Petrus Canisius - ein leidenschaftlicher Seelsorger und Kirchenreformer im Wien der frühen Neuzeit.
Petrus Canisius - ein leidenschaftlicher Seelsorger und Kirchenreformer im Wien der frühen Neuzeit.
Am 8. Mai jährt sich der Geburtstag des Heiligen Petrus Canisius zum 500. Mal. In und von Wien aus gab er nachhaltige Impulse zur religiösen Erneuerung, die die katholische Kirche in Mitteleuropa über Jahrhunderte prägten.
Er war der erste deutschsprachige Jesuit, Lehrer, Theologe, Prediger, Berater des römisch-deutschen Königs und späteren Kaisers Ferdinand I., Theologe auf dem Konzil von Trient, erfolgreicher Autor zahlreicher Schriften, vor allem eines wahren Bestsellers - des ersten katholischen Katechismus - und kurzzeitig auch als Diözesanadministrator an der Spitze der Diözese Wien, die Kirche verehrt ihn als Heiligen und Kirchenlehrer: vor 500 Jahren, am 8. Mai 1521, wurde Petrus Canisius in Nijmwegen am Niederrhein geboren.
Universitätsprofessor Thomas Prügl über das Wirken des Petrus Canisius in Wien.
Canisius baut Wien wieder auf
Beeindruckt von Peter Faber, einem der frühen Gefährten des Ordensgründers Ignatius, trat er 1443 als erster Deutscher in den jungen Jesuitenorden ein. Von Ignatius von Loyola persönlich nach Deutschland gesandt, kam er am 9. März 1552 von Ingolstadt kommend in Wien an, um hier in knapp vier Jahren eine nachhaltige Erneuerung des kirchlichen Lebens einzuleiten, die in den ganzen deutschsprachigen Raum ausstrahlte. Wien lag im Frühjahr 1552 aus kirchlicher Sicht am Boden: die Diözese war wesentlich kleiner als heute, hatte gerade keinen Bischof, nur drei Pfarren waren ordentlich mit einem Priester besetzt, seit 20 Jahren hatte es keine Priesterweihe mehr gegeben, auf der theologischen Fakultät fanden sich nur mehr eine Handvoll Studenten und Lehrer.
Der Großteil der Bevölkerung, aber auch des Klerus, hatte sich der jungen protestantischen Bewegung zugewandt. Gleichzeitig war Wien aber auch Residenzstadt des römisch-deutschen Königs Ferdinand I. und damit ein bedeutendes, politisches Machtzentrum. Ferdinand I. erkannte das Potential der Jesuiten, die 1551 in Wien angekommen waren. Die wenigsten von ihnen waren allerdings zu Beginn der Landessprache mächtig.
Umso willkommener war die Ankunft des deutschsprachigen Petrus Canisius. Die jungen Jesuiten hatten eine klare Vorstellung von ihrer Mission in Wien: Sie setzten auf Predigt, Bildung der Jugend und auf unkonventionelle Wege der Seelsorge. Wenn Papst Franziskus heute von den „existentiellen Rändern“ spricht, an denen die Kirche präsent sein muss, so hat er vermutlich auch das Wirken dieser ersten Generation seiner Ordensfamilie vor Augen.
1552 hatte die Pest Wien fest im Griff. Das öffentliche Leben war weithin eingeschränkt. Die Antwort von Canisius und seinen Gefährten auf diese Situation machte einen starken Eindruck auf die Bevölkerung. Die Priester besuchten Kranke, standen ihnen seelsorglich aber auch ganz praktisch bei, gingen in die kleinen Dörfer außerhalb der Stadt, wo das kirchliche Leben praktisch erloschen war, predigten in den großen Kirchen Wiens, zunächst in der Dominikanerkirche, später in der Kirche am Hof, aber auch im Stephansdom, in der heutigen Franziskanerkirche und nicht zuletzt am Hof von König Ferdinand selbst. Dieser vertraute Canisius den Wiederaufbau der Universität, vor allem der theologischen Fakultät, an.
Petrus Canisius: Bildung als Schlüssel
Canisius nahm die Berufung an die Universität an, obwohl das seinen Vorstellungen nicht entsprach und ihm dort der rauhe Wind einer überwiegend protestantischen Professorenschaft entgegenschlug. Er begnügte sich auch nicht mit dieser herausfordernden Tätigkeit. Sein Ziel war vor allem die Errichtung eines Jesuitenkollegs, wie er es Jahre zuvor, als junger Jesuit bereits in Sizilien mitaufgebaut hatte. Dabei handelte es sich um eine allgemein zugängliche Bildungseinrichtung für junge Menschen, in der großer Wert auf Sprachunterricht gelegt wurde. Untrennbar verbunden damit war die religiöse Formung und Erziehung. Sprachunterricht war in diesem Konzept gleichzeitig Religionsunterricht.
