BewohnerInnen von Adwa/Äthiopien bei der Ausgabe der von Jugend Eine Welt organisierten Hilfslieferung.
BewohnerInnen von Adwa/Äthiopien bei der Ausgabe der von Jugend Eine Welt organisierten Hilfslieferung.
Caritas, Diakonie, Jugend Eine Welt und AG Globale Verantwortung drängen Regierung zum Welttag der Humanitären Hilfe, vorhandene Mittel im Auslandskatastrophenfonds rasch auszubezahlen.
Hilfe und Solidarität dürfen nicht an den Grenzen Europas Halt machen. Das haben anlässlich des Welttages der Humanitären Hilfe (19. August) heimische Hilfsorganisationen eingemahnt. Humanitäre Hilfe rette Menschenleben und müsse dringend ausgebaut werden, so unisono Caritas, Diakonie, AG Globale Verantwortung und Jugend Eine Welt. Zugleich haben sie die Bundesregierung aufgefordert, die noch vorhandenen Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds rasch auszubezahlen.
Die Folgen der Klimakrise, der Covid-19 Pandemie sowie die Auswirkungen bewaffneter Konflikte und nicht zuletzt des Kriegs in der Ukraine würden immer mehr Menschen in eine Notlage zwingen, so die Caritas. Auslandshilfechef Andreas Knapp verwies auf die dramatische Hungerkrise in vielen Weltregionen. "Nachdem die Zahl hungernder Menschen jahrelang rückläufig war, ist sie jetzt wieder gestiegen. 828 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger. Diese außergewöhnliche Not verlangt außergewöhnliche Hilfe."
Die Caritas begrüßt ausdrücklich die Erhöhung des staatlichen Auslandskatastrophenfonds (AKF). Diesen Weg gelte es aber konsequent weiterzugehen, um die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe schnellstmöglich auf die international vereinbarten 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens anzuheben und Menschen Perspektiven zu bieten, so Knapp.
Für das Jahr 2022 sind noch mehr als 18 Mio. Euro im AKF verfügbar. "Angesichts des Hungertsunamis, der in vielen Ländern Afrikas und anderen Krisenregionen droht, sollten die restlichen Mittel aus dem AKF so schnell wie möglich beschlossen und ausbezahlt werden. Denn wir dürfen nicht vergessen: Jede Verzögerung kostet letztlich Menschenleben", mahnte Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung.
Seit vielen Monaten überfällig seien zudem die Beschlüsse der strategischen Dokumente, auf denen Österreichs internationales Engagement beruhe, erklärte Vilim weiter und ersucht die Bundesregierung, "die Strategie der Humanitären Hilfe der Republik Österreich und das gesetzlich vorgeschriebene Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2022 - 2024 endlich zu beschließen und die Mittel für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, substanziell zu erhöhen. Angesichts multipler Krisen ist das ein Gebot der Stunde."
Caritas-Auslandshilfechef Knapp unterstützte die Forderung: "Die Not der Menschen lässt es nicht zu, dass Österreichs Entwicklungspolitik sich in Krisenzeiten weiter im Blindflug befindet", mahnte er die Bundesregierung. "Das Dreijahresprogramm sollte jedenfalls mit einem Finanzierungsgesetz für Entwicklungszusammenarbeit verbunden werden. Das macht die dringend notwendige Hilfe in längerfristigen Krisengebieten planungssicher und transparent."
In die gleiche Kerbe wie Caritas und AG Globale Verantwortung schlug auch die evangelische Diakonie. Es sei bereits August, und die AKF-Ausschüttungen für 2022 müssten angesichts der Hungerkatastrophe in Ostafrika schnell kommen, damit sie noch wirkungsvoll eingesetzt werden können", betonte Nina Hechenberger, Leiterin der Diakonie Katastrophenhilfe: "Wir dürfen nicht vergessen: Jede Verzögerung kostet letztlich Menschenleben".
Die Vereinten Nationen schätzten, dass 2022 ca. 274 Millionen Menschen weltweit Humanitäre Hilfe brauchen - über 100 Millionen mehr als noch 2020. Gegenwärtig herrsche in Ostafrika die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Hunderttausende Ziegen und Schafe seien bereits verendet, die Ernten verdorrt. "Die Menschen stehen vor dem Nichts - sie haben jegliche Einkommensmöglichkeit verloren. Es herrscht Hungersnot", schilderte Hechenberger ihre Eindrücke von ihrer jüngsten Projektreise. Allein in Somalia habe fast eine Million Menschen ihre Dörfer bereits verlassen müssen, weil diese aufgrund der Dürre nicht mehr bewohnbar sind. Experten schätzten die Lage in Somalia schlimmer ein als im Jahr 2011. Damals starben in Somalia mehr als 250.000 Menschen an Hunger.
Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt, nannte Äthiopien als alarmierendes Beispiel. "Unsere langjährigen Projektpartner vor Ort schicken uns wöchentlich erschreckende Bilder. In vielen Regionen herrscht extreme Dürre. Auf den lokalen Märkten gibt es oftmals fast nichts mehr zu kaufen. Die Lagerbestände wichtiger Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Mehl, sind aufgebraucht. Die Menschen haben nichts mehr zu essen, der Großteil der Kinder ist lebensbedrohlich unterernährt", berichtete Heiserer.
Das World Food Programme schätzt, dass fast 18 Prozent der Bevölkerung - 20,4 Mio. Menschen - ihren Hunger nur noch durch Lebensmittelhilfe stillen können. Zusätzlich explodieren Lebensmittelpreise, weil aufgrund des Ukraine-Krieges dringend notwendige Getreidelieferungen ausfallen. Und das in einem Land, in dem die Klimakrise in Form abwechselnder Dürren und Überschwemmungen Ernte um Ernte zerstört und ein brutaler Konflikt die Region Tigray fest im Griff hält.
Zuletzt brachte ein von Jugend Eine Welt finanzierter Hilfstransport eine neue Lieferung an Mehl in die Krisenregion Tigray. "Nun kann zumindest wieder für einige Tage Brot gebacken werden", so der Jugend Eine Welt-Geschäftsführer.