Johannes Fürnkranz (Mitarbeiter der römischen Kurie)
Johannes Fürnkranz (Mitarbeiter der römischen Kurie)
Die "eine große Priestergestalt" gibt es für den ehemaligen erzbischöflichen Sekretär und Mitarbeiter der römischen Kurie nicht. Johannes Fürnkranz zählt zu den prägenden Persönlichkeiten in seiner Lebensbahn eher "die ganze bunte Schar".
Gefragt nach einer Priestergestalt, die mich als Kind oder Jugendlicher beeindruckt hat, muss ich eigentlich eine enttäuschende Antwort geben. Es gibt sie nicht, diese eine Priesterpersönlichkeit. Falls Sie auf ihre Beschreibung warten sollten, können Sie mit ruhigem Gewissen hier zu lesen aufhören.
Wer weiter liest, der wird Geduld haben müssen – Geduld, dabei zu sein, wenn Bilder gemalt, Geschichten erzählt (oder zumindest angedeutet) werden: Geschichten von dem kleinen Johannes, der immer wieder mit dem Vater in den Pfarrhof kommt und dort vom gütigen Pfarrer eine der vom Schreibtisch nicht wegzudenkenden Rumkugeln angeboten bekommt. Der die Süßigkeit annimmt in der Hoffnung, dass das Gespräch des Vaters nicht zu lange dauert – damit Zeit bleibt, dass sich die gute, süße Schokolade so lange nicht endgültig auflöst, bis er vor dem Pfarrhof, beim Aufbruch, die Gelegenheit bekommt, den bitteren Rumkern der Kugel draußen unauffällig zu entsorgen. Der aber sehr wohl die tiefe Freundlichkeit des Pfarrers in dem Angebot verstanden hat…
Oder ich könnte den pensionierten Pfarrer erwähnen, der am Friedhof dadurch beeindruckt hat, dass er doch tatsächlich ein Birett getragen hat – diese für den kleinen Ministranten völlig antiquierte Kopfbedeckung mit der faszinierenden Quaste. Der aber trotzdem, trotz seines daraus ersichtlichen und in den Augen des Ministranten schier unberechenbaren Alters (oder gerade deswegen?) – nicht weniger beeindruckend als seine Quaste – ein Prediger war, der das Wort Gottes ins Heute zu übersetzen verstand: Predigt ”mit der Bibel in der einen und der Tageszeitung in der anderen Hand“ gleichsam… Oder ich müsste ein Bild malen von dem Stadtpfarrer, der in meiner Jugendzeit meine Heimatpfarre geleitet hat – selbst geprägt von großem Interesse für die Theologie, von der Liebe zur Liturgie. Und der damit sicher seinen Teil beigetragen hat, mich im Feiern, in der Nähe zum Altar, die Nähe Gottes erfahren zu lassen…
Oder ich könnte erzählen von dem jungen Priester, der, gerade selbst erst geweiht, mich, beim Feuerwehrheurigen im Nachbardorf auf der Heurigenbank sitzend, angesprochen hat, ob nicht auch ich diesen Weg gehen wollte. Ein banaler Ort – aber vielleicht spricht Gott nicht nur in der Kirchenbank…? Es gibt nicht bei mir das eine, große Berufungserlebnis. Es gibt sie nicht, die eine, große Priestergestalt. Aber es gibt die ganze bunte Schar, die mir in dieser Kirche Heimat vermittelt hat, Heimat bei Ihm. Als ein weiterer kleiner farbiger Klecks in dieser bunten Schar möchte ich davon ein bisschen etwas weitergeben.