"Warum ist Weihnachten so vielen Menschen so wichtig? Ist es nur eine gewisse Romantik, eine Art Zauber, der über diesem Fest liegt?", fragt Kardinal Christoph Schönborn.
"Warum ist Weihnachten so vielen Menschen so wichtig? Ist es nur eine gewisse Romantik, eine Art Zauber, der über diesem Fest liegt?", fragt Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Heiligen Abend von Kardinal Christoph Schönborn.
Lukasevangelium 2,1-14
Heute Abend, heute Nacht wird in vielen Häusern, Familien, in allen Kirchen dieses Evangelium verlesen, das einen so vertrauten Klang hat: Die Frohe Botschaft der Heiligen Nacht: "Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist Christus, der Herr".
Heute sind die Kirchen voll wie sonst nie im Jahr. In den Kindermetten am Nachmittag sind meist alle Plätze besetzt, und in der Christmette heute Nacht muss man in manchen Kirchen mit Stehplätzen zufrieden sein. Warum zieht dieses Fest so an? Warum ist Weihnachten so vielen Menschen so wichtig? Ist es nur eine gewisse Romantik, eine Art Zauber, der über diesem Fest liegt? Aber woher kommt er? Nur aus fernen Kindererinnerungen an den Heiligen Abend, den Christbaum, die Bescherung?
Der tiefere Grund, warum Weihnachten unvermindert anzieht, liegt in dem Geschehen, von dem das Evangelium heute berichtet. Alle Elemente der Geschichte von Jesu Geburt wirken zusammen, um den ganz eigenen Zauber der Weihnacht auszumachen. Betrachten wir sie kurz einzeln.
Da ist zuerst der Kontrast zwischen dem großen Kaiser Augustinus und der Geschichte der kleinen Schwangeren aus Nazareth, der Verlobten Josephs, eines verarmten Nachkommens des bedeutenden Königs David. Weil der Kaiser seine Steuern genau erheben will, muss Joseph mit seiner hochschwangeren Frau die mühsame Reise nach Bethlehem unternehmen, der Geburtsstadt seines Vorfahren David. In Wirklichkeit aber ist der Kaiser in Rom nur ein Werkzeug der Pläne Gottes. Das Heil und Wohl der Welt wird nicht vom Kaiser bewirkt, sondern von dem Kind, das wegen des Kaisers Befehl nicht zu Hause in Nazareth, sondern in Bethlehem geboren wird. Nicht der Kaiser, sondern dieses Kind bringt Frieden den Menschen und Gott die Ehre.
Obwohl Joseph in Bethlehem Bürgerrecht hat, ist kein Quartier für ihn und seine schwangere Frau zu haben. So wird das Kind, das Maria nun gebiert, in eine armselige Futterkrippe gelegt. Es ist also in einem Stall geboren. Ärmer geht es nicht. Der, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gehört, wird als Neugeborenes in Windeln gewickelt und in einen Futtertrog gebettet.
Dieser gewaltige Gegensatz ist wohl der tiefste Grund für die stete Anziehungskraft des Weihnachtsfestes. Nie war Gott so nahe und so niedrig wie in diesem Moment. Aber diese Nähe ist nicht aufdringlich. Sie füllt nicht die Schlagzeilen und verdrängt nicht die Großen und Mächtigen von ihrer Wichtigkeit. Ganz still und unscheinbar ist Gott selber in diese Welt gekommen, als Menschenkind, auf Hilfe angewiesen und doch allen zum Heil.
Und noch etwas trägt zur unvergleichlichen Beliebtheit dieses Festes bei: Die Hirten auf dem Feld, die in kalter Nacht bei ihrer Herde wachen. Arme sind die ersten Zeugen des Gottes, der in der Armut des Kindes im Stall zu uns Menschen kommt. Immer schon haben diese Hirten die Herzen berührt, wie sie voll Freude zu dem Neugeborenen eilen.
Und schließlich sind da die Engel, die den Hirten die freudige Nachricht bringen und die das "Ehre sei Gott in der Höhe" singen. Die Mutter, das Kind, die Engel – sie alle bilden den wunderbaren Rahmen dieses Festes. Und sie alle bezeugen: Das alles ist für dich, für deinen Frieden und dein Glück geschehen! Daher: Frohe Weihnacht!
"In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
Verherrlicht ist Gott in der Höhe /
und auf Erden ist Friede /
bei den Menschen seiner Gnade." (Lk 2,1-14)