„Stille meint im Grunde Sammlung auf das Wesentliche hin, es hat mit der Erfahrung von Licht, Sinn und Halt zu tun“, sagt P. Josef Maureder
„Stille meint im Grunde Sammlung auf das Wesentliche hin, es hat mit der Erfahrung von Licht, Sinn und Halt zu tun“, sagt P. Josef Maureder
„In der Stille kann die Beziehung zu mir selbst, zu anderen und zu Gott, eine neue Tiefe und Lebendigkeit gewinnen. Stille ist aber auch eine große Herausforderung“, sagt P. Josef Maureder, Jesuit und Psychotherapeut im Kardinal König Haus. Seit 2015 ist er dort unter anderem für das Angebot „Stille in Wien“ verantwortlich.
Es war vor vielen Jahren ein handfester Skandal, als der Avantgarde Musiker John Cage das Musikstück „4‘ 33“ herausbrachte, das tatsächlich keinen einzigen Ton enthielt. John Cage wollte mit diesem „Musikstück“ Zuhörer und andere Komponisten zum Nachdenken über Musik vor allem aber auch zum Nachdenken über Stille anregen. Stille – eines jener Phänomene, die in unserer Welt so gar keinen Platz mehr zu haben scheinen und doch, oder gerade deswegen, sind mehr Menschen auf der Suche nach Stille als je zuvor.
Im Kardinal König Haus, Bildungszentrum der Jesuiten und der Caritas im 13. Wiener Gemeindebezirk, ist die Stille und wie man sie findet schon lange ein Thema. P. Josef Maureder, Jesuit und Psychotherapeut, leitet dort den Bereich Spiritualität und Exerzitien und das Angebot „Stille in Wien“ (www.stille-in-wien.at).
Wer innere Einkehr und Ruhe sucht, ist hier genau richtig. „Stille meint im Grunde Sammlung auf das Wesentliche hin, es hat mit der Erfahrung von Licht, Sinn und Halt zu tun“, sagt er im Gespräch mit dem SONNTAG.
Warum tut uns Stille manchmal gut und wann tut sie uns gut?
P. Josef Maureder: In der Stille kann ich zur Ruhe kommen, es fallen äußere Ablenkungen weg. Dadurch wird es möglich, in mir Gefühle und Gedanken wahrzunehmen und zu ordnen. Erlebtes klärt sich, gibt seine Bedeutung her, Kommendes wird bewusster und klarer in den Blick genommen.
Vieles „ordnet sich“ und es wird möglich, Leben zu gestalten und Prioritäten zu folgen. Vor allem die Beziehung zu mir selbst, zu anderen und zum Geheimnis des Lebens, das wir Gott nennen, kann eine neue Tiefe und Lebendigkeit gewinnen. Stille ist aber auch eine große Herausforderung: Schweres taucht auf, Schattenseiten werden bewusst. Auch das trägt dazu bei, zur inneren Klarheit und Ruhe zu finden. Denn erst die ganze Wahrheit macht uns frei.
Was bedeutet Stille heute? Ist Stille vollkommene Geräuschlosigkeit? Oder kann Stille auch inmitten von Lärm entstehen?
P. Josef Maureder: Völlige Geräuschlosigkeit gibt es nicht. Selbst der Atem und die Stille haben „einen Ton“. Es geht darum, in die Mitte unserer Existenz hinein zu horchen, hinter dem Lärm die Stille zu finden. Und hinter der Stille das Du, das alles erhält und mich liebend anschaut.
Für mich ist Stille nichts Neutrales, sie ist erfüllt von Kraft, Klarheit und Liebe. In Stille zu sein bedeutet für mich Begegnung mit Gott, der mir in Christus entgegenkommt. Die Stille wird transparent, durchsichtig und dadurch keine leere, sondern „erfüllte Stille“.
Was beinhaltet „Stille in Wien“ ?
P. Josef Maureder: Seit 2015 haben wir baulich im großen Dachbereich des Hauses „Stille in Wien“ gestaltet – mit einem Meditationsraum, Gruppenraum, Speiseraum, Büro- und Gesprächszimmern. Hierher können sich Menschen zurückziehen, die nach ihren zeitlichen Möglichkeiten Besinnung und Stille suchen.
Der Bereich „Spiritualität und Exerzitien“ ist ja die Kernaufgabe des Hauses und das Hauptanliegen des Jesuitenordens in seinem Engagement an diesem Ort. Wir bieten vor allem Exerzitien an und diese sowohl in der klassischen Form des hl. Ignatius von Loyola als auch in neueren Variationen als kontemplative Exerzitien, Schreib- und Filmexerzitien. Begleiter und Begleiterinnen wollen dabei helfen, nach und nach „erfüllte Stille“ zu finden.
Für wen ist das Angebot zu empfehlen?
P. Josef Maureder: Zu den Exerzitien und in den Bereich „Stille in Wien“ kann jede und jeder kommen, der Sehnsucht nach Stille hat, auf der Suche nach Gott ist und die Beziehung zu seinen Mitmenschen vertiefen möchte. Auch für jene, die Klärung von Berufs- und Lebensfragen wünschen und dies gerne mit qualifizierter Begleitung tun wollen, sind diese Angebote geeignet.
Wer sich auf ein umfassendes Angebot wie „Stille in Wien“ nicht einlassen kann oder will: Gibt es Rituale, mit denen man Stille im Alltag herbeiführen kann?
P. Josef Maureder: Ein Weg zur Stille ist die Wahrnehmung mit den Sinnen. Mehr als das Denken ist es ein Weg in die Tiefe.
- Eine andere Übung ist die Wahrnehmung des Atems, wie er kommt und geht. Nur wahrnehmen, nicht kontrollieren.
- Manchen hilft auch sehr die einfache Wiederholung eines Wortes oder eines Satzes, etwa den Namen Jesu.
- Auch ein Symbol vor den Augen wie eine Kerze und ein Kreuz oder das Schauen auf Wasser und die Weite einer Landschaft können in die äußere und innere Sammlung, in die Stille, ins Dasein vor dem Geheimnis des Lebens hineinführen.
P. Josef Maureder SJ leitet den Bereich Spiritualität und Exerzitien und das Angebot „Stille in Wien“ im Kardinal König Haus.
Neben der „Stille in Wien“ und den Exerzitien hat das Kardinal König Haus auch Lehrgänge zur Ausbildung und Fortbildung für Menschen in der Seelsorge und weitere Angebote im Programm, die alle der menschlichen Reifung und geistlichen Vertiefung dienen wollen: Seminare zur Bibel, Ikonenmalen, Einführungen ins Beten, Zen und Yoga. Die Lehrgänge sind für Multiplikatoren in verschiedensten Feldern der Seelsorge.
Die übrigen Angebote sind offen für alle Interessierten.
Bildungszentrum der Jesuiten und der Caritas gemeinnützige GmbH
Kardinal-König-Platz 3
1130 Wien
Tel.: +43 1 804 75 93
Fax: +43 1 804 97 43
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