Eine Alternative zum bereits jahrzehntelangen "Camino-Boom" ist der Olavsweg in Norwegen.
Eine Alternative zum bereits jahrzehntelangen "Camino-Boom" ist der Olavsweg in Norwegen.
Wallfahrten zu Fuß boomen. Ein Geheimtipp ist noch der landschaftlich und spirituell ergiebige Weg zwischen Oslo und Trondheim, der heuer im Programm des christlichen Tourismusunternehmens "Weltanschauen" stand und die Teilnehmenden begeisterte. Ein Bericht Von Robert Mitscha-Eibl.
Schon im Mai hieß es in Nordspanien: "Wohin mit all den Pilgern?" Engpässe bei den Pilgerherbergen ließen ein neuerliches Rekordjahr auf dem Jakobsweg vermuten. Eine Alternative zum bereits jahrzehntelangen "Camino-Boom" ist der Olavsweg in Norwegen - und eine mit spirituellem und ökologischem Mehrwert, wie Christoph Mülleder, Anbieter von nachhaltigen Reisen, mitteilte. Als Vorzüge des Wandelns auf den Spuren des legendären Königs Olav II. Haraldsson (995?-1030) nennt er "einsame Wälder, besondere spirituelle Orte und Kirchen, gastfreundliche Menschen, rote Holzhäuser, urige Pilgerherbergen, geschichtsträchtige Gebäude, die einzigartige Natur und besondere Begegnungen mit Pilgern, die fernab von den großen Pilgerströmen Stille und Natur suchen".
Unter dem Titel "Pilgern auf dem Olavsweg von Oslo aufs Dovrefjell" hatte "Weltanschauen", ein von Mülleder gegründetes oberösterreichisches Tourismusunternehmen mit kirchlichem Hintergrund und "Travelife"-Zertifizierung für Nachhaltigkeit im Tourismus, die Norwegenreise im Sommer 2023 im Programm. Eine mehr als gute Entscheidung, wie der langjährige Mitarbeiter der Caritas OÖ heute weiß. Die begeisterten Rückmeldungen der 18 Teilnehmenden nach der Heimkehr am 8. August sprechen für sich.
Die Olavswege - auch "Nidaroswege" nach dem alten Namen der Zielstadt Trondheim genannt - sind, ähnlich dem Jakobsweg, ein Netzwerk aus mehreren Pilgerwegen, die alle am norwegischen Nationalheiligtum Nidaros-Dom enden. Auf verschiedenen Etappen geht es von Oslo zum dortigen Grab des heiligen Olav. Der Wikingerkrieger und König gilt als Norwegens größter Heiliger, der 1020 mit der Festlegung des Christentums als offizielle Religion den Grundstein für ein christliches Reichskönigtum gelegt haben soll.
Seit 1982 Papst Johannes Paul II. und der Europarat 1987 zu einer Wiederbelebung der Jakobswege aufriefen, setzte überall auf dem ganzen Kontinent eine Renaissance des Pilgerns ein. 1997 wurden auch die Olavswege wiederbelebt. Der bekannteste ist die 643 Kilometer lange Strecke von Oslo durch das malerische Gundbrandsdal - der "Gundbrandsdalsleden". Die Zahlen sind mit knapp 2.000 Langstreckenpilgern weit entfernt von den rund 300.000 Jakobspilgern pro Jahr.
Die Anreise der "Weltanschauen"-Gruppe war laut Mülleder schon das erste Highlight: Sie erfolgte umweltschonend mit dem Zug nach Hamburg und der Fähre von Kiel nach Oslo, Abendessen im Panoramarestaurant und gemütliche Kabinen inklusive. "Das ist viel schöner, entspannter und ökologischer als Fliegen", verwies der "sanfte Touristiker" auf den Grundsatz seines Unternehmens, in Europa am Land- bzw. Seeweg, wo immer möglich, mit Öffis unterwegs zu sein.
Heuer stand die erste Hälfte des Olavsweges bis zum Dovrefjell-Nationalpark auf dem Programm, im Sommer 2024 sollen die Etappen bis Trondheim folgen. Insgesamt waren die Pilger aus Österreich heuer sechs Tage, knapp 100 km und ca. 3.000 Höhenmeter bergauf zu Fuß unterwegs, lernten verschiedenste Landschaften kennen. Neben spirituellen Impulsen in Form von Bibelstellen, Schweigephasen, Gesängen und Stopps in Kirchen und in der Natur gab es von den beiden Begleitpersonen auch Hintergrundinformationen zu Land und Leuten.
Die Tagesetappen waren von der Distanz her nicht allzu lang gewählt, die vielen Höhenmeter erforderten aber eine gute Kondition, so Mülleder. "Wir haben keinen Gepäcktransport vor Ort, alles, was wir für die Reise brauchen, tragen wir selber", lautete die Vorgabe an die Interessierten. "Das Programm war wunderbar, ein Mix aus Kultur, Pilgern, Gemeinschaft, Schweigend gehen in wunderschöner Landschaft", hieß es im Blog rückblickend von einer Olavs-Pilgerin. Eine andere empfand die Reise als einen "Schritt mehr in die Erfahrung, auch in der Fremde Heimat zu spüren, sich zugehörig zu fühlen, die Freude an der Schöpfung in Dankbarkeit zu erleben und dies auch teilen zu können". Pilgern in Norwegen "ist eine Entdeckungsreise zu den Quellen des Lebens und zu sich selbst", schrieb ein weiterer Teilnehmer in sein Reisetagebuch.
Die Nachfrage nach solchen Reisen mit möglichst kleinem ökologischem Fußabdruck und möglichst großer Horizonterweiterung steigt laut Christoph Mülleder beständig. Einen Impuls, dass Anbieter wie er immer mehr heraus aus der "Nische" kommen, habe die Corona-Pandemie gegeben: Was Reiselustige während den Quarantänezeiten tun konnten - Wandern und Pilgern - erfreue sich auch jetzt noch großer Beliebtheit. Und: "Immer mehr Leute reisen auch wegen der Klimakrise bewusster."
Kirchliche Organisationen sind regelmäßige Partnerinnen von "Weltanschauen". Mülleder organisiert Reisen für die Katholische Frauenbewegung (kfb), das Katholische Bildungswerk, das Sozialreferat der Diözese Linz, zu Caritas-Projektpartnern sowie Leserinnenreisen für die Zeitschrift "Welt der Frauen". Bei allen Reisen sind Einblicke in die soziale Realität des besuchten Landes deklariertes Ziel: "Der Zusammenhang zwischen ökologisch verantwortlichem Handeln und sozialer Gerechtigkeit wird dadurch deutlich", verwies Mülleder auf die Querverbindungen von Armut und Klimakrise.
In Kooperation mit der kfb gibt es heuer noch eine Reise "auf den Spuren von Frauen, die verändern" - in diesem Fall die heilige Hildegard von Bingen; weiters eine Fahrt zu Caritaspartnern nach Albanien, eine Pilgerwanderung am Franziskusweg von Assisi nach Rom und ein Trip in die europäische Kulturhauptstadt 2023, Temeswar. Die einzige Reise, die noch nicht ausgebucht ist, führt mit Ferdinand Kaineder der Präsident der Katholischen Aktion Österreich an: Pilgern am ökumenischen Pilgerweg Via Porta in Deutschland vom 6. bis 15. Oktober.
Info: www.weltanschauen.at