Kardinal Schönborn an Deck des Schiffes.
Kardinal Schönborn an Deck des Schiffes.
Landausflug nach Veria, rauhe See und die Erkenntnis: Bei der Jüngerschaft sind alle Anfänger.
Ein Blog-Beitrag von Pressesprecher Michael Prüller.
Samstag, unsere erste Zwischenstation mit Landaufenthalt: Thessaloniki in Griechenland, von dort nach Vergina, wo in den 70er Jahren das unberührte Grab von König Philipp II. von Mazedonien, dem Vater von Alexander dem Großen, entdeckt wurde, und weiter nach Veria, das in der Antike Boröa hieß.
Als Paulus auf seiner zweiten Missionsreise nach Makedonien kam, war die Zeit von Philipp II., der erstmals ganz Griechenland vereinigt hatte, ungefähr so lange vorbei wie für uns die Zeit der Kaiserin Maria Theresia. Also lang vergangen – Griechenland war zu Paulus‘ Zeiten schon längst römische Provinz -, aber doch noch in der Erinnerung lebendig.
So war die Besichtigung des Königsgrabes für uns eine Einstimmung in die Kultur, in die Paulus kam, um hier Menschen für Christus zu gewinnen. Unser Weg führt uns also von Thessaloniki, wo Paulus zuerst war, aber bald von der jüdischen Gemeinde vertrieben wurde, über Vergina nach Veria, dem antiken Beröa, in das Paulus bei Nacht und Nebel aus Thessaloniki ausgewichen war.
„Nach ihrer Ankunft gingen sie in die Synagoge der Juden“, heißt es in der Apostelgeschichte (Apg 17,10). Wir haben es auch so getan. Die heutige Synagoge in Veria stammt zwar aus dem 19. Jahrhundert, aber sie steht wohl ungefähr dort, wo schon der Tempel zur Zeit des Paulus war. Die uralte jüdische Gemeinde der uralten Stadt ist fast nicht mehr existent. In der Nazizeit ist sie fast vollständig umgebracht worden. Nur zwei Familien gibt es noch, sagt unsere Führerin.
In der Synagoge steht eine kleine, herzzerreißende Schulbank mit einem Schulbuch für Hebräisch – als Erinnerung an die 150 Kinder der jüdischen Gemeinde von Veria, die in den Vernichtungslagern der Nazis getötet wurden.
In der Apostelgeschichte steht, dass die Gemeinde von Veria zu Paulus freundlicher war als die in Thessaloniki: „mit großer Bereitschaft nahmen sie das Wort auf“. Noch heute gibt es einen Platz in der Stadt, der als „Kanzel des Paulus“ bekannt ist. Hier hat der Apostel zu den Menschen gesprochen. Wir durften dort im Freien die Messe feiern. Eine katholische Messe mitten in einer Stadt mit orthodoxer Bevölkerung, einen Steinwurf weit entfernt von einer aus der langen türkischen Herrschaft erhalten gebliebenen Moschee. Der Vizebürgermeister war da, hat uns freundlich begrüßt und die ganze Messe mitgefeiert. Zum Schluss kam sogar die Bürgermeisterin, von der es zuerst hieß, sie wäre krank.
Ein ganz eigentümliches Gefühl, hier Messe zu feiern, wo vor 2000 Jahren Paulus stand und zu den Menschen seiner Zeit predigte, und „viele von ihnen wurden gläubig“. Weihbischof Stefan Turnovszky sagt auch am Beginn seiner Predigt, wie ihn das als Bischof, als Nachfolger der Apostel, bewegt. Und er kommt zum Mittelpunkt dieser Wallfahrt, ja eigentlich unseres Christseins überhaupt: Was hat Paulus gepredigt? Dass Christus für uns gekreuzigt wurde, auferstanden ist – und dafür Zeugnis ablegt, dass Christus lebt.
So muss es auch mit uns sein, sagt der Weihbischof. Gerade auch im Erneuerungsprozess der Erzdiözese: „Es darf uns in erster Linie nicht darum gehen, wie die Kirche sein müsste und was sich ändern muss, und wer die Nase vorn hat und schon mehr weiß als die anderen – sondern darum, wer Zeuge davon geworden ist, dass Christus lebt. Und wie man davon Zeugnis geben kann.“
Davon war – in anderen Worten – schon davor die Rede gewesen, schon am ersten Tag der Wallfahrt. Kardinal Schönborn hatte übers Jüngersein gesprochen. „Jünger sein, heißt Schüler Jesu zu sein. Jesus sucht Menschen, die bei ihm in die Schule gehen, um leben zu lernen. Das Spannende ist, dass er dann seine Schüler zu Lehrern macht, indem er ihnen sagt: Macht alle Menschen zu meinen Jüngern und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch gesagt habe.“ Was wir auf dieser Wallfahrt suchen, so der Kardinal, sei diese „Schülerschaft“ bei Jesus.
Weihbischof Stefan Turnovszky hat auch ein konkretes Beispiel dafür genannt: das Bibelteilen, zu dem er alle Pfarrgemeinderäte „seines“ Vikariats eingeladen hat. „Mindestens einmal im Jahr miteinander über die Bibel reden – ohne Unterscheidung von Lehrenden und Lernenden, sondern: Was sagt Gott mir mit diesem oder jenen Wort?“
Um 14.00 hätten wir wieder an Bord sein sollen, zu einem leicht verspäteten Mittagessen. Aber es kam ganz anders, denn schon in Vergina dauerte alles länger als gedacht, und um 15.00 Uhr, als schon wieder Workshops beginnen sollten, war gerade erst der Schlusssegen unserer Messe in Veria. Doch so gut ist die Stimmung unter den Wallfahrern, dass es kaum grantige Stimmen gab. Sogar beim längeren Anstellen, um durch Metallsuchschranke und Rucksackdurchleuchtung wieder an Bord zu kommen und die Mägen schon ganz ordentlich knurrten.
Ein sehr spätes Mittagessen, sehr bald darauf das Abendessen, das ohnehin immer die Hauptmahlzeit an Bord ist, und wo die ganz Hungrigen diesmal keinen Gang ausgelassen haben: Vorspeise, Suppe, Salat, Zwischengang, Hauptgericht, Nachspeise… Um dann vielleicht etwas unbequem die Nacht zu verbringen, denn nach Mitternacht auf der Fahrt durch die Ägäis zur türkischen Küste wurde der Seegang rauer. Erstmals auf unserer Reise schwankte das Schiff doch deutlich spürbar.
Und vielleicht noch ein Zitat, diesmal von Andrea Geiger, der Hauptorganisatorin der Wallfahrt (gemeinsam mit Othmar Spanner): „Bei der Jüngerschaft gibt es keine Amateure und Profis. Da sind wir alle immer Anfänger.“ Und noch eins: „Eine Wallfahrt ist ein Trainingscamp in der Schule Jesu. Und wir haben einen guten Co-Trainer dabei: den Apostel Paulus.“
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