Bei der Krankensalbung weiß Gott, dass es mir nicht gut geht und sagt mir genau in dieser schwierigen Situation zu: ,Ich bin auch jetzt bei dir. Ich stärke dich. Du sollst wissen, ich begleite dich durch diese schwere Zeit.‘
Bei der Krankensalbung weiß Gott, dass es mir nicht gut geht und sagt mir genau in dieser schwierigen Situation zu: ,Ich bin auch jetzt bei dir. Ich stärke dich. Du sollst wissen, ich begleite dich durch diese schwere Zeit.‘
Unter dem Begriff „Letzte Ölung“ ist es im Volksmund bekannt und hat sich damit vielerorts keinen guten Ruf erworben: Das Sakrament der Krankensalbung. Dabei geht bei diesem Sakrament um eine Stärkung des Kranken – und seiner Angehörigen – und nicht um die letzte Handlung vor dem Tod.
„Der Sonntag“ hat den Krankenhausseelsorger P. Engelbert Jestl CSsR getroffen und mit ihm über das Sakrament der Krankensalbung gesprochen.
Viel braucht P. Engelbert Jestl nicht, wenn er zu einem Patienten geht, um ihm die Krankensalbung zu spenden: nur eine kleine Tasche in der sich das Krankenöl und eine Schatulle mit einer Hostie befinden, denn „die Kommunion, die Begegnung mit Gott, gehört zur Krankensalbung dazu“. Seine Priesterstola trägt er in der Hand.
Heute besucht er eine alte Dame, die sich erst vor kurzem einer schweren Operation unterziehen musste. Sie freut sich sichtlich als er das Krankenzimmer betritt. „Es ist gut, dass Sie da sind“, sagt sie und streckt ihm die Hand entgegen. Pater Engelbert drückt ihr herzlich die Hand, nimmt sich einen Sessel und setzt sich zu ihr. „Sie wollten ja, dass ich Ihnen die Krankensalbung spende“, sagt er lächelnd: „und hier bin ich.“
Mit langsamen, ruhigen Bewegungen legt er auf den kleinen Tisch neben dem Bett all das, was er jetzt braucht. „Zuerst decke ich den Tisch“, hat er im Gespräch schon zuvor erzählt: „damit wir alles haben, was es jetzt an Dingen braucht. Dann beginnen wir das Gespräch mit dem Kreuzzeichen, oft plaudere ich mit den Patienten oder ich bete mit ihnen und beginne erst dann nach einigen Minuten mit der eigentlichen Krankensalbung.“
Ganz ruhig wird es in dem Moment, in dem P. Engelbert die Hände der alten Dame in seine nimmt und beginnt gemeinsam mit ihr das Vaterunser zu beten. Danach salbt er ihre Hände, zeichnet ihr ein Kreuz auf die Stirn und spendet ihr die heilige Kommunion.
P. Engelbert Jestl ist seit 2002 Krankenhausseelsorger im Göttlicher Heiland Krankenhaus. Der gebürtige Burgenländer gehört der Gemeinschaft der Redemptoristen an. „Wir haben hier in der Nähe ein Kloster und betreuen schon seit der Eröffnung des Krankenhauses die Seelsorge. Ich bin gerne Krankenhausseelsorger“, sagt er. Jeden Nachmittag ist er hier, besucht Patienten und versucht mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Diese Begegnungen berühren mich ganz tief. Wenn ich als Seelsorger zu den Patienten komme, dann kommt man mitten ins Leben – mit all seinen Facetten.“
Die Kraft, die er für seine Aufgabe braucht – denn das „Leben in all seinen Facetten zu sehen, bedeutet natürlich auch, schwierige Momente zu erleben“ – holt sich P. Engelbert in einem Ritual, das er vor seinem Dienst im Krankenhaus praktiziert. „Bevor ich in das Krankenhaus gehe, segne ich mit Wasser meine Augen, damit sich der andere unter meinem Blick wohlfühlt, damit ihm die Liebe, Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, wie Paulus sagt, durch mich begegnet. Dann segne ich meine Ohren – wir brauchen heute Hörende, denn erst wenn ich höre und verstehe, kann ich antworten. Und als drittes segne ich meinen Mund, damit ich die Worte finde, die dem anderen gut tun.“
Viele Patienten hier im Göttlicher Heiland Krankenhaus bitten um die Krankensalbung, erzählt P. Engelbert. Jeden ersten Mittwoch im Monat feiert er im Krankenhaus außerdem einen Krankensalbungsgottesdienst. Oder es ergibt sich in einem Gespräch mit einem Patienten die Frage, ob P. Engelbert die Krankensalbung spenden darf. „Ich versuche dann zu erklären, was Krankensalbung überhaupt bedeutet“, erzählt er. Salbung, das sei „berührt werden von der Gnade Gottes. Wir sind gesalbt bei der Taufe und bei der Firmung – aber da geht es um eine Sendung.
