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22.04.2014 · Weltkirche

"Johannes XXIII. war konservativ und dennoch geschätzt"

Religionsjournalisten Gaisbauer

Das Charisma, "aus dem Herzen zu sprechen", habe der jetzige Papst Franziskus mit Johannes XXIII. gemeinsam, so Autor Hubert Gaisbauer.

Zweites Buch des Religionsjournalisten Gaisbauer über Konzilspapst Johannes XXIII.: "Ein Heiliger kann jeder werden", erschienen bei Tyrolia.

Ob ein Papst "konservativ" oder "progressiv" ist, ist zweit- oder gar "drittrangig" dafür, ob das Evangelium Resonanz in den Herzen der Menschen findet. Das hat der Religionsjournalist Hubert Gaisbauer betont, der kürzlich sein zweites Buch über den Konzilsinitiator Johannes XXIII. vorlegte.

 

Der Roncalli-Papst, der am 27. April 2014 zusammen mit Johannes Paul II. heiliggesprochen wird, sei zweifellos ein konservativ denkender Mensch und dennoch geschätzt, verehrt und geliebt weit über Kirchenkreise hinaus gewesen. Gaisbauer äußerte über den Papst aus einfachsten Verhältnissen die Überzeugung, "dass fortschrittlich oder konservativ absolut keine Kategorien sind, die man anwenden kann, um zu sagen, wie sich Kirche der Welt und den Menschen gegenüber verhalten soll".

 

Wie Papst Franziskus aus dem Herzen gesprochen

Laut Gaisbauer teilt der jetzige Papst Franziskus mit Johannes XXIII. das Charisma, "aus dem Herzen zu sprechen". Andere Päpste hätten mehr "aus dem Kopf gesprochen", auch das solle seinen Platz haben, wenngleich für den Publizisten seine Priorität klar sei: In seinem eigenen Lebensweg sei ihm Johannes XXIII. und dessen gelassener, von Gottvertrauen getragene Auseinandersetzung mit dem Altern und Sterben zum verehrten Vorbild geworden, wie Gaisbauer erzählte.

 

Giuseppe Roncalli sei als junger Priesteranwärter draufgekommen, dass es zu unterscheiden gelte zwischen der Substanz und der - nachrangigen - Erscheinungsform. Als noch vom 19. Jahrhundert geprägter Mensch habe er - anders als jetzt Papst Franziskus - auf das mit seinem Papstamt verbundene "Brimborium" nicht verzichtet, wie Gaisbauer hinwies: Er trug bei Festanlässen die Tiara (Papstkrone), verwendete den Majestätsplural "Wir" in seinen Ansprachen, feierte die täglich zu haltende Messe wenn nötig auch alleine und ließ sich in der eigenen Familie mit "Zio (Onkel) Monsignore" ansprechen - allesamt Aspekte, die heute alles andere als "modern" erscheinen.

 

Glaube ist "kein Museumsstück

Bleibend aktuell war - so Gaisbauer - allerdings die am Ende seines Lebens geäußerte Überzeugung: "Nicht das Evangelium ändert sich, wir sind es vielmehr, die sich ändern" und sich unter Einbeziehung der Zeichen der Zeit immer wieder fragen müssen, was die Frohbotschaft jetzt im je eigenen Leben bedeutet. "Aggiornamento" habe für Johannes XXIII. letztlich bedeutet, dass der Glaube "kein Museumsstück, sondern ein lebendiger Baum" ist.

 

Kirchlichen Antimodernismus "erlitten"

Prägend für die so gar nicht starre Haltung des Sprosses einer Bauernfamilie aus Norditalien war laut Gaisbauer die geistige Enge des kirchlichen Antimodernismus unter Pius X. (1903-1914), die Roncalli an der Seite seines Bischofs von Bergamo, Giacomo Radini Tedeschi, "erlitten" habe. Gleichsam mit "Stasi-Methoden" sei einmal eine Postkarte eines fortschrittlich denkenden früheren Studienkollegen abgefangen worden. Roncalli selbst sei deswegen "des Modernismus verdächtig" geworden, wie eine Aktennotiz des Heiligen Offiziums im Vatikan zeigt. Seine Lehre daraus: Die Kirche muss sich auch mit Irrenden dialogisch auseinandersetzen, nicht autoritär. Und es gelte menschenfreundlich umzugehen auch mit jenen Menschen, die "nicht auf Linie" sind.

