Hauptreferent am Inspirationstag ist der Linzer Professor für Moraltheologie, Michael Rosenberger, der die Anregungen der Enzyklika „Laudato si‘“ für Pfarren in den Mittelpunkt stellen und diese in einen globalen Kontext einbetten wird.
Hauptreferent am Inspirationstag ist der Linzer Professor für Moraltheologie, Michael Rosenberger, der die Anregungen der Enzyklika „Laudato si‘“ für Pfarren in den Mittelpunkt stellen und diese in einen globalen Kontext einbetten wird.
Schöpfungsverantwortung sei eine anspruchsvolle Haltung des Bewusstseins, sagt Prof. Michael Rosenberger im Vorfeld des Inspirationstages Laudato si am 7. Oktober. Wie diese Schöpfungsverantwortung konkret in der Pfarre und anderen kirchlichen Institutionen gelebt werden kann, zeigen zahlreiche Keynote-Speaker am Inspirationstag auf. Anmeldungen sind noch möglich.
Unter dem Motto „Hoffnung für unser gemeinsames Haus“ wird am 7. Oktober 2022 in der Kirche St. Florian (Wiedner Hauptstraße 97, 1050 Wien) von 15:00 bis 21:00 Uhr ein Inspirationstag zur Umweltenzyklika „Laudato si‘“ stattfinden.
Das Dokument, das 2015 von Papst Franziskus herausgegeben wurde, befasst sich mit den Themen Umwelt- und Klimaschutz und verknüpft diese mit der Frage der sozialen Gerechtigkeit. Ziel des Inspirationstages ist es, Pfarren und kirchlichen Einrichtungen Handlungsoptionen in Sachen Schöpfungsverantwortung aufzuzeigen.
Hauptreferent ist der Linzer Professor für Moraltheologie, Michael Rosenberger, der die Anregungen der Enzyklika „Laudato si‘“ für Pfarren in den Mittelpunkt stellen und diese in einen globalen Kontext einbetten wird. Im Vorfeld des Inspirationstages hat er der Erzdiözese Wien einige Fragen zur vieldiskutierten Umweltenzyklika beantwortet.
Welche drei Punkte aus Laudato si halten Sie für die kirchliche Praxis am wichtigsten?
Zunächst einmal ist die Methode des Papstes bemerkenswert: Er begibt sich in einen echten Dialog mit den Institutionen der säkularen Welt und den anderen Religionen. So zitiert er die Vereinten Nationen ebenso wie einen muslimischen Mystiker. Damit erkennt er an, dass die Kirche weder alles weiß noch alles besser weiß, sondern auch Hörende und Lernende ist.
Zweitens fokussiert der Papst seine eigenen Gedanken auf die Bereiche, in denen er als Religionsführer besondere Kompetenz hat, und das sind mit Blick auf die ökologische Krise die Ethik und die Spiritualität. Letztere ist dabei sogar noch gewichtiger - ich halte Laudato si mehr für eine Spiritualitätsenzyklika als für eine Sozialenzyklika, wie meist gesagt wird.
Drittens schließlich macht der Papst klar, dass Umwelttechniken zwar einen Beitrag leisten können und sollen, dass der entscheidende Hebel aber die Umkehr zu einem einfacheren Lebensstil ist - gerade in den reichen Ländern. Für die kirchliche Praxis heißt das: Erstens mehr Kontakt und Kooperation der Kirche mit der Umweltbewegung, auch auf Pfarrebene. Zweitens wahrnehmen, dass die ökologische Krise eine spirituelle Krise ist, und daraus Konsequenzen ziehen. Und drittens Mut zum Verkünden und Vorleben eines alternativen Lebensstils fassen.
Wie beurteilen Sie die Rezeption von Laudato si im deutschsprachigen Raum? Hat sie im kirchlichen Raum zum Umdenken und konkreten Handeln angeregt oder hat sie kaum Niederschlag gefunden?
Die Situation in den drei deutschsprachigen Ländern ist sehr unterschiedlich. Österreich bevorzugt einen Führungsstil top-down. 2015 hat die Bischofskonferenz verbindliche Konsequenzen aus Laudato si gezogen und wird diese noch in diesem Jahr fortschreiben. Das betrifft die Etablierung von Umweltleitlinien, den ökosozialen Einkauf sowie den Umgang mit Energie.
In Deutschland hat die Bischofskonferenz unverbindliche Orientierungen beschlossen. Mit der Folge, dass es Diözesen gibt, die bis heute buchstäblich nichts tun, und andere Diözesen, die viel ambitionierter und wirksamer auf dem Weg zur Klimaneutralität unterwegs sind als in Österreich.
In der Schweiz schließlich entscheiden vor allem die Pfarren - da wage ich keine wirkliche Einschätzung zu geben. Insgesamt aber hat Laudato si zweifelsohne etwas bewegt - wenn auch noch lange nicht so viel wie nötig wäre.
Was heißt Schöpfungsverantwortung im Leben des Einzelnen?
In der Ordensregel des hl. Benedikt heißt es, dass der Ökonom des Klosters alle Güter wie Kelch und Schale für die Eucharistie behandeln soll, also mit größtmöglicher Ehrfurcht. Im Alltag könnte das heißen: Jedes Stück trockenes Brot und jedes aus der Mode gekommene Gewand; jede Kilowattstunde Energie und jedes Lebensmittel. Schöpfungsverantwortung ist eine anspruchsvolle Haltung unseres Bewusstseins!
Was ist überhaupt die „Schöpfung“?
Die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam bekennen gemeinsam Gott als den Schöpfer. Damit nehmen sie die Natur und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht nur und nicht vorrangig als Ressourcen wahr, sondern als Leihgaben, die uns der Schöpfer aus Liebe zu uns zu treuen Händen anvertraut hat.
Mit solchen Leihgaben gehen wir normalerweise besonders behutsam um - wir wollen sie ja irgendwann unversehrt zurückgeben. Und wir spüren in ihnen die Liebe dessen, der sie uns leiht. Sie verdienen höchste Sorgsamkeit.
Hat Laudato si auch politische Folgen?
Natürlich - und Papst Franziskus mahnt sie ausdrücklich ein. Politik ist dafür verantwortlich, auf globaler Ebene für gerechtere Verhältnisse zu sorgen, so dass die Nutzung der Erde allen Menschen gleichermaßen möglich ist und die Lasten einer ökologischen Umkehr von allen getragen werden.
Außerdem ist an die Bedürfnisse der künftigen Generationen zu denken. Auch sie sollen faire Chancen haben, ein gutes und gesundes Leben führen zu können. Das kann nur die Politik regeln - in einer großen globalen Anstrengung. Aber dafür braucht sie zumindest in allen Demokratien unseren Rückhalt und unsere Unterstützung. Wir alle müssen zeigen, dass wir bereit sind, diesen mitunter sehr unbequemen Weg mitzugehen.
Mehr Infos zum Inspirationstag und Anmeldung
Das gesamte Programm des Inspirationstages Laudato si sowie die Anmeldung dazu (Anmeldefrist: 22. September 2022) finden Sie auf www.umwelt-edw.at.