"Die gute Predigt lebt vom Engagement und der Authentizität des Predigers", sagt Ewald Huscava. In ihr spürten die Zuhörer die eingeflossene Lebensbiografie des Predigers und seine Wahrnehmung der Welt.
"Die gute Predigt lebt vom Engagement und der Authentizität des Predigers", sagt Ewald Huscava. In ihr spürten die Zuhörer die eingeflossene Lebensbiografie des Predigers und seine Wahrnehmung der Welt.
Domprediger und Predigtlehrer Ewald Huscava über die Hintergründe einer guten Predigt.
Eine Predigt kann viel in einem Zuhörer auslösen. "Wenn sie mich anrührt, kommt bei mir etwas in Fluss, und ich spüre die Kraft, etwas in meinem Leben zu verändern", sagt Ewald Huscava. Er ist Domprediger in St. Stephan in Wien, Personalentwickler in der Erzdiözese sowie Lehrbeauftragter für Homiletik (Predigtlehre) an der Universität Wien und an der Päpstlichen Hochschule in Heiligenkreuz.
"Die gute Predigt lebt vom Engagement und der Authentizität des Predigers", sagt Ewald Huscava. In ihr spürten die Zuhörer die eingeflossene Lebensbiografie des Predigers und seine Wahrnehmung der Welt. "Der Prediger kennt die Welt der Menschen und deutet sie unter dem Vorzeichen des Glaubens", so der Predigtexperte. Von Appellen und verbalem Druckausüben hält der Domprediger nichts: "Ich kann erst Dinge verändern, wenn ich Sicherheit, Wohlwollen und Angenommen-Sein spüre. Appelle und Druck verändern das Leben nur wenig", ist Huscava überzeugt. Sie veränderten vielleicht das Verhalten, aber nicht die Haltung.
Ewald Huscava: "Es gibt eine Gleichung: Der Prediger geht in der Predigt so mit den Menschen um, wie er mit sich selbst umgeht. Die Lebenserfahrung des Priesters fließt in die Predigt ein, "z. B. die Spannkraft und die Perspektiven des eigenen Lebens. Hat der Prediger Perspektiven für das eigene Leben?" Jeder Prediger sei somit verantwortlich für seine Lebensbiografie und müsse diese Verantwortung wahrnehmen. "Er muss dafür sorgen, dass er gut lebt", unterstreicht Huscava. Er ermuntert zur Pflege und Gestaltung einer Lebenskultur, in der der Prediger selbst vorkommt. "Unser Glaube ist nicht nur eine ‘Weisheitslehre’, sondern hat wesentlich das Kreuz in seiner Mitte. Lebt der Prediger daraus? Wie geht er mit dem Scheitern um, hat er selbst sein eigenes Kreuz durchlebt?" Die Menschen, an die die Predigt gerichtet sei, spürten das genau. Dies stelle auch an den Prediger die Frage: "Bin ich lebendig?"
"Glaube ist Gnade und ein Geschehen zwischen Gott und dem Menschen, das sich nicht so einfach vermitteln lässt," sagt Ewald Huscava. Es gebe aber Orte oder Begegnungen, in denen sich der Glaube "entzünden" könne. "Wir brauchen solche Orte, Situationen und Menschen, die dieses Geschehen ermöglichen", plädiert der Domprediger. Besonders für Jugendliche gebe es wenige Gemeinden, wo sie "andocken" könnten. Huscava rät, sich nicht "anzubiedern", aber Situationen zu schaffen, die "Entflammungs-Potential" in sich tragen. Auch hier gelte das Gesetz: "Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu." Hat sich der Glaube "entzündet" muss man darauf achten, nicht gleich das ganze katholische Glaubensgebäude aufpfropfen zu wollen. Eine gute Devise sei: "Was Du vom Evangelium verstanden hast, das lebe zuerst einmal." Viele in der "Kirchensprache" selbstverständliche Begriffe sind heute nicht mehr verständlich. Für "thema kirche" hat Ewald Huscava einige Definitionen erstellt:
… ist vom griechischen "charis" am besten übersetzbar mit der Erfahrung einer freudigen Überraschung bzw. einem Beziehungsgeschehen, wo es Momente gibt, in denen sich Besonderes ereignet. Wir bitten Gott um die Gnade, ihn zu lieben. Wir bitten ihn, sich ihm öffnen zu dürfen. Wir erbeten die Zuwendung Gottes. Wir öffnen uns ihm und es kann passieren, dass Gott sich uns offenbart. Der Wurzelpunkt dafür ist die Taufe.
… ist von der Bibel her ein Singularbegriff (die Sünde). Alles, was der Beziehung mit Gott entgegenwirkt und sich gegen das Leben richtet. Die Sünde hat lebensvermindernde Dimensionen und damit auch soziale Aspekte.
"Leben in Fülle" (Johannesevangelium): Der Glaube hat auf meine Lebensfreude und meine Lebenskraft Einfluss. Von daher ist die "Feier der Erlösung" etwas, was auf das Leben hinzielt, aber auch auf ein diesseitiges Leben. Das ewige Leben hat schon begonnen und Ewigkeitswert. Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist die Auferstehung Christi, dass sich Gott in Jesus Christus geoffenbart hat. Jesus erlebt, dass seine Botschaft nicht angenommen wird und er gekreuzigt wird. Jetzt müsste Gott eigentlich die Welt und die Menschheit aufgeben, aber Gott macht einen "Kommunikationsversuch" (Auferstehung) - durch die Brutalität der Welt hindurch.