Blick durch eine Luke auf offene Meer.
Blick durch eine Luke auf offene Meer.
Ein Rückblick auf die Tage auf hoher See: Der Bruder des Kapitäns ist Bildhauer im Dienst des Vatikan, Messfeiern im Plüsch-Paradies, Kreuzweg auf der Joggingbahn des Schiffes und der Kellner, der freundliche Inder, der auch Katholik ist.
Ein Blog-Beitrag von Pressesprecher Michael Prüller.
Freitag, der dritte Tag auf See. Wir gewöhnen uns langsam daran, dass wir in Quartieren leben, wo man mit der ausgestreckten Hand locker die Decke erreicht. Und wir haben den Kapitän gesehen. Am Donnerstag ist er uns beim Gala-Dinner ja nicht begegnet, aber heute hat er uns besucht - zur Heiligen Messe um 16.30, in der großen Armonia Lounge. (Wer den gestrigen Blog gelesen hat, kennt sie schon - die mit den Plüschsesseln).
Der Kapitän war extra vor Beginn der Messe gekommen, um uns zu begrüßen. Schon sein Vater und sein Großvater waren Kapitäne. Und obwohl eigentlich sein älterer Bruder Kapitän werden wollte, hat schließlich doch er, der zweite von dreien, die Familientradition fortgesetzt. Der ältere Bruder ist heute Bildhauer im Dienst des Vatikan.
Das Berührende dabei war, dass der Kapitän nicht nur mit seinem Stab unsere Messe bis zum Schluss mitgefeiert hat, sondern auch eine spontane Fürbitte ausgesprochen hat, für alle Menschen an Bord. Wir fühlen uns auf der MSC Armonia wirklich schon wie zuhause.
Falls Sie sich zuhause fragen, wie denn so eine Messe im Plüsch-Paradies ist (mit dem Bridge-Salon als Sakristei), oder ein Morgenlob im Business-Center oder ein geistlicher Impuls auf der Bühne des Bordtheaters, dann kann unser Zeremoniär Martin Sindelar erklären, wieso das geht. Er sagt, es kommt auf zweierlei an: zunächst auf die Mitte, auf die hin sich alle ausrichten. Das muss eine einfache, aber stimmige Sache sein - ein Evangeliar, ein Altartisch… Jedenfalls nicht, dass wir uns selber als Mittelpunkt erleben, sondern wir uns zu einer Mitte hin verhalten. Und das Zweite: Diese Mitte gilt es nicht nur räumlich zu suchen, sondern auch innerlich. Wenn Gott diese Mitte ist, um die wir uns versammeln, dann gelingt das auch im Plüsch.
Oder am Sonnendeck, wo auch ein Morgenlob gesungen worden ist - mit Franziskus' Sonnengesang bei Sonnenaufgang über dem Meer. Das hat die, die dabei waren, sehr bewegt. Genauso wie der Kreuzweg auf der Joggingbahn des Schiffes. Am Abend, bei Dunkelheit, sieben Stationen der Hingabe, wo sonst der Fitness gehuldigt wird - "ein ungeheuer starker Eindruck", wie Rita Kupka-Baier sagt, die Leiterin der erzdiözesanen Kontrollstelle.
Erst am morgigen Samstag werden wir wieder festes Land erreichen. So haben wir den Freitag mit einem weiteren Impuls von Wolfgang Müller angefangen (dazu bald mehr von meinem Kollegen Stefan Hauser), mit Austauschgruppen und Workshops fortgesetzt. Der Besuch dieser Workshops ist sehr gut, viele haben etwa die Ausführungen von Pfarrer Georg Zluwa zu den archäologischen Funden von Ephesos besucht, viele auch schon am Donnerstag Pfarrer Konstantin Spiegelfelds Workshop zum Sakrament der Versöhnung.
Am stärksten war der Andrang am Donnerstag zum Workshop mit Veronika Prüller-Jagenteufel, unserer Pastoralamtsleiterin, der die Frau in der Kirche zum Thema hatte (inklusive der Frage, welche Geltung die paulinische Regel hat, wonach die Frauen in der Kirche schweigen sollen). Man sieht am Besuch, wie sehr die Frage brennt.
Und was haben wir sonst erlebt? Dass wir viel weniger Zeit haben zum Ausspannen als gedacht. Wenn man nicht gerade isst, oder sich zu einem religiösen Programm versammelt, dann irrt man im Schiff herum und sucht verzweifelt den Treffpunkt ganz vorn auf der 7. Ebene - oder war es die 8.? Und geht's in diese Richtung jetzt nach vorn oder nach hinten?
Und wir erleben viel Berührendes. In persönlichen Begegnungen erfahren wir von anderen ganz erstaunliche, ungeheuer ermutigende Lebensgeschichten und Liebesgeschichten mit dem lieben Gott. Wir erleben, wie dem Lektor, einem Mann mit viel schweren Erfahrungen, die Stimme versagt, als er in der Lesung den Satz des hl. Paulus liest: "Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein." Bewegt hat mich auch dir Fürbitte einer Mitfeiernden bei der Messe: für alle Menschen, denen es noch nie so gut gegangen ist wie uns jetzt.
Wir begegnen bei jedem Gang durch das Schiff solchen Menschen, die weit von unserem Lebensstandard weg sind. Die mit ihrer Heuer nicht nur sich und ihre Kleinfamilie erhalten, sondern oft auch die ganze Verwandtschaft. Und die dafür viel leisten müssen. Zum Beispiel der freundliche Inder, der der Kellner unseres Tisches ist. Alle versuchen mit ihm Italienisch zu sprechen - "anche per me", dabei kann er viel besser Deutsch. Er ist, wie er uns verrät, auch Katholik. Oder der kleine Indonesier, der unsere Kabinen in Schuss hält, und immer strahlend lächelt. Dabei hat er noch vier Monate seines achtmonatigen Dienstes vor sich, bevor er für drei Monate seine Familie wiedersehen kann, seine Frau und die zweijährigen Zwillinge.
Er arbeitet jeden Tag 11 Stunden -mit vier Stunden Pause dazwischen. Manchmal telefoniert er mit seiner Familie, sagt er, wenn er zu sehr Heimweh hat. Aber er beklagt sich nicht: "So ist halt das Leben eines Seemannes". Auch der Schiffsarzt hat jeden Tag Dienst, wenn auch nur für sechs Monate. Trotzdem ist es ihm nicht ganz leicht, denn seine Familie lebt auf der Krim, und er wird sie erst im August wiedersehen.
Was für eine Welt! - und was für eine Verantwortung uns unser Wohlstand auflädt!
Zum Schluss vielleicht noch ein Zitat, aus der Predigt von Pfarrer Georg Flamm: "Ich sage ja auch manchmal, wenn ich die Kirche betrachte: Lieber Gott, was hast Du für einen seltsamen Tiergarten! Das gilt ja auch für den Apostel Paulus. Hand aufs Herz: Wer hätte schon gerne den Paulus im Pfarrgemeinderat? Überall wo er hinkommt, gibt es Streit, Disput, Konflikt…"
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