Vom König erhält Canisius die Kirche und das Kloster „am Hof“. In wenigen Jahren bildete dieses erste „Jesuitenkolleg“ in Mitteleuropa hunderte junger Männer heran, die später bedeutende Aufgaben im öffentlichen und kirchlichen Leben wahrnahmen. Auf das Wiener Kolleg folgten weitere Gründungen im gesamten deutschen Sprachraum. Sie waren wesentlichen Motoren für die Reform von Kirche und Gesellschaft und damit für eine neue, breite gesellschaftliche Relevanz der katholischen Kirche im deutschsprachigen Raum.
Alles, nur nicht Bischof!
Wien brauchte gleichzeitig dringend einen neuen Bischof. Wunschkandidat von König Ferdinand war Canisius. Der aber erkannte scharfsichtig, dass er damit sein seelsorgliches Reformprojekt nicht mehr ungehindert fortsetzen konnte und widersetzte sich den Wünschen des Königs vehement. Als dieser den Papst persönlich bemühte, griff der Ordensgründer und Generalobere Ignatius persönlich zugunsten seines deutschen Mitbruders ein. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Canisius leitete von Dezember 1554 bis zum Frühjahr 1556 als Diözesanadministrator das Bistum Wien. Das Amt nahm er allerdings eher „pro forma“ an.
Er führte vielmehr seine Predigttätigkeit fort und verfasste daneben sein einflussreichstes Werk: den ersten katholischen Katechismus – eine Gesamtdarstellung des katholischen Glaubens in Frage- und Antwortstil. Auf das erste, ausführliche Werk folgten eine Kurzfassung als Hilfe für Seelsorger und Gläubige und schließlich ein einprägsamer Kurzkatechismus für den Unterricht. Der Erfolg des Katechismus zeigte sich schon an seiner raschen Übersetzung in verschiedene Sprachen und seine internationale Verbreitung. Noch zu Lebzeiten des Canisius wurde er mindestens 600 Mal aufgelegt.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhundert erreicht der „Kanisi“, das Synonym für katholisches Glaubenswissen schlechthin, etwa 1.200 Neuauflagen und zahlreiche Nachahmer. Fraglos trug Canisius damit zu einer nachhaltigen, die folgenden Jahrhunderte prägenden Reform der katholischen Kirche durch Bildung und solides Wissen über die Lehre der Kirche weit über den deutschen Sprachraum hinaus bei.
1556 ernannte ihn Ignatius von Loyola zum ersten Provinzial der neuerrichteten deutschen Ordensprovinz. In dieser Funktion besuchte er in den folgenden Jahren Wien immer wieder. Canisius, obwohl auch später nie Bischof, hat bis heute seinen Platz in der Liste der Wiener Oberhirten. Nach seiner Heiligsprechung im 19. Jahrhundert wurde er auch zum Kirchenlehrer und „zweiten Apostel Deutschlands“ erklärt. Sein liturgischer Gedenktag fällt im deutschen Sprachraum auf den 27. April, in der Gesamtkirche wird er an seinem Todestag, dem 21. Dezember, gefeiert.
Der runde Geburtstag von Petrus Canisius wird auch in Wien auf verschiedene Weise begangen.
Am 27. April, seinem liturgischen Gedenktag im deutschen Sprachraum wurde in Wien die neue zentraleuropäische Jesuitenprovinz gegründet.
Am 10. Mai feiert Kardinal Schönborn um 18.00 Uhr Im Stephansdom einen Festgottesdienst zu Ehren des bislang einzigen Heiligen und Kirchenlehrers in seiner „Ahnenreihe“ als Bischof von Wien.
Um 20.00 Uhr folg eine Podiumsdiskussion mit:
P. Markus Inama SJ, Superior in Wien
Gabriele Eder-Cakl, Pastoralamtsleiterin Linz
Astrid Schweighofer, ev. Theologin, ÖAW
Moderation: Dr. Henning Klingen (Kathpress)
Die Veranstaltung findet live auf ZOOM statt.
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Es ist keine Anmeldung erforderlich. Die Teilnahme ist kostenlos.
Die Canisiuspfarre in Wien-Alsergrund veranstaltet das ganze Jahr über einen „Canisitalk“ zu aktuellen kirchlichen Themen. So spricht am 5. Mai der Wiener Theologe Paul Zulehner über die „Zukunft von Kirche und Pfarrgemeinden.“