Wie jedes Jahr gibt es auch heuer wieder am 14. August die traditionelle Roma-Wallfahrt zum Marienheiligtum in Mariazell.
Wie jedes Jahr gibt es auch heuer wieder am 14. August die traditionelle Roma-Wallfahrt zum Marienheiligtum in Mariazell.
Wiener Weihbischof Scharl: Wertschätzung für "lebendige Denkmäler" vergangenen Unrechts ist wichtiger als Errichtung von baulichen Denkmälern für Opfer der NS-Vernichtungspolitik.
Nicht nur der rund 500.000 von den Nationalsozialisten ermordeten Roma und Sinti solle gedacht werden, auch die Verfolgungsgeschichte der Jenischen unter dem NS-Regime bedarf einer wissenschaftlich Aufarbeitung. Das hat der Wiener Weihbischof Franz Scharl - er ist in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Romaseelsorge zuständig - anlässlich des internationalen Gedenktages an den Genozid an Sinti und Roma (2. August) gefordert. Dieses Anliegen werde indirekt auch im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen angesprochen, wo eine Prüfung der Anerkennung der jenischen Volksgruppe als Vorhaben genannt ist. Eine Umsetzung stehe freilich noch aus, bedauerte Scharl.
Der Weihbischof möchte jedenfalls bei diesem Anliegen am Ball bleiben und ist - wie er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress am Dienstag berichtete - dafür auch im Kontakt mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und dem Staatsarchiv. Eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung erfordere jedoch eine entsprechende Finanzierung, an der es bisher mangle. Die Anerkennung der Jenischen wie etwa in der Schweiz wäre Ausdruck der Wertschätzung für "lebendige Denkmäler", die wichtiger sei als die Errichtung von baulichen Denkmälern für die Opfer der NS-Vernichtungspolitik, so Scharl.
Ein ganz konkretes Zeichen der Achtung für die Lebensweise des immer noch "fahrenden Volks" der Jenischen wären nach den Worten Scharls Stellplätze, die auf kommunaler Ebene zur Verfügung gestellt werden. In Wien gebe es bedauerlicherweise solche Plätze nicht mehr, Betroffene würden teils ins Burgenland ausweichen, um sich dann mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten.
Der Bischof äußerte die Sorge, dass es auch heute zu Ausgrenzung und Verfolgung kommt. Die gegenwärtig in Österreich lebenden Nachfahren der Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns "sind und bleiben eine warnende Stimme", erklärte Scharl. Das alljährliche Gedenken nehme "uns Nicht-Roma bzw. -Sinti" in die Pflicht: Nur vergangenes Unrecht zu benennen sei "Heuchelei, wenn wir uns nicht für eine positive Veränderung hier und heute einsetzen", betonte der Wiener Weihbischof.
Die Jenischen führten seit der frühen Neuzeit eine nomadische Lebensweise in Europa. Aus dem "Fahrenden Volk" und den "Heimatlosen" entwickelte sich über Jahrhunderte eine jenische Identität mit eigener Sprache und Kultur. Mitte der 1930er-Jahre gerieten sie ins Visier der von den Nationalsozialisten erheblich verschärften Maßnahmen zur "Bekämpfung der Zigeunerplage" und wurden später als "Asoziale" in Konzentrationslager deportiert.
Franz Scharl, der in der Bischofskonferenz auch für die Seelsorge an anderssprachigen Gemeinden zuständig ist, unterstrich, dass der Glaube für viele Roma, Sinti und Jenische eine identitätsstiftende Bedeutung hat. Die katholische Kirche bemühe sich um "Wertschätzung auf Augenhöhe", manchmal in Konkurrenz zu den Freikirchen, die oft missionarischer ausgerichtet seien. Wie jedes Jahr gibt es auch heuer wieder am 14. August die traditionelle Roma-Wallfahrt zum Marienheiligtum in Mariazell. Roma, Sinti, Lovara aus Österreich, Deutschland, Ungarn und anderen europäischen Ländern treffen sich dabei in der Basilika von Mariazell.
Info: https://www.kv-roma.at/content/Wallfahrt-der-Roma-nach-Mariazell---Ladipe-le-Romendar-Cejiste.html