 

Ein Papstportrait abseits von "Klischees"

Gaisbauer zeichnet in seinem 272 Seiten umfassenden Buch ein Bild von Johannes XXIII. abseits von "Klischees" wie umstürzender "Reformpapst" oder gutmütig-harmloser "Papa buono". Im Vorwort schreibt er: "Das Leben von Johannes XXIII. kann als heiligmäßig empfunden werden, weil es nicht nur 'eingetaucht' war in den Heiligen Geist, sondern auch in die Nöte und Schwächen seines Charakters..." Als Beispiele dafür nennt der Autor die anfänglich besserwisserische Attitüde gegenüber seiner Familie, seine von ihm selbst bekrittelte Geschwätzigkeit, eine gewisse "Wehleidigkeit" und eine Leibesfülle, die auf Freude am Essen zurückging. Auch Glaubenszweifel seien Roncalli nicht fremd gewesen, wie eine Bemerkung des damaligen Patriarchen von Venedig gegenüber seinem Sekretär Loris Capovilla zeige: Nach dem Tod einer seiner Schwestern habe der spätere Papst düster gemeint: "Weh uns, wenn das alles nur eine Illusion ist."

 

Roncallis geistliches Tagebuch, das er als 14-Jähriger begonnen habe, ist für Gaisbauer ein überaus beeindruckendes Lebenszeugnis des "Wachsens im Glauben und aus dem Glauben". Roncalli habe sich aus - so erscheine es heute - oft "gotterbärmlicher Enge", ja Verklemmtheit, im Lauf der Jahre befreit und sei von selbstquälerischer Disziplinierung hin zu Gelassenheit und vertrauensvoller Ergebenheit in den Willen Gottes gelangt. Das habe auch eine atheistische Philosophin jüdischer Herkunft wie Hannah Arendt erkannt, die es in einem Nachruf auf Johannes XXIII. auf den Punkt brachte: "Sein Glaube war: Dein Wille geschehe."

 

Ein sympathischer Papst reicht nicht

Freilich ist sich Hubert Gaisbauer bewusst, dass auch der sympathischste Papst alleine keinen nachhaltigen Aufschwung des Christentums bewirken kann: Nicht umsonst schärfe der heute so beliebte Papst Franziskus die Notwendigkeit einer missionarischen Kirche ein, die die verstärkte Mitverantwortung der Laien brauche. Das Wohl und Wehe der Kirche werde sich auch nicht an den "heißen Eisen" Zölibat oder Frauenpriestertum entscheiden, ist Gaisbauer überzeugt; man müsse die Größe haben zu erkennen, dass es Wichtigeres gibt. Sich ständig nur daran zu reiben dürfe nicht als Vorwand herhalten, "dass man nichts zu tun braucht", so der Journalist.

erstellt von: KAP (22.4.2014)
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Weitere Informationen:

Hubert Gaisbauer

"Ein Heiliger kann jeder werden. Lebendig glauben mit Johannes XXIII."

Verlag: Tyrolia

ISBN 978-3-7022-3326-6

Preisinfo: 19,95 Euro

Das Buch in der Dombuchhandlung online erstehen.


Hubert Gaisbauer

"Ruhig und froh lebe ich weiter - Älter werden mit Johannes XXIII."

Verlag: Tyrolia

ISBN 978-3-7022-3326-6

Preisinfo: 22,50 Euro

Das Buch online in der Dombuchhandlung erstehen.


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Eine Lern- und Begegnungsreise nach Lodwar, Kenia

Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung – Eine Lern- und Begegnungsreise nach Lodwar, Kenia

Eine Gruppe aus der Erzdiözese Wien reist im Juli 2025 nach Lodwar, Kenia – für interkulturellen Austausch, gemeinsames Lernen und gelebte weltkirchliche Solidarität.

Papst Leo XIV.

