Der Wiener Erzbischof hatte zuletzt den Marienfeiertag am 15. August im tschechischen Brünn verbracht.
Der Wiener Erzbischof hatte zuletzt den Marienfeiertag am 15. August im tschechischen Brünn verbracht.
Wiener Erzbischof in tschechischer Kirchenzeitung "Katolicky tydenik": Neue Position der Kirche in säkularer Gesellschaft bietet auch "große Chance".
Kardinal Christoph Schönborn sieht in der wegen der zunehmenden Säkularisierung geänderten gesellschaftlichen Position der Kirche "nicht nur eine negative Nachricht". Die Situation beinhalte auch "eine große Chance" für ein authentisch gelebtes Christentum, sagte der Wiener Erzbischof in einem Interview für die tschechischen Kirchenzeitung "Katolicky tydenik".
"Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind", zitierte Schönborn aus dem Apostolischen Schreiben "Evangelii nuntiandi" (1975) von Papst Paul VI. über die Evangelisierung in der Welt von heute. Christen können dann überzeugen, wenn sie selbst mit ihrem gelebten Glauben Zeugen der Frohbotschaft sind, so der Kardinal.
Schönborn erinnerte auch an Worte von Papst Benedikt XVI. über dessen Tschechien-Besuch im Jahr 2009. Auch im am stärksten säkularisierten Land Europas habe er erlebt, dass die Menschen "Sehnsucht nach etwas Großem und Reinem haben", sagte Benedikt XVI. damals. "Und ich glaube, dass auch der heutige Tag für die Kirche eine günstige Situation wie in den ersten Tagen des Christentums sein kann", fügte Schönborn hinzu: "Wie sagte doch Johannes Paul II.: Öffnet die Tore für Christus!"
Der Wiener Erzbischof hatte zuletzt den Marienfeiertag am 15. August im tschechischen Brünn verbracht. Unter anderem leitete er in der Mariä-Himmelfahrt-Basilika der Augustinerabtei St. Thomas in Altbrünn (Stare Brno) eine Wallfahrtsmesse.
Angesprochen auf seine persönliche Beziehung zu Maria antwortete Schönborn im "Katolicky tydenik"-Interview mit den Worten "fröhlich und freudig, weil dies unsere Zukunft ist", die "nicht nur hier auf Erden" liege. Auf sein Brustkreuz verweisend, sagte der Kardinal, Johannes Paul II. habe es ihm 1996 persönlich gewidmet. Fortwährend rufe es ihm das Motto des heiligen Papstes "Totus tuus - ganz der Deine" in Erinnerung und daran, "der Jungfrau Maria voll zu vertrauen, weil sie uns zu Jesus führt".
Im Gespräch mit der Kirchenzeitung nahm der 1945 in Skalken in Böhmen geborene Wiener Erzbischof auch Bezug auf seine böhmischen Wurzeln. Auch wenn er sich auf Tschechisch leider nicht verständigen könne, bezeichne er sich als "gebürtiger Böhme", sagte Schönborn. Er habe es nicht gern, wenn jemand von ihm sage, er sei in den Sudeten geboren. Seine im Frühjahr 2022 im 102. Lebensjahr verstorbene Mutter Eleonore sei in Brünn geboren worden, wo sie auch ein tschechisches Gymnasium besuchte, erzählte der Kardinal. Sie habe fließend Tschechisch gesprochen, zu Hause aber sei Deutsch gesprochen worden.
Infolge der Benes-Dekrete wurde Eleonore Schönborn im Herbst 1945 als Mutter von zwei kleinen Kindern, unter ihnen der damals erst neun Monate alte Sohn Christoph, binnen einer Stunde aus ihrer Heimat vertrieben. In Brünn (Brno) sei er das erste Mal im Jahr 1968 im sogenannten "Prager Frühling" gewesen, sagte Kardinal Schönborn der "Katolicky tydenik". Zusammen mit seiner Mutter habe er damals Orte besucht, die mit ihrer Kindheit und Jugend verbunden gewesen seien. Neben Brünn habe man auch Wischau (Vyskov) besucht, wo Eleonore Schönborns Vater nach dem Ersten Weltkrieg Direktor der Zuckerfabrik gewesen sei.
Zu einem längeren Besuch habe ihn erst nach der Samtenen Revolution von 1989 ein Vortrag geführt, den er 1990 in Brünn hielt, berichtete der Kardinal. Bei seinem ersten Besuch sei Brünn eine graue Stadt gewesen, in der eine "traurige Atmosphäre" geherrscht habe, heute sei es eine "moderne und offene Stadt".