"Derzeit gehören unserem Haus 29 Seminaristen an, die für die Erzdiözese Wien in der Ausbildung sind", sagt, der Regens der Erzbischöflichen Priesterseminars Richard Tatzreiter.
"Derzeit gehören unserem Haus 29 Seminaristen an, die für die Erzdiözese Wien in der Ausbildung sind", sagt, der Regens der Erzbischöflichen Priesterseminars Richard Tatzreiter.
Ein Interview mit dem Regens des Erzbischöflichen Priesterseminars Richard Tatzreiter.
1. Wie viele Alumnen gehören aktuell dem Wiener Priesterseminar an?
Derzeit gehören unserem Haus 29 Seminaristen an, die für die Erzdiözese Wien in der Ausbildung sind, dazu kommen noch 3 Gastseminaristen, die sich für andere Diözesen, teilweise auch in ihrer Zugehörigkeit zu den katholischen Ostkirchen, auf den priesterlichen Dienst vorbereiten. Die beiden anderen Priesterseminare der Diözesen St. Pölten und Eisenstadt, die ebenfalls unserem gemeinsamen Haus in Wien 9 angehören und von mir als Regens geleitet werden, haben derzeit insgesamt 16 Seminaristen. Wir sind für einige Neuzugänge zuversichtlich, die im Herbst ihren Ausbildungsweg beginnen könnten.
2. Was heißt heute „Priester-Sein“? Was soll/was muss der Priester alles können, was kann er alles?
Wie Kardinal Koch in einem seiner Bücher beschrieben hat, ist ein Priester so etwas wie „ein Fenster für Gott“: ein Mensch und Christ, der für Gott transparent ist und ihn, kraft der empfangenen Weihe, anderen in seiner ganzen Existenz zeigt: in der Verkündigung des Evangeliums durch Wort und Tat, in der Feier der Sakramente, in der Begleitung und Leitung einzelner und der Gemeinden, in der Hinwendung zu den Menschen, die schwierige Lebenssituationen zu bestehen haben. Er muss dazu offen und sensibel sein für das konkrete Wirken Gottes und die unterschiedlichen Menschen, mit denen er zu tun hat. Das verlangt neben menschlichen Tugenden wie z. B. Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Klugheit, Treue, Langmut, Zivilcourage und Besonnenheit vor allem die lebendige Pflege der Beziehung zu Jesus Christus, aber auch die Bereitschaft, ständig neu dazuzulernen, sich von anderen korrigieren zu lassen und an dem Maß zu nehmen, der sich durch´s Fenster unseres priesterlichen Lebens zeigen will.
3. Was ist notwendig für das Priester-Sein in der heutigen Zeit?
Neben einer guten, menschlichen und geistlichen Beziehungskultur scheinen mir für uns Priester heutzutage neben einer hoch entwickelten Selbst- und Fremdwahrnehmungskraft vor allem geistige Weite und Reife, Lebens- und Theologiekompetenz, der Wille und das Können zur innerkirchlichen und außerkirchlichen Zusammenarbeit, aber auch eine gewisse Belastbarkeit wichtige Voraussetzungen für ein erfülltes Leben und eine fruchtbare Dienstausübung zu sein. Vertrauen auf Gott, vertrauensvoller Umgang untereinander und mit anderen, nicht zuletzt das Bewusstsein der gemeinsamen Zugehörigkeit zum Volk Gottes kraft Taufe und Firmung sind dabei die Fundamente, ohne die auf Dauer im Leben eines Priesters nichts besteht und gelingt.
4. Was wünschen Sie sich als Regens von den Pfarren? Wo das Seminar doch das „Herz der Diözese“ ist (Zweites Vatikanum, Dekret für die Priesterausbildung, Nr. 5)...
Eine Kultur, in der Berufungen zum priesterlichen Dienst gesät, im Wachstum nicht gehindert, sondern in geeigneter Weise begleitet und gefördert werden. Eine Verbundenheit mit dem Priesterseminar, das sich namentlich als „Pflanzstätte“ versteht.
5. Was ist das von außen wahrnehmbare Begleitprofil, gleichsam das Leitbild für das Priesterseminar?
In sich differenzierte Gemeinschaft und Einigkeit sind in unserem Haus keine abstrakte Theorie, sondern gelebte Realität: Drei Priesterseminare unter einem Dach. Das trinitarische „Wir“ unseres Gottes ist dabei unser kirchliches Ur- und Leitbild. Einheit und Vielfalt gehören unwidersprüchlich zusammen und machen uns aus. Das ist für uns Gabe und Aufgabe zugleich.
6. Sie wurden vor 24 Jahren zum Priester geweiht. Inwiefern hat sich die Ausbildung seit damals verändert?
Die Rahmenbedingungen und inhaltlichen Vorgaben von damals und heute sind kaum miteinander vergleichbar. Ich nenne beispielhaft nur die seit 1995 entfesselte digitaltechnische Revolutionierung unseres alltäglichen Lebens und die radikalen, gesellschaftlichen Veränderungen im Hinblick auf Geschlechtsidentität und deren Rollenwandel, der globale Klimawandel und die Sensibilisierung für geistlichen und sexuellen Missbrauch. Heute sind Inhalte und Formate der Priesterausbildung in ihrer Relevanz weitgehend auf die veränderten Bedingungen abgestimmt, bedürfen jedoch ständiger Nachbesserung und notwendiger Reform. Zugleich gibt es aber auch Kontinuität in wesentlichen Themen, die mit der bleibenden Identität des priesterlichen Dienstes und Amtes in der Kirche zusammenhängen.
Richard Hansl hat das Erzbischöfliche Priesterseminar besucht und wurde am 22. Juni 2019 zum Priester geweiht.