Die Kirche als das "Sakrament der Gottesgemeinschaft" könne nur dann ihre Mission erfüllen, wenn sie immerfort den Weg der Buße und Erneuerung geht, so Kardinal Schönborn.
Die Kirche als das "Sakrament der Gottesgemeinschaft" könne nur dann ihre Mission erfüllen, wenn sie immerfort den Weg der Buße und Erneuerung geht, so Kardinal Schönborn.
Wiener Kardinal in Zeitschrift "theologie aktuell" über 60 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil: Um Anspruch gerecht zu werden, das "Licht Christi" besser zum Leuchten zu bringen, muss Kirche "immerfort den Weg der Buße und Erneuerung gehen".
Die Kirche ist "nicht dazu da, Menschen für sich selber zu rekrutieren", sondern ihnen als "Brücke zu Gott" und "Ort des Gottfindens" dienen. An diesen "ersten und wichtigsten Auftrag" der Kirche im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) bzw. dessen Kirchenkonstitution "Lumen gentium" (LG) als "Herzstück" hat Kardinal Christoph Schönborn erinnert. Das große Ziel der Weg weisenden Kirchenversammlung sei es gewesen, das im Titel des Dokuments genannte "Licht Christi" besser zum Leuchten zu bringen. Um dem Anspruch gerecht zu werden, dass das Licht Christi auf dem Antlitz der Kirche leuchtet, damit es alle Völker erreicht, "dann muss dieses Antlitz auch erneuert, sozusagen gereinigt ... werden", hielt der Wiener Erzbischof fest.
Schönborn, ehemaliger Professor für Dogmatik, Sekretär der Vatikan-Kommission für die Abfassung des Weltkatechismus und langjähriges Mitglied des Dikasteriums für die Glaubenslehre (früher: Glaubenskongregation), äußerte sich in einem Beitrag für die Zeitschrift "theologie aktuell" der Theologischen Kurse, deren aktuelle Ausgabe dem 60-Jahr-Jubiläum des Konzils gewidmet ist. Der Kardinal skizzierte darin, "wie ich das Erbe des Konzils als Auftrag sehe, wo ich Hoffnungspunkte sehe, die der weiteren Entfaltung harren".
Zwei in LG vorgegebene Grundlinien haben sich laut Schönborn bewährt und sichtbare Ergebnisse erbracht: die Erklärung "Nostra aetate" über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, daraus besonders der Artikel über das Verhältnis zum Judentum. Letzteres sei nicht nur äußeren Anstößen geschuldet, sondern direkte Frucht einer tieferen Besinnung auf das Wesen der Kirche: "Je tiefer wir in das faszinierende, reiche Geheimnis der Kirche eindringen, umso klarer sehen wir ihre jüdischen Wurzeln", betonte Schönborn.
Im neuen Millennium mit seinen multireligiösen Gesellschaften von großer Bedeutung ist nach den Worten des Kardinals die Erklärung "Dignitatis humanae" über die Religionsfreiheit. Entgegen der Meinung "mancher Kreise", die katholische Kirche habe damit "die gesunde Lehre preisgegeben und sich dem liberalen Zeitgeist angepasst", hielt Schönborn fest: Die Achtung der Religionsfreiheit ergebe sich aus dem Innersten der Kirche selber als Anspruch und sei keineswegs eine vordergründige "Anpassung".
Auch die Öffnung hin zur christlichen Ökumene durch das Konzil entsprang nach den Worten des Kardinals einer vertieften Betrachtung der Kirche, ebenso die Impulse durch die Pastoralkonstitution "Gaudium et spes": Diese setze voraus, dass das soziale, gesellschaftliche, kulturelle Engagement "nicht wie ein Fremdkörper zur Geheimnisdimension der Kirche hinzukommt", sondern als ein Auftrag, der dem innersten Wesen der Kirche entspreche.
Die Kirche als das "Sakrament der Gottesgemeinschaft" könne nur dann ihre Mission erfüllen, wenn sie immerfort den Weg der Buße und Erneuerung geht, verwies Schönborn auf LG 8. "Diesen Weg mutig und mit einem großen Vertrauen in die reinigende Kraft des Heiligen Geistes zu gehen, war das geisterfüllte Wagnis, das Papst Johannes XXIII. eingegangen ist."
Der Wiener Erzbischof stellte abschießend die Frage, ob das kirchliche Antlitz, auf dem das Licht Christi leuchten soll, in den Jahren seit dem Konzil an Strahlkraft gewonnen oder verloren hat. Er erinnerte an einen Vortrag Karl Rahners vor knapp 60 Jahren in Köln, den er als junger Student "voll Begeisterung über die täglichen Nachrichten vom Konzil" miterlebte. Der Schlusssatz des großen Konzilstheologen sei ihm damals "zu simpel für mein junges Studentengemüt" erschienen. Rahner habe sinngemäß betont, das ganze Konzil und seine Reformen wäre umsonst, wenn dadurch nicht mehr Glaube, Hoffnung und Liebe wüchsen. Heute sehe er diese Anmerkung "alles andere als naiv und simplistisch". Schönborn: "Ist Rahners Wort in Erfüllung gegangen? Die Antwort darauf muss jeder von uns in seinem Leben ausbuchstabieren."