Immer mehr Pilger wandern durch unser Land und entdecken, wie sehr die Schönheit der vielen Kirchen unsere Kulturlandschaft prägt. Viele haben auch das Bedürfnis, die Stille des Kirchenraumes zu erleben. Die Kirchen, die an den großen Pilgerrouten liegen, etwa die nach Santiago de Compostela, haben extra für diese Wallfahrer geöffnet.
Erfolgsfaktor offene Kirchentüre
Die Besucher erwarten neben den klassischen Angeboten einer offenen Kirche, wie Kerzerl, Sitzgelegenheiten und Kniebänke, dann auch oft Anliegenbücher, kleine geistliche Impulse zum Mitnehmen und die obligaten Pilgerstempel für den Pilgerpass. Ebenso darf eine offene WC-Anlage nicht fehlen, denn nicht nur der klare Wegweiser ist wichtig, sondern auch andere menschliche Bedürfnisse wollen abgedeckt sein. Besonders an solchen „Kleinigkeiten“ merkt man, dass Christen für ihre Mitmenschen ein offenes Herz haben.
„Die Kirche für die Pilger und Pilgerinnen offen zu halten, ist für viele am 150 km langen Jakobsweg Weinviertel zur willkommenen Aufgabe geworden“, berichtet Franz Knittelfelder, der unter anderem den Jakobsweg Weinviertel betreut: „Mehr als 2500 Menschen nutzen inzwischen jährlich dieses Pilgerangebot im Weinviertel zwischen Drasenhofen und Krems. An diesem Erfolg des Jakobswegs Weinviertel haben die offenen Kirchen einen wesentlichen Anteil.“
Für Pilger und Ortsansässige offene Türen
Franz Knittelfelder kann sich also auf der über 150 Kilometer langen Route auf eine ganze Schar regionaler, ehrenamtlicher Jakobsweg-Pfleger verlassen, die kaputt gegangene Schilder austauschen, die Kirchen täglich auf- und zusperren und Pilger, denen sie im Ort begegnen, freundlich empfangen. Nicht umsonst hat sich das Weinviertel zur Top-Wallfahrerdestination entwickelt. Das Vikariat unterm Mannhartsberg hat schon vor Jahren den Trend erkannt und so hat sich in „15 Jahren das Weinviertel zur beliebten Pilgerregion entwickelt“, so Pilgerexperte Knittelfelder: „Weinviertler Pilgerweg, Jakobsweg Weinviertel und die vier Bibelwege sind erfolgreiche Initiativen, die viele Nachahmer finden.“
„Am Jakobsweg Weinviertel erwarten die Pilgerinnen und Pilger offene Kirchen mit Anliegenbüchern für persönliche Gebetsanliegen und eigenen Stempelstellen“, so Franz Knittelfelder, der weiters berichtet, dass „die Kirchen so ein Rastplatz für Körper und Seele sind. Gerade die Pilger und Pilgerinnen, die oft stundenlang alleine unterwegs sind, freuen sich über die mehrfache Begegnung in der Kirche. Einerseits im Gebet mit dem Herrn selbst, andererseits mit den Menschen vor Ort, sei es ein Seelsorger oder eine Mitarbeiterin der Pfarre. Oft ergeben sich in oder rund um die offene Kirche wohltuende Gespräche und heilsame Momente.“
Aber auch die Pfarren am Jakobsweg entlang der Donau von Bratislava bis nach Wien haben nun immer öfter offene Kirchentüren. Hier ist z.B. Albrecht Konradsheim, Pfarrgemeinderat in Wolfsthal. Er wird nach Beendigung der derzeit durchgeführten Bauarbeiten die Kirche wieder täglich in der Früh auf seinem Weg zur Arbeit für Pilger und lokale Beter öffnen, um sie am Abend, nachdem er nach dem Rechten gesehen hat, wieder zu schließen.
Ähnliches gilt für die großen Mariazeller Wege, den Franziskusweg und die Bibelwege im Weinviertel oder auch den Martinsweg, der sich ausgehend von Steinamanger in Ungarn bis zu seinem Ziel in Tours in Frankreich auch durch unsere Diözese schlängelt.
Pilgern auch bei Ihnen – nicht unmöglich!
