"Paulus ist ein leidenschaftlicher Mensch. Das hat seine Gefahren und sein Qualität. Er ist jemand, der die Dinge sehr ernst nimmt und seinen Weg auch konsequent weitergeht", so Wolfgang Müller.
"Paulus ist ein leidenschaftlicher Mensch. Das hat seine Gefahren und sein Qualität. Er ist jemand, der die Dinge sehr ernst nimmt und seinen Weg auch konsequent weitergeht", so Wolfgang Müller.
Der Salzburger Dogmatiker Wolfgang Müller ist Sprecher der österreichischen Pfarrgemeinderäte. Müller referiert am Wallfahrtsschiff über Paulus an die Pilger der Diözesanwallfahrt der Erzdiözese Wien.
Was fasziniert Sie persönlich an Apostel Paulus?
Müller: Ich fühle mich seit langem Paulus in gewisser Weise sehr verbunden. Das hat mit meiner Biographie zu tun. Denn ich hatte ein Erlebnis, das seinen Ursprung in einer sehr stark traditionsverbundenen Religiosität hat. Ich habe aber erfahren, dass es nicht auf eine Pflichterfüllung ankommt, sondern dass sich Christus schenkt, ohne dass man es sich erarbeiten muss. Das relativiert dann einiges von religiösem Stress.
Wie war das mit dem Erlebnis genau, das Sie angesprochen haben?
Müller: In meiner Jugendzeit gehörte ich einer katholischen Bewegung an, in der ich sehr viel gelernt habe. Dazu gehörten viele Gebetsübungen, der tägliche Messbesuch, täglicher Rosenkranz, genauso wie apostolische Tätigkeit im In- und im Ausland. Das hatte auch die Auswirkung, dass ich nach der Matura mit großer Selbstverständlichkeit anfing, Theologie zu studieren, ohne den Gedanken ins Priesterseminar zu gehen. Mir war aber klar, meine Berufung ist jene, als Laie. Eines Abends wartete ich in einem Salzburger Wirtshaus, bei einem Glas Bier auf einen Bekannten. Doch plötzlich war alles anders. Das war ein Wendepunkt. Es wurde mir etwas geschenkt, was nicht einfach psychologisch erklärbar ist. Für mich ist das mein persönliches Damaskuserlebnis. Da fühle ich mich Paulus sehr verbunden.
Paulus lässt niemanden kalt. Er begeistert, fordert heraus. Warum?
Müller: Weil Paulus ein leidenschaftlicher Mensch. Das hat seine Gefahren und sein Qualität. Er ist jemand, der die Dinge sehr ernst nimmt und seinen Weg auch konsequent weitergeht. Auch durch die damit verbundenen Tiefen geht. Mich hat sehr berührt die Paulusbriefe wieder zu lesen. Wie er schreibt: "Ich will euch das nicht verschweigen, ich war so am Ende meiner Kräfte, das ich eigentlich am Leben schon verzweifelt bin". Trotzdem findet er dann immer wieder zurück zu dieser Erfahrung, von Christus berührt zu sein. Die Qualität einer Mission, oder eines Projekte lässt sich ja immer auch daran ablesen, welchen Widerstand es gibt.
In einem Workshop beschäftigen sie sich mit "Paulus und dem Primat der Gnade". Was erkennen sie dabei?
Müller: Es steht für mich dafür, dass man die Beziehung zu Gott ernst nehmen soll,
wie auch als Liebesbeziehung und Freundschaft. Wir bewegen uns von der Tradition her sehr stark in einer Logik, die eher mit Gott zu verhandeln versucht. Wir kennen das auch aus der reformatorischen Tradition her: Was muss ich tun, wie viel muss ich geben, wie viel Einsatz, wie viele Gebete um eine bestimmte Gnade zu erreichen? Obwohl man wusste, das die Gnade letztlich Geschenk war, aber die Ökonomisierung stark prägte. Davon gilt es wegzukommen und hin zu dem, das wenn man mit jemanden in einer Beziehung lebt, diese natürlich auch ritualisieren kann. Ein Beispiel: Ich kann in der Früh aufstehen und meiner Frau einen Kaffee machen, mit der abgemessenen Menge Milch und zwei Stück Zucker und die Zeitung herrichten und dann zur Arbeit gehen. Die Frage aber ist: Ob diese Rituale, die jeder in seinem Alltag entwickelt, ob sie Zeichen und Ausdruck einer Liebe sind, einer Beziehung, oder ob es ein Geschäft ist.
Welchen Blick legen Sie - kommend aus der Erzdiözese Salzburg - auf den laufenden Entwicklungsprozess in der Erzdiözese Wien?
Müller: Ich unterstelle dem Prozess "APG 2.1." eine große Weisheit. Das zeigt sich bei der Wallfahrt, das diese mit einem Schiff unternommen wird, den Schiffbruch auf Malta aber doch lieber im Kirchenschiff von St. Stephan zu verhandeln.
Spaß beiseite: Ich stehe mit großer Bewunderung vor dem was in den Diözesanversammlungen passiert. Das wirklich zu wagen, eine Kathedrale wie den Stephansdom als Versammlungsort des Volkes Gottes ernst zu nehmen. Die Fragen, die alle bewegen miteinander zu verhandeln, zu besprechen, aber auch zu beten, das halte ich vom Vorgang her, schon einmal für große Qualität. Auch sich immer wieder die Fragen zu stellen: "Was will Gott von uns. Was ist wirklich unser Auftrag und worum geht es inhaltlich? Das halte ich für ganz wichtig. Davon kann man einiges lernen. Der Vorgang in Wien steht natürlich im Kampf drinnen, dass die Strukturfragen wie ein "schwarzes Loch", viele Ideen und Energien "einsaugt". Und es letztendlich wieder um organisatorische Fragen, wie Zuständigkeiten, Finanzen, oder Verwaltung geht. Da ist eine unglaubliche Arbeit notwendig, dem Widerstand zu leisten. Es gibt aber österreichweit diesbezüglich immer mehr Austausch. Das ist Folge der Vorbereitung des Besuchs von Papst Benedikt XVI. 2007 in Österreich und dem Pfarrgemeinderatskongress. Ein Zeichen dafür ist auch, das ich eingeladen wurde bei der Diözesanwallfahrt der Erzdiözese Wien, Impulsgeber zu sein, was mich sehr freut und ehrt.
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