus in Athen die unverfügbare, aber gewisse Nähe Gottes zu seiner Schöpfung. Menschen können sie individuell auf vielerlei Weise erfahren. Doch wozu dann die liturgische Versammlung? Gibt es ein Darüber-hinaus in der personalen Beziehung zwischen Gott und Mensch? In diesen Tagen, die aus Sorge umeinander paradoxerweise vom „social distancing“ geprägt sind, vermissen wir den gemeinschaftlich gefeierten Gottesdienst und haben zugleich Gelegenheit, Gewohntes und Ungeahntes (neu) zu bedenken.
Liturgie: Uns zum Heil und dir zum Ruhm
In der Liturgie ruft Gott die Gläubigen in seine Gegenwart und stiftet ihre Gemeinschaft „vor seinem Angesicht“. Dies ist Gottes Dienst an seinem Volk; dieses tut seinen Gottes-Dienst, indem es in „Wort und Tat“ seinen Gott öffentlich bekennt und ehrt. Im gottesdienstlichen Handeln der ganzen Gemeinde „vollzieht“ sich daher die „Heiligung des Menschen“ und die „Verherrlichung Gottes“ (Liturgiekonstitution 2; 5 u. ö.). Dieses österliche „Werk unserer Erlösung“ gibt Gott die Ehre; und auch wir empfangen und bedanken es „durch Christus und mit ihm und in ihm“.
Vielfältige Oster-Feiern im Rhythmus der Zeit
Und das nicht nur in der Eucharistiefeier. Denn „die“ Liturgie der Kirche, von der das Gesagte uneingeschränkt gilt, wird in sehr unterschiedlichen Gottesdienstformen und Zeitrhythmen gefeiert: im Rhythmus der Woche (Sonntag), des Tages (v. a. Morgen und Abend) und des Jahres (Festkreise und Jahreskreis): Jede einzelne Form, ob als Feier der Tagzeiten (Stundengebet), des Wortes Gottes oder der Sakramente im engeren Sinn, gründet im „Pascha-Mysterium“ (Leiden, Sterben und Auferstehen) Jesu Christi. Nicht „Ostern“ entfällt deshalb heuer (und auch viele österliche Erfahrungen können gemacht werden: in der Gesundung nach Krankheit, beim Anbruch eines strahlenden Morgens, wenn „tote“ Bäume junges Grün tragen …). Abgesagt wurde die Jahresfeier von Ostern – und bis auf weiteres das sonntägliche Wochenostern.
Das Pascha Christi prägt jedoch auch den täglichen Gottesdienst der Kirche. Wer allein, zu zweit oder dritt Tagzeitenliturgie (Stundengebet) feiert, gedenkt in der abendlichen Vesper der Hingabe Christi am einsamen „Abend“ seines Lebens, übt sich vor dem Zubettgehen in der Komplet mit ihm ins eigene Sterben ein (ars moriendi) und hofft, am nächsten Morgen beim Erwachen und Aufstehen aus dem (Todes-)Schlaf erneut das Lob des Auferstandenen zu singen.
Trauermetten und Ostervesper
Tag für Tag also wird es im Stundengebet „Ostern“. In der Hohen Woche vom Hohen Donnerstag bis Karsamstag sogar auf ganz außerordentliche Weise, nämlich in den als „Trauermetten“ bekannten Tagzeiten (Horen) „Vigil und Laudes“. Bereits am frühen Morgen taucht man in die Dramatik des Erlösungsgeschehens ein und beschließt den Abend mit Vesper – sie ist an diesen Tagen ausdrücklich nur (!) für jene vorgesehen, die nicht an den Hauptgottesdiensten teilnehmen können – und Komplet.
Am Ostermorgen ist dann der 40 Tage lang im Laudes-Hymnus ersehnte „Tag, der unsre Freude ist, der Tag, der uns mit dir versöhnt“ endlich gekommen: „Der Morgen rötet sich und glüht, der ganze Himmel tönt von Lob“, denn „Schon werden alle Klagen stumm, in Freude wandelt sich der Schmerz …“ (aus dem österlichen Laudes-Hymnus). Die Vesper am Ostersonntag freut sich über die Erhöhung des Gekreuzigten: „ So spricht der Herr zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten.“ (Ps 110,1) – Und wir? Wir erwarten, dass sich – in einigen Wochen, vielleicht Monaten – neu bewahrheitet, was der Vesperhymnus den Getauften feierlich verkündet: „Zum Mahl des Lammes schreiten wir, mit weißen Kleidern angetan …“ – Vielleicht werden manche dieser zig-tausendfach erklungenen Worte zur neu empfundenen persönlichen Erfahrung …?
In und mit der Welt
Noch bleiben „Versammlung“ und „Öffentlichkeit“ unserer Feiern schwierig zu erfüllen. Doch darf Neues versucht werden: Wie der Priester in Neapel, der vom Flachdach einer Siedlung aus mit den BewohnerInnen ringsum (Wortgottesdienst?) feiert, haben hierzulande für die Umgebung sichtbar im Fenster brennende Kerzen, wo gerade gebetet und gesungen wird (vielleicht um 20.00 Uhr das Vaterunser, wie die christlichen Kirchen gemeinsam aufrufen) ebenso eine Öffentlichkeit wie die an der Pestsäule am Wiener Graben angebrachten Gebete um das Ende der Plage und die dort entzündeten Lichter oder konzertiertes Glockengeläut zum Trost einer in Stille verharrenden Stadt.
Die Texte der Tagzeitenliturgie finden Sie auf:
https://www.stundengebet.de/jetzt-beten/
Unter dem Logo „Das digitale Stundenbuch“ muss man den entsprechenden Tag aussuchen (z.B. für Gründonnerstag „Donnerstag, den 09. April 2020“) und darunter die entsprechende Hore wählen: Für die angesprochenen Trauermetten wählen Sie die „Lesehore“ (zweite von links), für das Morgengebet „Laudes“, das Abendgebet „Vesper“ und das Nachtgebet „Komplet“.
Das Stundenbuch ist auch als eine Smartphone-App für Android und Apple erhältlich.