Der Aufbau der ”Kapistran-Kanzel“ am Wiener Stephansdom erinnert an das Wirken des Heiligen auch in Österreich.
Autor: Msgr. Franz Wilfinger,
Pfarrer und Geistlicher Assistent der Katholischen Männerbewegung für die Stadt Wien
Der Aufbau der ”Kapistran-Kanzel“ am Wiener Stephansdom erinnert an das Wirken des Heiligen auch in Österreich.
Autor: Msgr. Franz Wilfinger,
Pfarrer und Geistlicher Assistent der Katholischen Männerbewegung für die Stadt Wien
Er vertraute ganz und gar der göttlichen Führung, lehnte sich aber nicht zurück: Der heilige Johannes von Capestrano kann Männern ein Vorbild der Zielstrebigkeit sein.
Anfang des 15. Jh. waren in Italien die uns heute vertrauten Schlussworte des "Gegrüßet seist du, Maria": – jetzt und in der Stunde unseres Todes – in Gebrauch gekommen. Bei uns fanden sie besonders durch das Wirken des hl. Johannes von Capestrano Eingang und Verbreitung. An seine aufrüttelnden (und langen) Predigten 1451 erinnert die Kapistrankanzel an der Nordseite unseres Domes. Wer war dieser Mann, eine prägende Gestalt der Kirche in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts?
Geboren wurde er 1386 im kleinen Abruzzendorf Capestrano als Sohn eines eingewanderten Barons; er studierte in Perugia Rechte und wurde dort 26jährig zum Bürgermeister gewählt. Bei den folgenden Städtekämpfen geriet er in Gefangenschaft. In der strengen Kerkerhaft erlebte er seine persönliche Bekehrung. Er ließ seine Ehe annullieren und trat 1415 nach seiner mit einer hohen Geldsumme erkauften Freilassung in den Franziskanerorden ein, empfing die Priesterweihe, war als Volksmissionar tätig und sorgte für die Ausbreitung seines Ordens (nach der strengeren Ausrichtung der Observanten). Der Papst ernannte ihn zu seinem Legaten mit Wirksamkeit in Böhmen, in Deutschland, den Niederlanden, Polen. 1456 starb er in Ilok in Ungarn, kurz nach der Entscheidungsschlacht von Belgrad, bei der er entscheidend zum Sieg des christlichen Heeres über die Türken beitrug.
Die zwei Schlussworte des "Gegrüßet seist du, Maria" will ich zur Charakterisierung seines Lebens heranziehen, den Blick auf den Tod als Durchgang, als Wandlung hinein ins ewige Lebens und den Blick für die Anforderungen der Gegenwart, des Jetzt und Heute.
Seine Bekehrung in der Gefangenschaft veränderte grundlegend sein Leben, gab diesem ein Ziel und eine Ausrichtung. Diese Prüfung, diese Krise, hatte eine wesentliche Kurskorrektur zur Folge. Er erkannte den "Platz", wo Gott ihn haben wollte und bejahte ihn. Prüfungen und Krisen als Möglichkeiten sehen, sein Leben neu aus- bzw. einzurichten, Bisheriges zu lassen und frei zu sein für Neues, ist keine selbstverständliche und leichte Sache, das erfordert Mut und Stärke.
Die Tatsache, dass er sich ganz und ohne Vorbehalte Gott zur Verfügung stellte ("Dein Wille geschehe an mir und durch mich") öffnete ihm den Blick für die Nöte seiner Zeit, für die Gefährdungen der Christen von innen und außen. Sein Einsatz lässt sich umschreiben mit: verkünden, ermutigen, ermahnen, verbinden, versöhnen und stärken.
Wer bei seinen Einsatz im Heute und Jetzt ein Ziel vor Augen hat und sein Wirken darauf hin ausrichtet, wird sich vor zwei Fehlhaltungen hüten: Dem planlosen Hin- und Herhüpfen ebenso wie dem resignierten Sitzenbleiben mit der klagenden Begründung: Was kann ich da schon dagegen oder dafür tun. Dazu fällt mir ein Wort ein, das Kaiser Marc Aurel in seinen Selbstbetrachtungen niederschrieb: "Dein Mangel an Begabung reicht völlig hin, dich selbst zu bessern."
Auf Johannes von Capestrano trifft die Bezeichnung "zielstrebiger, bewegter Mann" voll und ganz zu. Seine tiefe Gottesbeziehung, sein Vertrauen, reifte im Zulassen, Hergeben und Annehmen der göttlichen Führung. Seine Liebe und sein Einsatz galt seiner Kirche, einer Kirche, die von außer her gefährdet war, aber auch im Inneren einer Reform dingend bedurfte. Für zielstrebige, bewegte Männer böte sich heute ein weites Wirkungsfeld.