Schnell merken wir: Den Jakobsweg zu finden ist einfach – er ist ausgezeichnet ausgeschildert und die gelben Pfeile sind auch gut erkennbar.
Schnell merken wir: Den Jakobsweg zu finden ist einfach – er ist ausgezeichnet ausgeschildert und die gelben Pfeile sind auch gut erkennbar.
Hätten Sie es gewusst? Ein Teil des berühmten Jakobsweges führt quer durch Wien. Insgesamt sind es 35,5 km. Für alle, die sich keine so lange Route am Stück zutrauen, den Weg durch Wien aber trotzdem gehen wollen, ist er in kleinere Teilstrecken gegliedert. Da lohnt es sich, diese auch mit Kindern zu entdecken. Tobias und ich sind die vierte Etappe gegangen – bzw. „gerollert“: Vom Schloss Schönbrunn zur Jakobskirche in Purkersdorf.
Es ist heiß in diesem Sommer. So heiß, dass ich schon fast überlegt habe, das Gehen des Jakobsweges von meiner Liste der 1000 Möglichkeiten für den Sommer zu streichen. Aber Tobias hat mich überzeugt, dass wir es trotz der Hitze machen sollten. Schließlich könnten wir doch auch ganz zeitig in der Früh oder am frühen Abend gehen, wenn es nicht mehr so heiß ist.
So brechen wir also an einem Montag am späten Nachmittag auf – Tobias möchte den Weg mit dem Roller bewältigen, ich zu Fuß.
12,2 km auf unserem Programm, beim Schloss Schönbrunn geht es los: Wir gehen über die Schönbrunner Schlossstraße, immer an der Mauer zum Schlosspark entlang, bis wir zur Hietzinger Hauptstraße kommen. Die gehen wir nur ein kleines Stückchen bis zum Café Dommayer und biegen von hier gleich in die Auhofstraße ein.
Die ist lang, keine Frage. Tobias kennt sie vom Radfahren und weiß, als ich ihm sage, dass wir fast bis zum Ende gehen müssen, dass das ein ordentliches Stück Weg ist. Aber er ist motiviert, trotz der Hitze – wahrscheinlich sogar mehr als ich, die jetzt schon innerlich zu stöhnen beginnt.
Es dauert nicht lange und er rollert viele Meter vor mir und gibt damit das – durchwegs hohe – Tempo an, aber ich lasse mich darauf ein. Komme bald in einen gleichmäßigen, flotten, aber angenehmen Schritt. Schnell merken wir: Den Jakobsweg zu finden ist einfach – er ist ausgezeichnet ausgeschildert und die gelben Pfeile sind auch gut erkennbar.
Fast schon am Ende der Auhofstraße angekommen, verläuft er auf der Promenade neben der Wientalstraße. Bei der Stampfergasse führt dann der Jakobsweg rechts über die Wientalstraße und unter der Hadikgasse durch.
Gleich hinter der Brücke ist ein Baumarkt. Wir biegen in die Gasse ein, die vor dem Baumarkt verläuft und kommen wenige Augenblicke später beim Ferdinand Wolf Park an. Dort folgen wir der Beschilderung, gehen gleich links über eine kleine Brücke und machen uns dann daran, den Park zu durchqueren.
Tobias rollert schon einige Zeit nicht mehr mir voran, sondern neben mir her und wir reden über „Gott und die Welt“, kreisen um Themen, denen wir uns sonst vielleicht nicht so intensiv widmen.
In diesem besonderen Fall auch um den Jakobsweg im speziellen, wie er weiter verläuft und warum Menschen ihn gehen wollen, warum sie meinen, Gott so nahe oder näher sein zu können.
Der Spielplatz im Ferdinand Wolf Park veranlasst uns dann aber doch, das Gespräch zu unterbrechen und eine Rast einzulegen. Es ist immer noch sehr heiß, aber der Weg ist schön zu gehen und so brechen wir bald wieder auf. Nicht ohne unsere Wasserflaschen neu aufzufüllen.
Bald führt uns der Weg entlang des Wienflusses. Tobias hat offensichtlich Spaß am Weg. Gegen die Hitze kippt er sich immer wieder Wasser über den Kopf. „Schließlich will ich ja durchhalten“, sagt er lachend: „Da muss man schon manchmal zu solchen Mitteln greifen.“
Ich verstehe genau, was er meint. Meine Füße werden langsam müde, wenn ich ehrlich bin. Und dass, obwohl wir noch gar nicht so lange unterwegs sind – erst gute eineinhalb Stunden. Die Hitze ist eben doch nicht so ohne, auch jetzt gegen 18.30 abends.
Aber das Unterwegs-Sein mit meinem Sohn macht mich zufrieden und mit ihm über das Leben zu philosophieren lässt mich eine wunderbare innere Ruhe spüren – auch schon auf dem kurzen Stück.
Nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden sehen wir unser Ziel vor uns: die Pfarrkirche von Purkersdorf, dem hl. Jakob geweiht – wie passend. Da wollen wir noch hinein, nur leider ist die Kirche verschlossen. Vor ihrem Eingang stehen einige Menschen, ein älterer Herr spricht uns an: „Wollen Sie in die Kirche? Ich könnte Ihnen aufsperren.“
Wir erzählen, dass wir gerade eine Etappe des Wiener Jakobsweges gegangen sind und es ein schöner Abschluss wäre, hier noch eine Kerze anzuzünden. Der Herr nickt und lächelt. „Da haben Sie recht“, sagt er und zieht seinen Schlüssel heraus. Was für ein Glück, ihn getroffen zu haben.
Einige Minuten verweilen wir in der Kirche, zünden eine Kerze an, sprechen ein kurzes Gebet. Es war zwar nur eine winzig kleine Etappe auf dem Jakobsweg, aber wir sind trotzdem stolz, sie gegangen zu sein. Und ganz tief in mir drinnen denke ich: Im Herbst, wenn es etwas kühler ist, dann versuche ich alle vier Etappen des Jakobsweges in Wien hintereinander zu gehen.
Allen, die es mir gleich tun wollen, oder die sich auf andere Art und Weise auf den Jakobsweg machen werden: Buen Camino!
Nähere Infos zum Wiener Jakobsweg: www.jakobsweg-wien.at
35,5 km misst der Jakobsweg durch Wien. Die Beschilderung ist ausgezeichnet, der Weg schön zu gehen. Sein Ende findet er in Purkersdorf.
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