Liturgie: Gott hat die Inititative, das Volk antwortet auf seinen Ruf.
Liturgie: Gott hat die Inititative, das Volk antwortet auf seinen Ruf.
Seit der Diskussion über den Gebrauch des Messbuchs von 1962 als außerordentliche Form ist die Messfeier auch in der breiten Öffentlichkeit wieder ein Thema.
"Gott ruft sein Volk zusammen": Mit diesen Worten beginnt das Lied Nr. 640 im Gotteslob. "Wir sind des Herrn Gemeinde und feiern seinen Tod. In uns lebt, der uns einte; er bricht mit uns das Brot." So lautet die zweite Hälfte der ersten Strophe. In diesen Zeilen hat der Textdichter dieses Lieds, der Eichstätter Theologieprofessor Friedrich Dörr († 1993), das Wesentliche des liturgischen Feierns angedeutet.
Liturgisches Feiern setzt die Geschichte Gottes mit uns Menschen voraus, die Geschichte Gottes mit seinem erwählten Volk Israel und deren Vollendung durch den Immanuel, den "Gott-mit-uns" (Mt 1,23). Jesus Christus ist das letzte und umfassende Wort Gottes an uns Menschen (vgl. Joh 1,1.14). Denn "niemand hat Gott je gesehen. Der einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht." (Joh 1,18) Im Pascha-Mysterium, im Heilsgeschehen von Jesu Tod und Auferstehung, hat diese Geschichte Gottes mit uns Menschen, dieses "Für uns" Gottes seinen nicht mehr überbietbaren Höhepunkt erreicht.
"Ein für allemal" hat Christus sich selbst dargebracht (vgl. Hebr 7,27); das Christusereignis braucht keine Wiederholung. Liturgie ist nicht eine Wiederholung des Heilsgeschehens, sondern immer neues Gegenwärtig- und Wirksamwerden des einmal Geschehenen – für die feiernde Gemeinde, für die Kirche, für die Welt.
Liturgie ist ein großer Dialog zwischen dem rufenden Gott und dem gerufenen Volk Gottes. Gott hat dabei die Initiative, er ruft das Volk zusammen, das Volk Gottes und die einzelnen sind Antwortende. "Christus ist in seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen." (Liturgiekonstitution Nr.7).
Das Gleiche will auch der Ausdruck "Gedächtnis", "Memoria", formulieren. Liturgie ist nicht in dem Sinn ein Gedächtnis, wie man eines historischen Ereignisses gedenkt, wie man Geburts- oder Sterbetag bedeutender Persönlichkeiten feiert und sich dabei an ihre großen Leistungen erinnert. Die liturgische Feier blickt nicht in die Vergangenheit, um sie ins Gedächtnis zurückzuholen. Wenn wir das Pascha-Mysterium feiern, Jesu Tod und Auferstehung, die vollendete Geschichte Gottes mit uns Menschen, dann sind wir als Gläubige überzeugt, dass der auferstandene und erhöhte Herr gegenwärtig ist: uns einladend und erwartend, uns beschenkend, uns in seine Nähe und Lebensgemeinschaft aufnehmend.
Weil es Gott gefallen hat, "die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volk zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll" (Kirchenkonstitution Nr. 9), ist auch die Liturgie ein gemeinschaftliches Tun. Dies soll in einer "tätigen Teilnahme" (participatio actuosa) (Liturgiekonstitution Nr. 14 u. ö.) zum Ausdruck kommen. Denn "die liturgischen Handlungen sind nicht privater Natur, sondern Feiern der Kirche" (Liturgiekonstitution Nr. 26).
Die Geschichte Feier der Eucharistie und der Heiligen Messe