Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck OCist (Stift Heiligenkreuz)
Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck OCist (Stift Heiligenkreuz)
Der Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck berichtet über seine wichtigsten Erfahrungen seiner Berufung und dankt dabei seinem Vorbild, dem Priester und Ordensmann P. Reichlin.
Eine ganz wichtige Priesterpersönlichkeit in meiner Jugend war P. Rudolf Reichlin-Meldegg SJ. Er leitete in der Zeit, in der ich das Gymnasium in Klagenfurt besuchte, als Priester die Katholische Mittelschuljugend (KMJ).
In erster Linie war für uns alle P. Reichlin Priester und Ordensmann. Einmal in der Woche, am Freitag, zelebrierte er für ein- bis zweihundert Gymnasiasten die Abendmesse und predigte. Obwohl er kein großer Prediger war, war alles zusammen für uns überzeugend und einleuchtend. Darüber hinaus leitete er wöchentlich für jede Gruppe eine Heimstunde, und er organisierte im Sommer wunderbare Ferienlager in Schloss Orth am Traunsee mit Ausflügen zu den Salzburger Festspielen oder nach Kalksburg mit der Möglichkeit, Wien zu erkunden.
Überraschung für uns war sein Interesse für Technik, das bis zu schnellen Autos hinging, die ihm immer wieder Förderer zur Verfügung stellten. Sein Interesse führte auch dazu, dass wir im ”Heim“ schon 1958 einen Fernsehapparat hatten, und ich kann mich daran erinnern, dass wir dort die Verkündigung der Papstwahl Johannes XXIII. miterlebt haben. Als Oberösterreicher war P. Reichlin ein großer Bewunderer Anton Bruckners. Er hat dazu ”Platten-Konzerte“ veranstaltet und uns die künstlerisch-ästhetischen, aber vor allem die religiös-spirituellen Inhalte der Musik Anton Bruckners in nüchterner, aber gewinnender Weise aufgezeigt.
Unvergesslich war auch die Aufführung des Theaterstückes ”Das Heilige Experiment“ von Fritz Hochwälder, das er mit uns einstudierte und mit dem wir in Klagenfurt, Graz und einer Reihe von anderen Orten aufgetreten sind. Wie so häufig bei Laientheatern, gelang es auch hier, eine sehr günstige Stimmung und Gruppendynamik zu erzielen. Obwohl das Stück heute leider kaum mehr aufgeführt wird, habe ich es damals unter der Regie des Priesters und Ordensmannes P. Reichlin ganz intensiv erlebt, und ich finde, dass es ein ganz ausgezeichnetes Stück ist, das die schwierige Problematik von Staat und Kirche, von Ordensleben und Wirtschaft, von Mission und Seelsorge in einer ganz konkreten Situation hervorragend und ohne Polemik und ohne Einseitigkeit darstellt.
Ich selber durfte die Rolle des geheimen päpstlichen Legaten Querini darstellen, nicht gerade die sympathischste Figur im Stück, aber gerade die Schwierigkeit der kirchlichen Position, die in dieser Rolle sichtbar wird, beschäftigt mich bis heute: Ein Priester und treuer Mann der Kirche muss im Auftrag des Papstes, der wiederum politisch unter Druck gesetzt wird, den Befehl geben, das Heilige Experiment zu beenden.
Auch wenn meine Berufung erst viele Jahre später zum Tragen gekommen ist, werde ich P. Reichlin für sein priesterliches Wirken und sein Leben als Ordensmann immer dankbar sein!
Abt Gregor Henckel-Donnersmarck OCist