Das Zweite Vatikanische Konzil fand 1962 bis 1965 in vier etwa dreimonatigen Sitzungsperioden statt und war die größte Bischofsversammlung des 20. Jahrhunderts.
Das Zweite Vatikanische Konzil fand 1962 bis 1965 in vier etwa dreimonatigen Sitzungsperioden statt und war die größte Bischofsversammlung des 20. Jahrhunderts.
60 Jahre danach arbeitet sich die Kirche immer noch am Konzil ab - und will zum Teil schon ein drittes.
Die Neuorientierungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) haben das Gesicht der katholischen Kirche verändert - und die Fenster zur Welt weit aufgestoßen. 60 Jahre danach arbeitet sich die Kirche immer noch am Konzil ab - und will zum Teil schon ein drittes.
Das Zweite Vatikanische Konzil fand 1962 bis 1965 in vier etwa dreimonatigen Sitzungsperioden statt und war die größte Bischofsversammlung des 20. Jahrhunderts. Sie war zunächst sehr viel kürzer anberaumt, entwickelte dann aber eine große Eigendynamik. Papst Johannes XXIII. (1958-1963) wünschte sich ein "Aggiornamento" - ital. für "Verheutigung" -, also einen Anschluss der Kirche an die Erfordernisse einer immer komplexeren gesellschaftlichen Wirklichkeit. Das Konzil bewirkte einen enormen geistigen Aufbruch im Kirchenvolk, sorgte mit seinen Reformen aber auch zum Teil für tiefe Verunsicherung: Was sollte fortan gelten, wenn das Alte nicht mehr gilt?
Die dreijährige, am Ende fast unberechenbare Versammlung führte in der Folge zu tiefgreifenden Veränderungen: etwa zu einer liturgischen Erneuerung mit Zurückdrängung der lateinischen Messe, zu einem verstärkten Selbstbewusstsein der Ortsbischöfe gegenüber Rom, aber auch von Laien gegenüber Bischöfen. Auch eine Bewusstwerdung von Weltkirche und eine ökumenische Öffnung gehörten dazu.
Mit einem neuen Selbstverständnis versteht sich die katholische Kirche nun als Gemeinschaft von Gläubigen, als "Volk Gottes" auf dem Weg durch die Zeit. Ein "gemeinsames Priestertum" aller Gläubigen wird betont, das bei Priestern und Laien in unterschiedlichen Formen verwirklicht wird. Jeder Mensch, so das Konzil, habe das bürgerliche Recht auf Religionsfreiheit, dürfe also seine Religion frei nach dem eigenen Gewissen wählen. Geklärt wird auch das Verhältnis der römischen Kirche zum Judentum; traditioneller kirchlicher Antijudaismus erhält eine klare Absage. Auch öffnet sich die Kirche anderen nichtchristlichen Religionen im Dialog.
Versucht wurde eine umfassende Positionsbestimmung der "Kirche in der Welt von heute", etwa im Verhältnis zu Rüstung, Angriffskrieg und Selbstverteidigung, sowie eine Verbindung von wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Fortschritt mit gelebter Solidarität. Der kommunistische Atheismus wird verurteilt.
Die österreichischen Konzilsteilnehmer konnten wesentliche Impulse einbringen. Historisch unbestritten ist die wichtige Rolle von Kardinal Franz König beispielsweise beim Entstehen der Konzilserklärung "Nostra Aetate" über das Verhältnis der Katholischen Kirche zum Judentum und zu den nichtchristlichen Religionen. Aber auch andere Bischöfe aus Österreich waren Mitglieder von Konzilskommissionen: der Linzer Bischof Franz Zauner in der Kommission für die Liturgie und Bischof Stefan Laszlo in jener für das Laienapostolat und die Massenkommunikationsmittel. Mehrere Österreicher wurden auch zu Sachverständigen des Konzils berufen: Der bekannteste unter ihnen war der damals in Innsbruck lehrende Jesuit Karl Rahner. Mit ihrer Expertise waren zudem gefragt der Geistliche Assistent der Katholischen Aktion Österreichs, Ferdinand Klostermann (Linz), der Generalprokurator der Augustinerchorherren in Rom, Abt Karl Egger, sowie der Innsbrucker Theologieprofessor P. Josef Jungmann.
Schon während des Konzils hatten Reformflügel und konservatives Lager große Mühe, inhaltliche Differenzen über Botschaft und Ausrichtung der katholischen Kirche in für beide Seiten gangbare Kompromissformeln zu bringen. Diese kirchenpolitischen Spannungen setzen sich bis heute fort.
Einseitige Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes, sprich des Papstes und der Bischöfe, für oder gegen Reformen in zentralen Streitfragen drohten größere Teile des Kirchenvolkes außen vor zu lassen und wären eine Bedrohung für die Kircheneinheit von über 1,4 Milliarden Katholiken. Garant der Einheit zu sein und ihr zu dienen, ist aber die wichtigste Aufgabe des Bischofs von Rom.
Viele, vor allem reformorientierte Katholiken fordern heute ein neues Konzil. Papst Franziskus hat im Oktober 2021 einen weltweiten Synodalen Weg für die mehr als 100 nationalen und regionalen katholischen Bischofskonferenzen der Weltkirche initiiert. Über dessen Konsequenzen soll als Finale eine römische Bischofssynode im Oktober 2023 beraten.
Die Geisteshaltung, die hinter diesem Projekt steht - eine zeitgemäße Ausrichtung und Verkündigung zu entwickeln -, ist der Motivation von Papst Johannes XXIII. Anfang der 1960er Jahre nicht unähnlich. Allerdings fehlt es einem solchen dialogisch ausgerichteten Prozess womöglich an kirchenrechtlicher Autorität, um eine ähnlich breite Wirkung erzielen zu können wie ein Konzil.