Simon in mitten der Kinder, die er betreuen durfte.
Simon in mitten der Kinder, die er betreuen durfte.
Gott…
…ist überall.
Selbst ich als kaum religiöser Mensch bin mir darüber im Klaren.
Seitdem ich mir darüber im Klaren bin, wie gut es uns in Österreich geht, wollte ich immer ein Land der so genannten Dritten Welt sehen (wer will das nicht). Doch sich aufzumachen und zu sagen: „ich nehme mir Zeit, spare Geld und organisiere mir eine Reise“ ist etwas ganz anderes. Jeder der wirkliche „Träume“ hat, weiß, was ich meine. Dass ich dann tatsächlich nach Äthiopien geflogen bin, war eigentlich glücklicher Zufall, ja es war Glück, in jedem Verständnis des Wortes.
Gewohnt habe ich in Äthiopien in Dire Dawa bei den "Sisters of Charity", den Mutter Teresa Schwestern. Dire Dawa ist etwa so groß wie Graz. Die Unterkunft war wunderbar. Ich hatte ein Bett und zwei Klos, über denen Duschköpfe montiert waren. Es war dürftig, wie man in Österreich sagen würde, aber das hat den Charme des Ganzen erst so richtig ausgemacht. Die Einfachheit der Dinge lässt einen auf die wesentlichen Dinge im Leben blicken, weil es Zerstreuung, wie in Europa, dort nicht gibt. Das mag zwar so klingen, als ob ich diesen Satz aus einem Prospekt für einen Kururlaub abgeschrieben hätte, aber ich mache hier keine Werbung, ich erzähle einfach wie es war.
Arbeit gab es an jeder Ecke und wenn nicht, konnte man sich einfach zu den Kranken gesellen und ihnen den Tag verkürzen. Meine Arbeit, also die Arbeit für die ich mich entschieden habe, war Wunden verbinden. Alles ist anders als bei uns: die Patienten, die Wunden, der Umgang mit den Patienten und die Methoden. Ich habe Sachen gesehen, die sich in Wien wohl wie ein schlechter, geschmackloser Scherz anhören.
Doch was trotz dieser Umstände in Dire Dawa fasziniert und auffällt, ist der Umgang mit der Armut. Trotz Krankheit, trotz Behinderung und trotz finanzieller Not verlieren die Menschen nicht ihre Fröhlichkeit. Ich kann nur jedem empfehlen, sich selbst ein Bild davon zu machen. Es ist das, was Afrika zu dem macht, was es ist. Meine Reise wurde erst durch die Menschen zu dem, was sie für mich bedeutet.
Ein weiterer Eindruck, den ich von dort bis in mein Grab mitnehmen werde, ist der, den die Kinder bei mir hinterlassen haben. Wenn man in den "Frauencompound" gekommen ist, sind einem sofort ein halbes dutzend Kinder entgegengelaufen. So etwas Offenes wie diese Kinder habe ich noch nie gesehen. Wenn zwischen den Kindern und einem Selbst nicht mindestens eine geschlossene Tür liegt, kommt man nicht umhin, sie zu tragen, mit ihnen zu reden, kämpfen, tanzen, sie in die Luft zu werfen oder sie einfach zu jagen (letzteres ist nicht in der Nacht zu empfehlen. Dabei hab ich mir sehr wehgetan, was die Freude der Kinder Gott sei Dank nicht gemindert hat). Bei der Abreise möchte man am liebsten zwei oder drei der Kinder einfach mitnehmen. Man entkommt ihrer Liebe nicht.
…ist überall. Selbst ich als kaum religiöser Mensch bin mir darüber im Klaren. Die Frage ist nur, wie gut man ihn sehen kann. Ich kann nur sagen wer ihn dort sucht, der findet ihn. Auch wenn man wie ich keine wirklich religiöse Arbeit verrichtet, wird die Lehre der Nächstenliebe einem viel leichter erkenntlich. Man denkt sie nicht oder predigt über sie, sondern man lebt sie zwangsweise. Es fällt einem einiges auf, was man vorher nicht verstanden hat.
…ist anders. Einer der überwältigendsten Eindrücke, die man erfährt, ist die Vorstellung der Afrikaner vom Leben. Die Welt ist dort auf den Kopf gestellt. Der entscheidende Punkt ist, dass das System funktioniert. Vielleicht funktioniert es auf Kosten mancher Werte, doch dafür gehen andere nicht verloren. Man wird bald merken, dass Armut oft nur eine solche ist, wenn man sich arm fühlt.
Egal was man nach Afrika mitbringt, gibt und beibringt: Man hat keine andere Möglichkeit, als weit mehr als das Gegebene wieder mit nach Hause zu nehmen: es prägt einen.