Um die Heilung eines Kranken beten und ihm dabei – wenn beide das möchten – die Hand auf Kopf oder Schulter legen, darf jeder Christ.
Um die Heilung eines Kranken beten und ihm dabei – wenn beide das möchten – die Hand auf Kopf oder Schulter legen, darf jeder Christ.
Gott voll Vertrauen um die Heilung von Kranken bitten und es ihm überlassen, ob und wie er heilt – das ist das Spannungsfeld, das es beim Heilungsgebet auszuhalten gilt.
Jeden zweiten Mittwoch im Monat ist Katharina Weissenböck im Gebets-Einsatz. Beim Loretto-Gebetskreis im ersten Bezirk in Wien bietet die 39-Jährige zusammen mit einer zweiten Person an, für andere um Heilung zu beten.
Unauffällig warten Katharina und ihr Gebetspartner im hinteren Teil des Raumes, während die anderen Anwesenden Lobpreislieder singen. Wer mag, kann die beiden ansprechen und für sich beten lassen.
Was etwas kompliziert klingt, sei im Grunde ganz einfach, erklärt Katharina: „Der Lobpreis startet und nach zwei, drei Minuten kommt die erste Person. Sie sagt ihren Namen und auch wir stellen uns vor. Und dann nennt sie uns das Anliegen, für das sie beten lassen möchte.“ Katharina fragt, ob sie ihre Hand auf die Schulter legen darf, sie öffnet sich innerlich für den Heiligen Geist und bittet Jesus um Heilung.
Für schmerzende Füße, kaputte Knie oder gebrochene Herzen. „Ich bete immer sehr konkret und klar und sage: ‚Ich segne den Fuß im Namen Jesu. Das ist wichtig, denn nicht ich bin es, die heilt, sondern Jesus ist es.“
Auch wenn Katharina meistens nicht erfährt, ob die ersehnte Heilung so eingetreten ist, ist sie überzeugt davon, dass ihr Gebet nicht umsonst ist und Gott heilen kann.
„Menschen die Hände aufzulegen und um Heilung zu beten, ist urjesuanisch, urchristlich“, sagt Beate Mayerhofer-Schöpf, die Leiterin des Referates für Spiritualität der Erzdiözese Wien.
Die Bibel erzählt von vielen Heilungen Jesu und davon, dass Jesus auch seine Jünger aussendet, um Kranke zu heilen. „Nicht nur die Jünger, sondern wir alle sind dazu berufen“, sagt Mayerhofer-Schöpf.
Wenn Gott heilt, zeige er den Menschen, was mit dem Reich Gottes gemeint ist. „Gott will das Heil des Menschen. Das Heil der Seele, aber auch des Körpers. Er will Heil für die ganze Schöpfung, all unserer Beziehungen, unseres Verhältnisses zu ihm und zur Schöpfung.“
Dass Gott Menschen heilt, wenn Menschen ihn darum bitten, steht für die Theologin außer Frage. „Für mich ist das ganz selbstverständlich: Wenn Gott in seiner Schöpfung präsent ist, kann er auch Heilungsprozesse in Gang setzen.“
Es gäbe viele dokumentierte Heilungswunder, sowie bestimmte Orte, an denen solche Wunder häufiger geschehen „und bestimmte Menschen, die so etwas wie ein Heilungscharisma haben. Über die Jahrhunderte wird von solchen Menschen berichtet.“
Der traditionelle Ort, an dem um Heilung gebetet wird, sei in der katholischen Kirche die Krankensalbung. „Bei der Krankensalbung geht es aber nicht nur um Heilung, sondern auch um Stärkung, dass das getragen werden kann, was nicht geändert werden kann.“
Außerdem gäbe es Messformulare für Kranke, verschiedene Segensgebete und natürlich die Möglichkeit, bei den Fürbitten am Sonntag für Kranke zu beten. „Schön ist es, wenn man dabei nicht nur allgemein für alle Kranken betet, sondern zum Beispiel konkret für die Nachbarin, die Krebs hat“, empfiehlt Mayerhofer-Schöpf.
Über verschiedene Erneuerungsbewegungen seien in jüngerer Vergangenheit neue Impulse gekommen, das Heilungsgebet deutlicher wahrzunehmen. „Diesem Schatz in der Kirche, den uns Jesus anvertraut hat, wird heute neue Aufmerksamkeit geschenkt.“ Wenn Menschen in einem Gebets- oder Hauskreis gemeinsam beten und ihr Leben miteinander teilen, sei es ganz natürlich, auch füreinander um Heilung zu beten.
Katharina Weissenböck sagt, sie fühle sich zum Gebet um Heilung berufen. „Ich mach‘ es so gern und stelle mich dafür im Gebetskreis zur Verfügung. Aber ich glaube auch, dass das jeder machen kann“, sagt die Wienerin.
Wie und ob Gott heilt, müsse sie ihm überlassen „Ich sehe mich als die, die darum bittet. Ob Heilung passiert, liegt in seiner Hand.“ Das sei ein Spannungsfeld, das es auszuhalten gelte.
Ähnlich sieht das auch Beate Mayerhofer-Schöpf: „Gott ist kein Wunderautomat. Auch Jesus hat nicht alle geheilt. Die Gefahr ist, dass eine Wundersucht entsteht und dass es beim Beten nur mehr darum geht, dass ich gesund werde und nicht mehr darum, Gott zu begegnen.“
Letztlich würden wir nicht wissen, warum Gott nicht jeden heilt. „Gott mutet uns manchmal auch etwas zu. Er ist ein Gott, der selbst das Leiden kennt. Sicher ist: Er lässt uns in diesen Situationen nicht allein.“
Das Beten um Heilung ist urchristlich und urjesuanisch, sagt Beate Mayerhofer-Schöpf. Im sechzehnten Kapitel des Markusevangeliums spricht der auferstandene Jesus davon, dass die Kranken, denen die Gläubigen die Hände auflegen, gesund werden.
Jeder Christ kann in einfachen Worten um die Heilung eines Kranken beten und ihm dabei auch – wenn beide das möchten – die Hand auf die Schulter legen. Beate Mayerhofer-Schöpf: „Man kann jemandem auch mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn machen zum Beispiel mit den Worten ‚Gott wende sich dir zu‘.“
weitere Artikel zum Thema beten
weitere Informationen zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at