Der emeritierte Bischofsvikar des Nord-Vikariates Matthias Roch ist Mitinitiator des Jakobsweges Weinviertel.
Der emeritierte Bischofsvikar des Nord-Vikariates Matthias Roch ist Mitinitiator des Jakobsweges Weinviertel.
Wir dürfen unser Ziel, das Reich Gottes, nicht aus den Augen, verlieren, sagt der emeritierte Bischofsvikar Matthias Roch im Interview mit dem SONNTAG. Die Kirche ist der Weg dorthin.
Seit dem Zweiten Vatikanum spricht man von der Kirche als pilgerndes Gottesvolk. Was heißt das?
Matthias Roch: Für mich: gemeinsam im Glauben unterwegs zu sein. Es bedeutet aber auch: Es ist nicht jeder immer in Hochstimmung, nicht immer, wie wir gerne sagen, „toll drauf“. Aber er wird getragen von denen, die in dieser Bewegung momentan drinnen sind. Sowie es beim Pilgern heißt: "Man muss so pilgern, dass auch der Schwächste mitkommt", so empfinde ich auch dieses gemeinsame Unterwegssein des pilgernden Gottesvolkes. Wir können nicht als Elite vorne wegmarschieren und hinten in der Nachhut spielt sich irgendetwas anderes ab.
Ist es Aufgabe der Kirche, den Pilgerboom als Chance zu begreifen, die religiöse Dimension des Pilgerns sichtbar zu machen?
Matthias Roch: Als Kirche im Weinviertel wollen wir diesen Trend, Bewegung zu machen, im positiven Sinne nützen. Es gibt Menschen, die zur Kirche einen Zugang über das Wandern finden. Wir haben schon beim Weinviertler Pilgerweg gespürt, dass Menschen mit unterschiedlichen Motivationen dabei waren. Manche wollten Kirchen sehen, wo sie sonst nicht hineingegangen wären. Andere wollten testen, wie es ist, 20 Kilometer am Tag zu gehen. Plötzlich merkt man aber, dass eine Sehnsucht gestillt wird. Es geschieht mit ihnen etwas auf diesem Weg. Das ist die große Chance der Kirche, dass man mit Menschen Begegnung findet, die plötzlich auch Fragen haben, die in ihr Innerstes gehen. Fragen nach dem Leben, nach der Religiosität. Der „Erfolg“ gibt uns nach den ersten fünf Jahren des Jakobswegs Weinviertel recht.
Ist der Höhepunkt einer Pilgerreise der Zielort, oder der Prozess, welcher im Laufe des Weges durchschritten wird?
Matthias Roch: Ich bin davon überzeugt, dass "der Weg ist das Ziel" kein Motto für das Pilgern sein kann. Ohne Ziel gibt es nicht wirklich ein Pilgern im religiösen Sinn. Es ist das Schöne an den Jakobswegen nach Santiago, dass man klar weiß, das ist das Ziel. In Drasenhofen steht am Wegweiser "3000 Kilometer". Ob jemand bis dorthin kommt, das ist eine andere Frage. Es prägt sich im Innersten etwas ein, wie wir unser Leben als Pilger begreifen können. Wir gehen einem Ziel entgegen. Dass natürlich einige Etappen auf dem Weg schon kleine Zielerfüllungen sind, ist schon gut so. Wo man wieder reifer wird, tiefer in sein Leben hineinschaut und froher sein Leben angeht, wenn man nach einer Woche pilgern wieder nach Hause kommt. So wie die Kirche nicht das Ziel ist, sondern das Reich Gottes, dann ist die Kirche der Weg dorthin. Wir dürfen alle Wege versuchen zu gehen, um zu diesem Ziel zu gelangen.
Der Jakobsweg Weinviertel führt von Drasenhofen im nördlichen Weinviertel bis Krems an der Donau.
Mehr Informationen auf www.jakobsweg-weinviertel.at
Jakobswergweiser fürs Weinviertel