„Die Bibelwege in Ravelsbach, Gaubitsch, Stetten-Harmannsdorf und bald auch in der Region um Spannberg haben den Ausgangspunkt jeweils bei der Pfarrkirche“, erzählt uns Franz Knittelfelder vom Bildungshaus Großrußbach: „Auf den kleinen, ca. 15 km langen Rundwanderwegen kann man biblisch begleitet ein Stück Weite der Landschaft und Tiefe des Glaubens entdecken. Die offene Kirche ist Anfang und Ziel der Bibelwege. Dort wird man gesendet und am Ende gerne gesegnet für den Alltag.“
„So ist es im Grunde in jeder Gemeinde möglich, Startpunkt eines Bibelweges zu sein“, meint Niki Haselsteiner vom Projektbüro offene Kirche: „Nette Wanderrouten, die an möglichst vielen offenen Kirchen in wenigen Kilometern vorbeiführen, zusammenstellen, ein spannendes biblisches Thema auswählen und mit Tafeln, Flyern oder einer APP aufbereiten und dann an die regionale Öffentlichkeit zu gehen, ist eigentlich ein überschaubares und geistlich trotzdem sehr fruchtbares Unterfangen.“
Gute, traditionelle Fußwallfahrten
Es gibt aber auch viele Fusswallfahrten in die regionalen Wallfahrtsorte, wie Maria Schutz am Semmering, Maria Kirchbüchel, den Mariahilferberg in Gutenstein, Maria Roggendorf, Heiligenkreuz, Kleinmariazell - und manchmal sogar ins benachbarte „Diözesanausland“: nach Maria Dreieichen im Norden oder Maria Loretto im Burgenland, nach Marianka bei Bratislava oder Tasswitz bei Znaim...
Biker und Fahrradwallfahrten gesucht!
Melden Sie sich bitte auch dann im Projektbüro offene Kirche (n.haselsteiner@edw.or.at), wenn Ihr Ort nicht an einer klassisch ausgeschilderten Pilgerroute liegt, sondern z.B. an einem Fahrradweg oder an einer der beliebten Bikerrouten des Landes. Hier werden Pläne geschmiedet, das Pilgern auf zwei Rädern zu promoten, und dazu sind wir auf regionalen Rückhalt und lokales Wissen um Routen und Türöffner angewiesen.
Offene Herzen, das Ziel der offenen Türen
Niki Haselsteiner vom Projekt-Koordinierungsbüro für die „offenen Kirchentüren“ verweist auch darauf, dass: „das Öffnen der Türen nicht das eigentliche Ziel ist, sondern es geht um die Herzen. Unser aller Herzen, sowohl jene der Verantwortlichen als auch der einfachen Mitglieder in den Pfarrgemeinden, die z.B. die Kirche aufsperren, regelmäßig anwesend sind und/oder auch immer wieder selbst für kurze (oder längere) Gebete in die Kirche kommen. So können wir helfen, die Herzen der Menschen in unserem Land zu öffnen, denen Gott so gerne in seinen Häusern begegnen möchte. Schaffen wir ihm Gelegenheiten."
Das Projekt offene Kirche soll Bewusstsein schaffen und motivieren, Kirchen offen zu halten. Es ist eine Hilfe zur Implementierung pastoraler Innovationen und besteht aus einem Bündel von Einzelprojekten, aus denen die Verantwortlichen in Pfarren und Gemeinden die für sie passendsten Hilfsmittel zum Öffnen oder Offenhalten auswählen können.
Offene Kirchentüren, aber wie?
Pfarren können mit „Tagen der offenen Türe“ starten, für mehr Frequenz und Sicherheit ein Kustoden-Radl implementieren, Kunstprojekte organisieren (z.B. besinnliche Klänge aus der offen Kirche oder ein Dialog zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst), den Pfarr-eigenen Parkplatz zum „Park+Pray“-Stellplatz umwandeln, Abende der Barmherzigkeit oder Anbetungstage durchführen, ... der missionarischen Kreativität und (stillen) Gastfreundschaft sind keine Grenzen gesetzt. Für die häufig als Hindernis betrachteten Sicherheitsfragen haben Bauamt und Denkmalpflege maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.
Am liebsten wäre es mir, wenn Kirchen einfach immer offen wären.
„Es tut mir weh, wenn Kirchentüren verschlossen sind“, sagte Kardinal Schönborn kürzlich: „Am liebsten wäre es mir, wenn Kirchen einfach immer offen wären. Ich weiß, dass das aus manchen Gründen nicht möglich ist. Für viele Menschen ist eine offene Kirche ein Raum der Stille, die uns heute so notwendig ist. Es tut gut, solche „Zufluchtsorte der Seele“ zu haben. Da kann man zur Ruhe kommen, nachdenken, beten, Gottes Gegenwart spüren.“ Die Einladung zum Offenhalten der Türen gilt also allen unseren Kirch- und Kapellgemeinden.