Zugleich warnte Weihbischof Turnovszky vor einer "politisierten Religion", der es oft nur darum gehe, in Abgrenzung zu anderen "christliche Kultur zu beschützen". Dies sei "eine Banalisierung und Verflachung".
Zugleich warnte Weihbischof Turnovszky vor einer "politisierten Religion", der es oft nur darum gehe, in Abgrenzung zu anderen "christliche Kultur zu beschützen". Dies sei "eine Banalisierung und Verflachung".
Wiener Weihbischof bei Weinviertel-Akademie: Kirche keine Demokratie, hat aber demokratische Elemente wie Pfarrgemeinderatswahl.
"Mehr Christinnen und Christen, die sagen, dass der Glaube wichtig ist, sodass sie gerne in die Politik gehen", wünscht sich der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky. Zugleich warnte er bei der online abgehaltenen 33. Weinviertel-Akademie zu den Themen Demokratie, Grundwerte und Partizipation vor einer "politisierten Religion", der es oft nur darum gehe, in Abgrenzung zu anderen "christliche Kultur zu beschützen". Dies sei "eine Banalisierung und Verflachung", kritisierte der Bischofsvikar für das Weinviertel und das Marchfeld, obgleich Religion zweifelsohne "Kultur prägt und schenkt". Erster Zweck der Religion sei allerdings, "Gott zu suchen, zu finden, zu ehren".
Der Gesellschaft liefere das Christentum "Grundwerte" wie jenen der gleichen Würde jedes Menschen, die in dessen Gottebenbildlichkeit grundgelegt sei. Die Pfarrgemeinden auf dem Land sind nach den Worten Turnovszkys jene Orte, wo sich "alle Menschen zugehörig fühlen können". Kirche selbst sei keine Demokratie, wenngleich es demokratische Elemente wie die demnächst anstehende Pfarrgemeinderatswahl gebe, so der Bischof. Eine gewisse Pluralität finde sich jedenfalls schon unter den zwölf Aposteln: Jesus habe z.B. einen mit den Römern kollaborierenden Zöllner und einen die römischen Besatzer kämpfenden Zeloten ausgewählt.
Dass es - gerade angesichts der Polarisierungen durch die Pandemie - Aufgabe der Kirchen und Religionsgemeinschaften sei, "Menschen zu verbinden", betonte auch die Wiener Politikwissenschaftlerin Sieglinde Rosenberger bei der Veranstaltung, die jüngst im Gemeindezentrum von Großrußbach mit 70 online Teilnehmenden stattfand. Die Expertin plädierte für "eine politische, aber keine parteipolitische Kirche" und kritisierte dabei den russischen Patriarchen Kyrill, der die Gegner Russlands nach der Invasion in die Ukraine als "Kräfte des Bösen" bezeichnet hatte. Allzu enge Verschränkungen von Staat und Religion seien der Demokratie abträglich.
Heute erlebten die Kirchen und Religionsgemeinschaften einen Bedeutungsverlust, dennoch hält es Rosenberger für unverzichtbar, dass sie "jenen eine Stimme leihen, die keine Stimme in der Gesellschaft mehr haben".
Karl Wilfing, Präsident des Niederösterreichischen Landtages, betonte bei der Weinviertel-Akademie, Kirche und Politik seien kein Widerspruch, sondern ergänzten einander. "Die Kirche gibt den Menschen immens viel Halt im Leben", betonte der deklarierte Katholik. Es gehe darum, "die Besten der Gesellschaft zu begeistern, damit sie sich in Politik, Gesellschaft und Kirche einbringen und engagieren".