Pater Michael Zacherl SJ ist Nationaldirektor für das Gebetsapostolat in Österreich und Bischofsvikar für die Institute des Geweihten Lebens in der Erzdiözese Wien.
Schwerpunkt Beten auf erzdioezese-wien.at
Jede Art von Begegnung mit Gott ist ein Gebet. "Wichtig ist, dass wir im Gebet hören, was Gott uns sagen will", so Pater Michael Zacherl SJ.
Im Gespräch mit erzdioezese-wien.at erklärt er, worauf es beim Beten ankommt, was christliche Meditation ausmacht und wie wichtig die Stille ist.
Pater Zacherl SJ, was tun wir eigentlich, wenn wir beten?
Pater Zacherl SJ: Die Begegnung, der Austausch mit Gott ist das "Um und Auf" des Betens. Als Christen glauben wir ja, dass Gott immer präsent ist. Im Gebet selbst können wir Gott loben, ihm danken oder ihn um etwas bitten, wir können stellvertretend für andere beten; und Beten ist Hingabe und Liebe... Wichtig ist aber immer, dass wir im Gebet hören, was Gott uns sagen will!
Man braucht also nicht unbedingt ein auswendig gelerntes Gebet parat zu haben? Auch das Schweigen ist eine Form des Betens…
Pater Zacherl SJ: Die vorgeformten Gebete wie das "Vater unser" oder das "Gegrüßet seist du Maria" geben eine Richtung vor. Das "Vater unser" lehrt uns zum Beispiel, dass wir nicht nur Gott loben, sondern ihn um das tägliche Brot bitten sollen und können.
Das Schweigen ist wichtig, um hinzuhören: Was will Gott mir mitteilen? Was will er, dass ich verstehe? - Damit ich zurechtkomme mit den Dingen, die mein Leben ausmachen.
Und darüber hinaus heißt Gebet auch, mich mit meinen eigenen Gedanken und Worten an Gott zu wenden.
Wo kann man am besten beten - in der Kirche, in der Natur…
Pater Zacherl SJ: Um zu beten, braucht es prinzipiell keinen bestimmten Ort. Es sei denn, einen Ort, der unsere Gedanken auf Gott hin ausrichtet. Und dass ist vielleicht nicht überall und sicher nicht überall in gleicher Weise möglich. Aber dass ich nur in der Kirche beten könnte, oder nur wenn man eine kniende Haltung einnimmt, nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil: Das Gebet sollte uns ja ständig begleiten - in vielen Ereignissen, in den Begegnungen mit Menschen, mit der Natur. All das, was uns freut, kann irgendwie eine Spur zu Gott sein. Dann geschieht schon in irgendeiner Weise Begegnung mit Gott, und darin besteht im Wesentlichen das Gebet.
Werden unsere Gebete erhört? Kann man sagen, dass beten hilft?
Pater Zacherl SJ: Das fragen sich wohl viele Menschen, v.a. wenn sie schweigen und hinhören und den Eindruck haben, es tut sich gar nicht.
Dazu würde ich sagen: Beten hilft immer, aber nicht unbedingt in der Weise, wie ich es mir gerade wünsche. Gott hört, er hört immer, er hilft uns, aber er ist darauf aus, nur jene Dinge zuzulassen, die uns wirklich gut tun. Aber kein Gebet ist vergeblich!
Meditation nach fernöstlicher Tradition wird immer populärer. Aber auch das Christentum kennt Meditation. Was macht denn eine christliche Meditation aus?
Pater Zacherl SJ: Beten kann natürlich viele verschiedene Formen haben - Meditation, Betrachtung, Überlegungen, über die ich reflektiere - die Vielfalt ist da sehr groß…
Bei Meditationen anderer Religionen würde ich fragen, um welches Gottesbild handelt es sich da? Da sehe ich dann den Unterschied: Gebet ist ja eine Begegnung mit Gott. Wenn nun Gott nur eine "Kraft" ist oder irgendwie ein "oberstes Prinzip", dann wird sich da keine Begegnung abspielen. Das aber ist es, was christliches Beten und Meditieren ausmacht: Dass wir an einen persönlichen Gott glauben, an ein Du.
Christliche Meditation ist also immer auf Gott ausgerichtet?
Pater Zacherl SJ: Jedenfalls ist der Hintergrund dieser persönliche Gott. Meditation muss nicht immer ein direktes Sprechen mit Gott sein - Meditationsformen können sich mit vielem beschäftigen - aber christlich wird das Ganze, wenn es in eine Begegnung mit Gott mündet.
Pater Zacherl, Sie sind Jesuit: Wie viel betet man in ihrem Orden?
Pater Zacherl SJ: Wenn wir es mit dem Apostel Paulus halten, dann sollte das ganze Leben ein Gebet sein. "Betet ohne Unterlass", schreibt Paulus.
Das heißt nun nicht, dass ich ständig Gebete murmle. Aber ich lebe in der Gegenwart Gottes. Und ich frage mich immer wieder: Hängt das, was ich gerade tue, mit meinem Glauben an Gott zusammen, lebe ich auf Gott hin?
Und wann sind Ihre Gebetszeiten?
Pater Zacherl SJ: Gemeinsam beten wir Jesuiten täglich zu Mittag eine Viertelstunde. Und es gibt jeden Tag eine Eucharistiefeier. Das Stundengebet der Kirche betet jeder für sich, und es gibt eine Zeit der Meditation und der Betrachtung - aber das ist dem einzelnen "anempfohlen", das heißt jeder soll herausfinden, was ihm gut tut und wie er seine Gottesbeziehung pflegen kann.
Kann Beten zur Routine werden...
Pater Zacherl SJ: Denken wir an das Rosenkranzgebet: Es stellt mich zunächst in eine gläubige Atmosphäre. Sicher besteht die Gefahr, dass der Mund - laut oder leise - etwas spricht und mein Denken völlig woanders ist. Das Entscheidende aber ist, dass ich darauf reagiere, und wieder versuche aus der Routine heraus und zu einer Gottesbegegnung zu kommen: Ich kann vielleicht das Tempo des Sprechens verringern oder einzelne Worte verinnerlichen und mich fragen, was ich denn da eigentlich sage?
Natürlich: Es kann sein, dass Gebete mehr oder weniger automatisch ablaufen. Trotzdem halte ich es für besser, dran zu bleiben. Und wenn ich bemerke, dass ich in Gedanken weit weg bin, na, dann hole ich die Gedanken zurück - in aller Ruhe - ja, und vielleicht bin ich im nächsten Augenblick schon wieder ganz woanders… das ist menschlich!
Was empfehlen Sie jemandem, der wieder beten lernen will?
Pater Zacherl SJ: Man sollte sich eine Zeit der Stille nehmen und einfach hinhören! Und überlegen, wofür ich danken sollte? Das kann leicht oder schwer fallen, es hängt vom einzelnen ab. Ich würde sagen, man setzt sich für ein paar Minuten in eine stille Kirche. Das könnte ein Anfang sein!
Pater Michael Zacherl SJ ist Nationaldirektor für das Gebetsapostolat in Österreich und Bischofsvikar für die Institute des Geweihten Lebens in der Erzdiözese Wien.
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