In einem eigenen Gottesdienst mit Kardinal Christoph Schönborn wurde Andrea Geiger (re.) im November verabschiedet. Otmar Spanner (li.) ist ihr Nachfolger.
In einem eigenen Gottesdienst mit Kardinal Christoph Schönborn wurde Andrea Geiger (re.) im November verabschiedet. Otmar Spanner (li.) ist ihr Nachfolger.
Andrea Geiger, die seit 2008 den diözesanen Entwicklungsprozess APG 2.1 gestaltet hat, geht zurück in ihre Heimat Vorarlberg und übergibt ihre Aufgaben an Otmar Spanner. Zeit für einen Blick zurück und nach vorne: Wie blickt Geiger auf ihre Zeit zurück und was hat Spanner vor? Das erzählen die beiden Oliver Steinringer von der diözesanen Öffentlichkeitsarbeit.
Viele gefüllte Umzugskisten stehen in Andrea Geigers Büro. Von hier aus hat sie 14 Jahre lang den diözesanen Entwicklungsprozess APG 2.1 begleitet. Nun nimmt sie Abschied. Geiger erhielt das Angebot, die Bildungsarbeit im vorarlbergischen Bildungshaus St. Arbogast zu leiten und coacht das Projekt „DiveIn“ in ihrer Heimat. Ihre Aufgaben übernimmt Otmar Spanner, der den Entwicklungsprozess an der Seite Geigers bisher mitgestaltet hat.
Mit einer grundlegenden Frage leitet Andrea Geiger ihre Reflexionen zu ihrer langjährigen Tätigkeit ein: „Was ist unser Auftrag als Kirche auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien?“ Diese Frage hat sie über all die Jahre in ihrer Arbeit begleitet. „Um das zu entdecken, müssen wir zuerst in die Schule Jesu gehen: Was ist das Erbe, das Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern mitgegeben hat, als er sagte: ‚So, jetzt seid ihr dran!‘?“
Dabei war es Geiger immer ein Anliegen, dass gelebt wird, was gepredigt und gesagt wird: „Wird das, wovon wir sprechen, was wir verkünden und was wir beten, spürbar durch unser Tun? Wie viel hören wir im Gottesdienst von Liebe, Gemeinschaft und Freude. Mir ist es ein Anliegen, dass das durch unseren Umgang mit den Mitmenschen erfahrbar wird.“
Die biblische Apostelgeschichte, die über die Anfänge und die Missionstätigkeiten der ersten christlichen Gemeinden erzählt, in der Erzdiözese Wien fortzuschreiben, war das leitende Ziel von Geigers Arbeit. Dazu zählt, den Menschen die Botschaft Jesu näherzubringen und zu vertiefen, als Christ und Christin in der Nachfolge Jesu zu wachsen und die diözesanen Strukturen auf die gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungen anzupassen.
Highlights des bisherigen diözesanen Entwicklungsprozesses waren mehrere Diözesanversammlungen im Stephansdom, zwei Diözesanwallfahrten (eine nach Rom und eine per Schiff auf den Spuren des Heiligen Paulus), Missionswochen, Tage der Räte sowie zahlreiche Studienreisen zu innovativen christlichen Gemeinden.
Was Andrea Geiger immer wichtig war: Christliches Leben ist keine Kopf-, sondern eine Beziehungssache: „Führt das, was wir tun, schlussendlich zur Erfahrung und Begegnung mit Gott oder bleibt es bloße Theorie?“ Bei ihrem vollen Terminkalender und der vielen Organisationsarbeit durfte sie immer wieder die Erfahrung machen, dass Gott wirkt: „Bei den vielen Veranstaltungen gab es Momente der Gemeinschaft, in denen mir klargeworden ist, dass etwas passiert, was wir nie hätten machen können. Da hat der Himmel die Erde berührt und ich habe gemerkt: Es macht einen Unterschied, ob ich mit Jesus unterwegs bin oder nicht.“
Herausforderungen gab es einige. Die größte war die „Ungleichzeitigkeit“, wie es Andrea Geiger ausdrückt, und meint damit die verschiedenen Geschwindigkeiten der Pfarren in der Umsetzung des Entwicklungsprozesses: „Was für die einen viel zu schnell geht, geht für die anderen viel zu langsam. Bei den einen ist der Entwicklungsprozess schon voll angekommen, während die anderen noch nicht mal mitbekommen haben, dass wir seit Jahren in einem Entwicklungsprozess sind.“ Zudem ticke jede Pfarre anders. Eine kleine Pfarre im Weinviertel könne man mit einer großen Pfarre in der Stadt nicht vergleichen.
Nun übernimmt Otmar Spanner die Leitung des APG-Büros. Seine Mission: die Mission. Der Entwicklungsprozess geht weiter. „Am Grundauftrag, den wir haben, ist nicht zu rütteln. Wir als APG-Büro durften immer Motor sein, um diesen Prozess voranzutreiben“, sagt der neue Leiter und stellt wie Geiger eine grundsätzliche Frage: „Leben wir, wozu wir als Kirche da sind, oder bauen wir perfekt hergerichtete historische Gebäude, in denen kein Leben ist?“
Kirche habe den Auftrag, auf die Zeichen der Zeit kreativ zu reagieren. In der Vergangenheit lag einer der Schwerpunkte des Prozesses dort, wo sich neue Formen des Glaubens entwickelt haben und Neues entstanden ist. „Dort wollen wir uns auch in Zukunft einbringen und so unseren Grundauftrag als Kirche erfüllen.“
Für Otmar Spanner ist eines ganz klar: Kirche soll wachsen. Die Aufgabe der Erzdiözese Wien sieht er darin, das Wachstum der Kirche zu fördern: „Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir als Kirche nicht wachsen wollen. Damit wir wachsen können, brauchen wir Menschen, die mit Leidenschaft Menschen für Gott begeistern. Sonst sind wir nicht ansteckend.“
Eine Methode zum Wachstum: die Irritation. „Wir möchten ein wenig Irritation ins System bringen, um den Prozess voranzutreiben. Wir wissen alle selber, wie es ist, wenn wir in den Alltagstrott hineinkommen. Da tut es gut, wenn man ab und zu bei Veranstaltungen und Begegnungen wieder aufgerüttelt und an den Grundauftrag der Kirche erinnert wird. Unsere Mitarbeiter/innen sollen sich immer wieder über ihre Erfahrungen austauschen können. Diese Energie wollen wir auch in Zukunft wecken.“
Seinen Fokus legt Spanner auf junge Menschen. Er möchte vor allem Jugendliche und junge Erwachsene dabei unterstützen, ihre Visionen und Träume von Kirche zu verwirklichen. „Junge Menschen sind die Kirche von heute und von morgen – und sie sind noch da, wenn wir einmal nicht mehr sind.“ Die begonnenen Startup-Gemeindegründungen wird er weiterführen und beim Wachsen unterstützen.
Die gemeinsame Arbeit für den diözesanen Entwicklungsprozess hat Spanner und Geiger zusammengeschweißt. „In der Zusammenarbeit mit Andrea habe ich verstanden, wieso Jesus seine Jünger immer zu zweit ausgeschickt hat. Man fordert und fördert, inspiriert und unterstützt sich gegenseitig.“ Mit dem Weggang Geigers aus Wien trennen sich beruflich die Wege der beiden. Die Umzugskartons machen sich auf den Weg nach Vorarlberg. Die Verbundenheit zwischen den beiden bleibt.