Dompfarrer Toni Faber (St. Stephan, Wien 1)
Dompfarrer Toni Faber (St. Stephan, Wien 1)
Dompfarrer Toni Faber erzählt von seiner Bekanntschaft mit einer Persönlichkeit, die für ihn auf seinem Weg eine wesentliche Rolle spielte: Hermann Hofer, ein Pfarrer auf den man immer zählen kann.
Mein Heimatpfarrer Hermann Hofer in Rodaun war eine Priestergestalt, die mich als Kind und Jugendlicher besonders beeindruckt und fasziniert hat.
Ein Mann, der seine Berufung darin sah, Menschen zu Gott zu führen und ihnen zu zeigen, dass Gott in ihrem eigenen Leben schon lange am Werk war. Als Jugendlicher kam er mir sicher ein wenig aus dieser Welt enthoben vor, aber sein Bemühen, ganz einer von uns und bei uns zu sein, und unser Leben – auch wenn es ein wenig vom christlichen Ideal abkam – zu verstehen und positiv zu deuten, tat uns ungeheuer gut. Der Pfarrer, für uns einfach "der Hermann", verstand uns, und wir konnten uns in jeder auch noch so aussichtlosen Lebenssituation an ihn wenden. Das tat gut.
Als ganzer Mensch, als Mann zu einem Dienst geweiht zu sein, Menschen mit sich selbst, mit den anderen und vor allem mit Gott zu versöhnen – das beeindruckte mich, bei all den Fehlern, mit denen jeder Mensch leben muss. Als ich mich nach einem "abgestürzten" Abenderlebnis von allen Übeln dieser Welt lösen und für mich und meine Mitstreiter den Lastern des Alkohols und des Nikotins vollständig und ohne Ausnahme abschwören wollte, brachte mich das Argument der Verwendung des Weines in der Liturgie und der geliebten Zigarette und der Pfeife meines Pfarrers in unangenehmen Argumentationsnotstand. Die Größe und das Übermaß seines Verständnisses und seines Mitgefühles auch mit meinen Schwierigkeiten lenkten den jugendlichen Übereifer und Bekehrungsmut bald in realistische und angemessene Bahnen.
Als mich im Lauf einer schweren gesundheitlichen Krise der Ruf Gottes zur konkreten Nachfolge erreichte, war für mich das selbstverständliche Beispiel unseres Pfarrers Hermann Hofer sehr wertvoll. Auf die Frage, ob es wirklich für einen eher wenig Sprachbegabten wie mich notwendig sei, beim Theologiestudium neben Latein auch Griechisch und Hebräisch zu studieren, antwortete mein Pfarrer: "Wenn du Theologie studieren willst, musst du schon bereit sein, etwas zu lernen."
Zutiefst dankbar bin ich dafür, nicht eingespannt zu sein in monotone Arbeitsabläufe, sondern mit Menschen in einer Gemeinde daran mitwirken zu dürfen, dass Leben gelingen kann, dass Gott mehr Platz in dieser Welt eingeräumt bekommt. Das Leben in seiner Fülle, in Höhen und Tiefen begleiten und fördern zu können: ein wunderbarer Beruf, der noch dazu in der Mitte dieser Stadt eine besondere Qualität erhält.
Dompfarrer Toni Faber