Illustriertes Missale (um 1400).
Illustriertes Missale (um 1400).
Kurzer Abriss der Liturgiegeschichte (Teil I): Die Entwicklung der Messfeier von der Frühzeit bis ins Mittelalter.
Wenn sich die ersten Christen zum "Brotbrechen" bzw. zum "Herrenmahl" versammelten, trafen sie sich in einem Speisesaal zur gemeinsamen abendlichen Hauptmahlzeit. Am Beginn wurde über ein Brot der Segen gesprochen, das Brot gebrochen und verteilt, nach dem Essen betete man über einen Becher mit Wein. Daran schloss sich das Symposion (Trinkgelage) an, dazu gab es Gesang, Prophetie, Zungenrede. Diese Form des eucharistischen Mahles setzt ganz kleine Gemeinden voraus.
Als die Gemeinden größer wurden, wurde das Essen und Trinken zur Kommunion stilisiert: man empfängt einen Bissen Brot und einen Schluck Wein, davor steht das eucharistische Hochgebet. Die Eucharistie wurde auf den Morgen verlegt und mit einem Lese- und Predigtgottesdienst verbunden; an der Scharnierstelle zwischen Wortgottesdienst und eucharistischem Mahl stand das Allgemeine Gebet ("Fürbitten") für die ganze Welt.
Die Ursprünge der römischen Messe liegen weithin im Dunkeln. Das Hochgebet (heute Hochgebet I) stammt aus dem 4./5. Jahrhundert, seine textliche Entwicklung war um 600 so gut wie abgeschlossen. Die ersten ausführlichen Zeugnisse für die römische Messe stammen aus dem Frühmittelalter; sie bieten das eindrucksvolle Bild der päpstlichen Messe mit vielfältigen klerikalen Diensten und professionellen Sängern. Die römische Messe hatte in aller Regel zwei meist neutestamentliche Lesungen, dazu einen Psalm.
Das Allgemeine Gebet hat man sich so vorzustellen wie die Großen Fürbitten am Karfreitag; es entfiel in der Messe noch im ersten Jahrtausend. Die nach Anlass wechselnden Gesänge (sog. "Proprium") wurden zunehmend professionalisiert und von der Sängerschola ausgeführt.
Die hochfeierliche päpstliche Messe bestimmte die Weiterentwicklung der öffentlichen Messe bis in die Neuzeit. Daneben entstand eine ausgedehnte Praxis von Messen in besonderen Anliegen, als Stillmessen mit einem Ministranten gehalten, veranlasst nicht durch die Versammlung der Gemeinde, sondern durch alle möglichen Anliegen, in denen in diesen Messen in besonderer Weise gebetet wurde. Vor allem die Lehre vom Fegfeuer führte zu einer heute kaum vorstellbaren Vermehrung dieser Messen im Lauf des Mittelalters. Diese Stillmessen bestimmten über Jahrhunderte die Messfrömmigkeit und auch die Theologie der Messe in der lateinischen Kirche.
Markant änderte sich das Teilnahmeverhalten der Gläubigen. Die Messe wurde in hohem Ausmaß klerikalisiert; für die Laien blieb die möglichst fromme Teilnahme durch Schauen und Hören. Vor allem das Schauen bestimmte ab dem Hochmittelalter die Messfrömmigkeit: Nachdem die Kommunion der Gläubigen in der Messe so gut wie aufgehört hatte, war die Elevation der Hostie der Höhepunkt der Messe, der einen gewissen Ersatz für die Kommunion schuf ("Augenkommunion"). Die öffentliche Messe war am Ende des Mittelalters weniger die Versammlung der Gemeinde als eine rituell reiche, professionell ausgeführte Aktion des Priesters und des Klerus für die Gläubigen.
Die Geschichte Feier der Eucharistie und der Heiligen Messe