Der Prälat-Leopold-Ungar-Preis ist mit 20.000 Euro einer der höchstdotierten Journalismuspreise Österreichs. Er geht zurück auf das Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar (1912-1992), dem langjährigen Präsidenten der Caritas in Österreich.
Der Prälat-Leopold-Ungar-Preis ist mit 20.000 Euro einer der höchstdotierten Journalismuspreise Österreichs. Er geht zurück auf das Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar (1912-1992), dem langjährigen Präsidenten der Caritas in Österreich.
Wiener Caritasdirektor Schwertner: Mehr Journalismus, Einordnung und Differenzierung ist Antwort auf tiefgreifenden Strukturwandel der Öffentlichkeit.
Die Caritas der Erzdiözese Wien und die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien haben die diesjährigen "Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreise" verliehen. Bei der Feier am Dienstagabend in der Wiener Brunnenpassage wurden Soraya Pechtl (Falter), Matthias Däuble (Ö1), Vanessa Böttcher (ORF2), Stefan Melichar, Michael Nikbakhsh, Ola Westerberg und Sebastian Pumberger (Profil) mit Hauptpreisen ausgezeichnet.
Der Prälat-Leopold-Ungar-Preis ist mit 20.000 Euro einer der höchstdotierten Journalismuspreise Österreichs. Er geht zurück auf das Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar (1912-1992), dem langjährigen Präsidenten der Caritas in Österreich. Mit dem Preis wurden heuer bereits in der 19. Auflage Beiträge prämiert, die sich Themen wie Obdachlosigkeit, Flucht, Armut oder Pflegebedürftigkeit auseinandersetzen.
"Die Not nimmt aktuell infolge der Krisen zu. Corona, die Teuerungen, der Krieg in der Ukraine - all das lässt den Druck steigen. Die Journalistinnen und Journalisten, deren Arbeiten heute ausgezeichnet werden, geben Menschen in Not ein Gesicht", betonte Klaus Schwertner, geschäftsführender Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, bei der Preisverleihung. Dabei würden die Vorzeichen immer herausfordernder, so Schwertner: "Die Digitalisierung birgt nebst den oft zitierten Chancen auch Gefahren für Demokratie und Gesellschaft." Derzeit sei ein tiefgreifender Strukturwandel der Öffentlichkeit bemerkbar. Die Antwort auf diesen Wandel müsse mehr Journalismus sein - "mehr Einordnung, mehr Differenzierung und Grautöne dort, wo Social-Media nur Schwarz oder Weiß zulassen", zeigte sich der Wiener Caritasdirektor überzeugt.
ORF-Satiriker und Kabarettist Peter Klien widmete sich in seiner Festrede den aktuellen Geschehnissen im Medienbetrieb: "Mehr Transparenz und weniger Macht der Parteien - das sollten wir gemeinsam anstreben." Begleitet werden müsse das von einem Journalismus, "der nicht die 'Verhaberung' sucht" - "wo man dem Gegenüber nicht nur auf die Schulter klopft, sondern auch einmal auf die Finger". Dabei gelte, "wer unabhängig berichten will, muss auch finanziell unabhängig sein", zeigte sich Klien überzeugt. Kritik übte der Satiriker auch an den Verlockungen einer Inseratenkorruption, "mit der die Politik die Medien ködert". Das resultiere dann in nichtssagenden Inseraten, die von Bundesländern oder Bundesregierung beliebig verteilt werden - "den Braven viel, den Schlimmen wenig. 'Nach Gutsherrenart'."
Den Hauptpreis in der Kategorie Print erhielt Soraya Pechtl von der Wochenzeitung "Falter". In ihrer Arbeit mit dem Titel "Gib mir 10 Minuten" beleuchtete die Journalistin die prekären Arbeitsbedingungen bei Online-Lieferdiensten. In verdeckter Recherche zeichnete Pechtl das Bild eines digitalen Businessmodells, das ohne analoges Dienstleistungsprekariat nicht auszukommen scheint. In einer zweiten Arbeit Pechtls, die mit dem Ungar-Preis ausgezeichnet wurde, geht es um das Thema Pflege als Geschäftsmodell. In "Die Abzocke im Altersheim" steht die Seniorenresidenz Josefstadt im Fokus, wo eine Pflegeabteilung offensichtlich mangels Rentabilität geschlossen wurde und nur die gesunden Kundinnen und Kunden bleiben durften.
Vanessa Böttcher erhielt den Hauptpreis in der Kategorie Fernsehen für ihren ORF-Weltjournal-Beitrag "Ukraine - Die Wahrheit unter den Trümmern". Böttcher sei den Spuren der Verbrechen im Ukrainekrieg mit großer Empathie und gleichzeitig großer journalistischer Genauigkeit nachgegangen. "Ihr Bericht darüber sollte überall dort gezeigt werden, wo immer noch darüber diskutiert wird, wer hier die Täter sind", hieß es in der Jurybegründung.
Der Hauptpreis in der Kategorie Online/Multimedia ging an die Profil-Journalisten Stefan Melichar, Michael Nikbakhsh und Sebastian Pumberger, die gemeinsam mit dem schwedischen Investigativ-Journalisten Ola Westerberg "Öl, Blut, Gier - Die Akte OMV-Sudan" verfasst haben. Die Recherche enthülle, "wie skrupellos sich Ölkonzerne an Leid und Tod in Afrika bereicherten - darunter die OMV", so die Jurybegründung. Auf Basis Tausender Aktenseiten werde ein tiefer Einblick in die Rolle des heimischen Ölkonzerns gewährt, die er einst im südsudanesischen Bürgerkriegsgebiet gespielt habe. Damit sei der Artikel "ein Paradebeispiel für investigativen Journalismus".
In der Kategorie Radio wurde die Reportage "Octavian will helfen" von Matthias Däuble für ausgezeichnet. Der Radiojournalist begleitete den Wiener Kleintransporteur Octavian auf seiner 1.000 Kilometer langen Fahrt an die rumänisch-ukrainische Grenze. Beladen mit Medikamenten, Verbandszeug und anderen Hilfsgütern, die er und das Wiener Reparatur- und Servicezentrum RUSZ gesammelt haben, will der gebürtige Moldawier Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, helfen. "Die Aufnahmen aus diesen 33 Stunden bilden die Grundlage einer packenden Reportage der privaten Hilfsbereitschaft in einer Ausnahmesituation", so die Jurybegründung.
Neben den Hauptpreisen wurden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Anerkennungspreise vergeben - u.a. solche, die die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und die Situation der Frauen in dem Land beleuchteten. Die Auswahl der prämierten Arbeiten oblag einer unabhängigen Jury aus Roland Machatschke (Juryvorsitzender), Susanne Scholl, Andrea Puschl-Schliefnig, Ingrid Brodnig, Florian Klenk, Cornelia Krebs und Irene Brickner.