Weihbischof Stephan Turnovszky bei einem Taize-Gebet.
Weihbischof Stephan Turnovszky bei einem Taize-Gebet.
Beten im Christentum:
"Gott ist Liebe" das ist eine andere Aussageweise für Dreifaltigkeit, denn Gott ist in sich Beziehung, Gemeinschaft.
Gott ist ein Du, ich kann mit Gott kommunizieren.
Buddhistische Meditation:
"Setz dich an die weiße Mauer, rede nicht mehr, denk nicht, und schaue, was geschieht..."
An "zwei Fundamente" des christlichen Glaubens – "Gott ist Liebe" und "Gott ist nahe" – hat Weihbischof Stephan Turnovszky bei einer Diskussion mit dem Präsidenten der Buddhistischen Glaubensgemeinschaft, Gerhard Weißgrab, kürzlich erinnert. Die Veranstaltung des RPP-Instituts ("Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie") fand in der Wiener Sigmund Freud-Universität statt.
"Gott ist Liebe" sei "eine andere Aussageweise für Dreifaltigkeit, denn Gott ist in sich Beziehung, Gemeinschaft", sagte der Weihbischof. Gott sei nahe und zugleich anders, er übersteige den Menschen. Die größte Nähe Gottes erweise sich in der Menschwerdung in dem Menschen Jesus von Nazareth. Turnovszky zusammenfassend: "Gott ist ein Du, ich kann mit Gott kommunizieren."
Es gebe unzählige Weisen der Kommunikation mit Gott. Turnovszky nannte vier: "Das formulierte Gebet, Gebete mit den Worten (Vaterunser); das Gebet mit dem Verstand, mit den Gedanken (Bibelstellen, Tagesrückblick); das Gebet mit den Gefühlen (affektives Gebet, Gott das Herz ausschütten, Lob, Dank, Schmerz, Klage) und schließlich das Gebet mit dem Sein. Da braucht es keine Worte, Gedanken oder Gefühle mehr, man nennt es Meditation oder Kontemplation."
Es gebe auch Beurteilungskritierien hinsichtlich des Gebetes. Ein Kriterium für die Echtheit und Qualität sei "das Wachsen in der Nächstenliebe". Turnovszky: "Wer viel betet, aber nicht in der Liebe wächst, da hat's irgendwas..." Das zweite Echtheitskriterium: "Eine relative Unabhängigkeit von Stimmungslagen, denn Gebet muss nicht angenehm sein". Viele Heilige kennen die "dunkle Nacht". Es gehe "nicht um mein Wohlbefinden, sondern um das Tun". Testfragen formulierte der Weihbischof für die Kontemplation: "Bin ich in der Gegenwart? Habe ich Kontakt zu Körperwahrnehmungen? Spüre ich etwas oder bin ich abgehoben? Und: Darf es auch Schweres sein? Bin ich zum Leiden bereit?"
Turnovszky erinnerte auch an seine persönlichen Gebets-Erfahrungen: "Die Erfahrung von Exerzitien führen in die Tiefe, angefangen von wortreichen hin zu ignatianischen Einzelexerzitien. Ich habe dann kontemplative Exerzitien entdeckt. Nicht ich bete, sondern es betet in mir."
Gerhard Weißgrab, Präsident der Buddhistischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.
"Es betet" sei auch ein buddhistischer Ansatz, pflichtete Präsident Weißgrab bei: "Es gibt keinen Buddhismus ohne Meditation oder Innenschau. Im buddhistischen Verständnis gebe es allerdings kein Gebet, kein Vis-a-vis, kein höheres Gegenüber." Meditation meine: "Sit down and shut up": "Setz dich an die weiße Mauer, rede nicht mehr, denk nicht, und schaue, was geschieht..."
Die orthodoxe buddhistische Meditationsform sei zweistufig. Weißgrab: "Der erste Schritt ist es, Geistesruhe herzustellen, sie ist Versenkungsmeditation, ein Zur-Ruhe-Kommen. Der zweite Schritt ist dann die Einsichtsmeditation. Wenn ich meinen Geist halbwegs zur Ruhe gebracht habe, Dinge zu erfahren. Zu schauen, was da geschieht, ohne sie zu bewerten."
Trotzdem lege man Wert auf den Austausch mit einem "Höher-Entwickelten", etwa in einer Schüler-Lehrer-Beziehung. Wenn Meditation "nicht anstrengend ist, wenn sie nicht etwas auslöst, wenn alles so bleibt wie vorher, dann war nichts", sagte Weißgrab. Bei der Meditation müsse "eine Veränderung stattfinden". Es gebe "die vier hohen Verweilungen: Allumfassende Liebe und Güte, Mitgefühl mit allen fühlenden Wesen, Mit-Freude und Gleichmut".
"Unterscheidend sei das Konzept von Erlösung", unterstrich Turnovszky: "Christen haben nicht von sich aus die Kraft dazu. Gott selbst ist es, der den Menschen emporhebt, zu sich nimmt. Es sei eine Initiatve Gottes, die dem Menschen zuvorkommt. Buddhisten würden sagen: Was ist es, das da betet? Christen würden fragen: Wer ist es, der da betet? Wir nennen ihn den Heiligen Geist."