Priester sind heute rundum gefordert: Zu ihrer geistlichen Tätigkeit kommen Verwaltungs- und immer mehr Koordinationsaufgaben
Priester sind heute rundum gefordert: Zu ihrer geistlichen Tätigkeit kommen Verwaltungs- und immer mehr Koordinationsaufgaben
Zum Abschluss des Priesterjahres im Juni 2010 wurden Priester zum Thema "Heute Priester sein": Inwiefern hat sich das Bild des Priesters gewandelt, befragt.
Priester sind heute rundum gefordert: Zu ihrer geistlichen Tätigkeit kommen Verwaltungs- und immer mehr Koordinationsaufgaben. In einer zunehmend säkularisierten Welt sind sie umso stärker herausgefordert, ihren Glauben authentisch zu bezeugen. Priester aus Stadt und Land wurden befragt, wie sie ihr Priestersein heute verstehen.
Konstantin Spiegelfeld wurde 1991 als 35-jähriger zum Priester geweiht. Seit vier Jahren ist er Pfarrer in St. Johann Nepomuk, in Wien 2. Über sein Priestersein sagt er:
"Früher war das Berufsbild des Priesters und Pfarrers klarer und geschützter. Heute ist er neu herausgefordert: Es geht mehr um das Sein des Priesters, weniger um einen Beruf. Meine Existenzweise hat nüchterne Aspekte, das, was ein anderer Mensch als Arbeit bezeichnen würde: leiten, verwalten, verhandeln, planen, ….
Inhaltlich sehe ich fünf Schwerpunkte:1. Gott handelt und erlöst zuerst, daher hat das persönliche Gebet Priorität. 2. Nur gelebter Glaube fasziniert! Teilen, leben, vertiefen und verkündigen des Glaubens an den Auferstandenen in der Gemeinschaft der Kirche. 3. Feier der Sakramente und Hören auf das Wort Gottes. 4. Aufmerksamkeit für gesellschaftliche Entwicklungen und soziale Not. 5. Neue Glaubensräume eröffnen und Begegnungen ermöglichen, durch die Menschen die tiefere Freiheit Christi erfahren, verstehen, lieben und leben können."
Karl Engelmann, Pfarrer und Dechant in Hernals, Wien 17 versteht unter "Priestersein heute": "Der Priester ist vom Podest gefallen. Er ist ein Mensch unter Menschen. Noch mehr Menschen als früher erkennen heute, was an einem Priester echt ist, bzw. wo er sich hinter seinem Amt versteckt. Das ist gut so. Priester, speziell Pfarrer, müssen teamfähig sein, weil sie nicht mehr von oben herab allein bestimmen können. Oberflächliches Priestertum wird rasch aufgedeckt.
Der Priester muss bei allen Verwaltungsaufgaben, trotzdem Spiritual der Gemeinde zu bleiben. Eine besondere Konzentration erfordert die Verkündigung. Interessierte, erwartungsvolle, anspruchsvolle Zuhörer des 21. Jahrhunderts spüren sofort, wenn Predigten in Kochbuchmanier hergestellt werden.
Wesentlich erscheint mir das Hören auf die Mitmenschen, um mit ihnen in einen echten, ehrlichen Dialog treten zu können. Es braucht in unserer Gemeinde – und ich glaube, das ist überall so – spirituelle Vertiefung nach innen und missionarisches Wirken nach außen."
Auf die Frage "Was sollen Priester sein?" antwortet Pfarrer Martin Rupprecht aus der Pfarre Christkönig - Neufünfhaus in Wien 15: "Zu allererst positive Menschen. Es ist ärgerlich, wenn heute ständig vom Glaubensschwund in Europa gesprochen wird. Priester müssen auf das viele Wirken des Hl. Geistes in der Zivilgesellschaft von heute hinweisen. Wie viel an Sensibilität hat sich entwickelt, wie viel an Engagement! Es hat nicht alles einen kirchlichen Anstrich. Das aber ist die Herausforderung: den Menschen zu zeigen, dass das Gute, das Schöne, der Einsatz für eine gerechte Welt eine Tat des Glaubens ist.
Die Aufgabe des Priesters ist es, den Laden zusammenhalten. Die unterschiedlichen Charismen scheinen sich manchmal auszuschließen. Da braucht es den priesterlichen Dienst, um auf die Breite katholischen Daseins hinzuweisen, und gleichzeitig Werkzeug für den Zusammenhalt zu sein."
Thomas Rath, Pfarrer in Rabensburg und Hohenau an der March, sagt: "Mir kommt vor, dass der Priester heute von vielen Menschen als seltenes Exemplar gesehen wird, als Person, die wenig mit ihrem Alltag zu tun hat und von dem sie meinen, dass er auch wenig von ihrem Alltag weiß. Von da her ist der Priester heute herausgefordert, seine Rolle in der modernen Gesellschaft klar zu sehen. Es ist in unserer Welt ganz wichtig geworden, in allem Farbe zu bekennen: den Glauben, wie ihn Bibel und Kirche vermitteln. Ich möchte besonders bezeugen, dass Christus für jeden einen ganz besonderen Plan hat, eine ganz einmalige Liebe für jeden Menschen. Meine Pfarren brauchen einen Priester mit viel Geduld, der zuhören kann, Verständnis hat für alle möglichen Lebenssituationen, einen Priester, der deswegen die Versöhnung Christi anbieten kann, weil er selbst diese Versöhnung zutiefst erfahren hat."