Da möchte Gott etwas von mir. Er möchte, dass ich diese Botschaft des Berührt-Seins von seiner Gnade weiter transportiere.“ Bei der Krankensalbung sei das umgekehrt. „Da weiß Gott, dass es mir nicht gut geht und sagt mir genau in dieser schwierigen Situation zu: ,Ich bin auch jetzt bei dir. Ich stärke dich. Du sollst wissen, ich begleite dich durch diese schwere Zeit.‘“
Wenn möglich versucht er die Angehörigen der Patienten, denen er die Krankensalbung spendet auch um das Krankenbett zu versammeln, erzählt P. Engelbert. „Eine Krankheit betrifft ja immer Kranke und Angehörige. Die Krankensalbung kann damit auch als Familienfest wahrgenommen werden. Wenn dann alle da sind, bitte ich den Patienten und die Angehörigen, dass wir uns die Hände geben – es ist ein äußeres Zeichen für die Verbundenheit, für die Nähe zwischen Menschen, ein Zeichen dafür, dass der andere mir ein Anliegen ist.“
Oft werde bei einer Krankensalbung gebetet und gesungen. „Ich singe gerne dieses Lied: „Der Herr segne euch, er behüte euch, er wende euch sein Angesicht zu und schenke euch Heil. Dann segne ich alle Anwesenden und der Patient bekommt die Salbung.“ Dass Familienmitglieder anwesend sind, sei ihm ein „wirklich ein großes Anliegen“, sagt P. Engelbert weiter: „Natürlich ohne Zwang, ohne Druck.“ Immer wieder, so P. Engelbert, sind bei einer Krankensalbung auch die behandelnden Ärzte anwesend.
Ganz wichtig ist es P. Engelbert klar zu machen, dass die Krankensalbung „kein Sakrament zum Sterben“ ist. Es sei schade, dass gerade dieses Sakrament bei vielen immer noch diesen Beigeschmack habe: „Viele sprechen von der ,letzten Ölung‘ und das hat so etwas Finales. Dabei meint der Begriff nicht das Ende des irdischen Lebens, er meint die letzte der Salbungen, die ein Katholik in den meisten Fällen in seinem Leben bekommt: Die erste ist die Taufe, die zweite die Firmung und die dritte eben die Krankensalbung. All jene, die Priester werden, erhalten noch die Salbung der Weihe. Die Krankensalbung ist in jedem Fall ein Sakrament zur Stärkung, zur Begleitung in der Krankheit.“
Die alte Dame, der P. Engelbert heute die Krankensalbung gespendet hat, hat aus dem Ritual sichtlich Kraft gezogen. Man sieht ihr an, dass sie sich wohl fühlt, mit dem, was gerade hier in diesem Krankenzimmer passiert ist. „Bitte kommen Sie bald wieder“, sagt sie am Ende, als Pater Engelbert sich verabschiedet. P. Engelbert nickt: „Bis morgen. Ich freue mich schon.“