Leo XIV. stärkt Reformprozess der Weltsynode

Der Papst traf Mitglieder des Ordentlichen Rates des Generalsekretariates der Bischofssynode. Leo XIV.: "Synodalität ist ein Stil, eine Haltung, die uns hilft, Kirche zu sein und authentische Erfahrungen von Teilhabe und Gemeinschaft zu fördern".

Missio-Österreich-Direktor Begegnung mit Papst Leo XIV

P. Wallner: Weltmission Schlüssel für Aufbruch der Kirche in Europa

Missio-Österreich-Direktor nach Begegnung mit Papst Leo XIV.: Kirche muss selbstbezogene Haltung überwinden. Päpstliche Missionswerke wollen "Brückenfunktion" einnehmen.

Österreichs katholische Kirche dankt für neuen Papst Leo XIV.

Österreichs katholische Kirche dankt für neuen Papst Leo XIV.

Kardinal Schönborn beim "Te Deum" im Stephansdom: Das Bekenntnis zu Christus ist ein Fels, auf den die Kirche gebaut ist. Der 267. Nachfolger Petri in 2000 Jahren zeigt  Kontinuität.

Papst Leo XIV.

"Sich klein machen, damit Christus bleibt" - Erste Papstpredigt im Wortlaut

Wortlaut der Predigt von Papst Leo XIV. bei der Messe mit den Kardinälen am 9. Mai 2025 in der Sixtinischen Kapelle.

Schönborn: Papst kam früher schon gerne nach Österreich

Schönborn: Papst kam früher schon gerne nach Österreich

Kardinal Schönborn bei einer Pressekonferenz in Wien über die Affinität des neuen Papstes zu Österreich, seine künftigen Akzentsetzungen und warum ein Teamplayer an der Spitze der Katholischen Kirche so wichtig ist.

Rauch- und Hoffnungszeichen

Von einem, der ohne große Erwartungen auf den Petersplatz geht und voll Hoffnung davon zurückkommt…

Der neue Papst trägt den Namen Leo - In den Spuren großer Vorgänger

Kardinal Robert Francis Prevost hat sich für den Namen Leo XIV. entschieden. Mit diesem Namen tritt er in eine traditionsreiche Reihe ein - Von Christiane Laudage.

Beten für den neuen Papst und die Kirche

Gebet, Andacht und Fürbitten für den neuen Papst und die Kirche.

Papst Leo XIV.

Papst Leo XIV. setzt zu Beginn klare Signale

Der neue Papst in seiner erstern Ansprache: "Wir wollen gemeinsam unterwegs sein, den Frieden und die Gerechtigkeit ohne Furcht suchen. Wir wollen gemeinsam als Missionare unterwegs sein."

Robert Prevost ist Papst Leo XIV.

Robert Prevost ist Papst Leo XIV.

Der 69-jährige ist der erste US-Amerikaner als Papst. "Habemus Papam" verkündete Kardinal-Protodiakon Mamberti vor mehr als 100.000 jubelnden Gläubigen auf dem Petersplatz.

Weißer Rauch: Neuer Papst im vierten Wahlgang gewählt

Weißer Rauch: Neuer Papst im vierten Wahlgang gewählt

Name des neuen Papstes wird in Kürze von der Mittelloggia des Petersdoms aus der Öffentlichkeit verkündet.

Stille kommunizieren

Mehr als  5000 Medienschaffende ringen zurzeit auf dem Petersplatz in Rom um Worte. Information ist teuer. Vor allem kostet sie enormes Engagement.

Ein Blogbeitrag von Georg Schimmerl aus Rom.

Papstwahl: Donnerstagmittag wieder schwarzer Rauch

Papstwahl: Donnerstagmittag wieder schwarzer Rauch

Nach drei Wahlgängen im Konklave noch kein neuer Papst. Erneut Tausende auf dem Petersplatz.

Konklave: Schwarzer Rauch über der Sixtina

Konklave: Schwarzer Rauch über der Sixtina

Wie erwartet am Mittwochabend noch keine Entscheidung bei Papstwahl. 45.000 Menschen auf dem Petersplatz.

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