P. Kiesling wirkt bereits seit 41 Jahren in der DR Kongo und ist für sein Lebenswerk im Vorjahr bei einem Wien-Besuch mit dem ersten "Austria.on.Mission-Awards" der Päpstlichen Missionswerke ausgezeichnet worden.
P. Kiesling wirkt bereits seit 41 Jahren in der DR Kongo und ist für sein Lebenswerk im Vorjahr bei einem Wien-Besuch mit dem ersten "Austria.on.Mission-Awards" der Päpstlichen Missionswerke ausgezeichnet worden.
Der Papst wird das Bemühen um Frieden fördern und die Kirche in ihrem Einsatz für Menschenrechte stärken, so der seit 41 Jahren in der Demokratischen Republik Kongo tätiger Salesianerpriester P. Kiesling.
Mit seinem Besuch in der Demokratischen Republik Kongo will Papst Franziskus jenen Impuls für Versöhnung geben, welchen der zentralafrikanische Unruhestaat dringend braucht: Zu dieser Einschätzung ist der österreichische Kongo-Missionar P. Johann Kiesling (88) im Interview. Einerseits werde die Visite wohl ein "Fingerzeig" auf die vielen Probleme und Ungerechtigkeiten im Kongo sowie eine Mahnung an die Führung des Landes, Politik zugunsten der Bevölkerung zu betreiben, so der derzeit in der südöstlich gelegenen Stadt Lubumbashi stationierte Ordensmann. Zugleich gelte es, angesichts aktueller Unruhen das Bemühen um Frieden zu fördern und den Beitrag der Ortskirche dazu zu stärken.
P. Kiesling wirkt bereits seit 41 Jahren in der DR Kongo und ist für sein Lebenswerk im Vorjahr bei einem Wien-Besuch mit dem ersten "Austria.on.Mission-Awards" der Päpstlichen Missionswerke ausgezeichnet worden. Die Entwicklung im Land sei seit seiner Ankunft zwar vorangekommen, jedoch nur sehr schleppend und mit Rückschlägen, so der Eindruck des Ordensmannes. Als Grundübel dabei sehe er die grassierende Korruption: "So reich der Kongo auch an wertvollen Bodenschätzen ist, gehen doch alle Gewinne außer Land. Der offensichtliche Grund dafür ist, dass die Politiker Bestechungsgelder erhalten - und daraufhin die Gesetze so gestalten, wie es die internationalen Konzerne wünschen."
Kiesling bedauerte, dass Papst Franziskus nicht wie ursprünglich geplant Station in Goma macht, der Hauptstadt der an der Grenze zu Ruanda gelegenen Unruheprovinz Nord-Kivu. Dabei handelt es sich um die Abbauprovinz für den Handy-Rohstoff Coltan, was jedoch für die Bevölkerung eher ein Fluch statt Segen sei: Das Schürfen geschehe unter schlimmen Menschenrechtsverletzungen wie etwa auch Raubzüge und Vergewaltigungen in den umliegenden Dörfern durch die zur Bewachung abgestellten Privatheere. "Ein wirkliches Bemühen um Frieden gibt es hier nicht. Die Anwesenheit des Papstes hätte den Finger wohl noch deutlicher auf diese offene Wunde gelegt als es nun durch den Aufenthalt in der Hauptstadt Kinshasa geschehen kann", so die Einschätzung des Salesianerpaters.
Rückhalt geben werde der Papst auch der katholischen Kirche im Kongo als Helferin und Stimme für die Armen und Unterdrückten. Für diesen Einsatz habe die Kirche allerdings erst einen mühevollen Lernprozess vollziehen müssen, bemerkte Kiesling: Auch der frühere Diktator Mobutu (1930-1997) habe sich bei Bischöfen deren Stillschweigen erkauft - "mit Summen, die dann zwar in kirchliche Sozialprojekte wie etwa Armenspitäler flossen, letztendlich aber viel an nötiger Kritik verhinderte", wie der Ordensmann berichtete. Inzwischen habe man die Rolle neu gefunden, was Kiesling etwa bei den Wahlen - die 2023 erneut anstehen - bestätigt sieht: Als ihren Beitrag für korrekte und transparente Wahlen bilde die Kirche jedesmal zehntausende freiwillige Beobachter aus und erhebe bei Unstimmigkeiten Protest.
Als wichtigsten Beitrag der Kirche zum Wandel bezeichnete P. Kiesling jedoch ihr Engagement im Bildungssystem. Die Schulen würden vom Staat stark vernachlässigt, erkennbar etwa an den niedrigen Lehrergehältern von derzeit um die 130 US-Dollar monatlich, was oft nur zum Überleben reiche. "Streiks aus diesem Grund wurden von oft einfach ignoriert, sodass dann manchmal über Monate der Unterricht ausfiel. Der Staat zeigt kein Interesse an der Bildung, da ungebildete Menschen leichter zu regieren sind als gebildete." Die Kirche versuche gegen diesen Missstand anzukämpfen - insbesondere der Orden der Salesianer Don Boscos, dem P. Kiesling angehört.
Als "moralische Notwendigkeit" bezeichnete der Missionar die Bildung auch zur Überwindung des Geisterglaubens, der trotz des hohen christlichen Bevölkerungsanteils von 80 Prozent weiterhin präsent sei. Verschiedenste Anlässe - "von Krankheiten, deren Ursache unklar ist, bis hin zu verstecktem Neid über die bessere Maisernte des Nachbarn" - führten noch immer häufig dazu, dass Menschen der "Hexerei" beschuldigt und infolge aus Dorfverbänden ausgeschlossen oder Opfer von Gewaltakten würden. "Besonders oft gibt es solche Tragödien in Dörfern, in denen es keine Schulen gibt. Mit der Bildung nehmen solche schädlichen Ansichten ab", so P. Kiesling. Durch die Errichtung von Schulen, die der Ordensmann in seinem jahrzehntelangen Wirken ebenso wie Brunnenbauten oder Gesundheitsstationen vorangetrieben hat, werde die Entwicklung einer ganzen Region gefördert.
Die katholische Kirche im Kongo beschrieb P. Kiesling als sehr lebendig. Alle Dörfer seien bestrebt danach, zumindest eine kleine Kapelle zu errichten und ihr Gemeindeleben zu strukturieren. "Meistens gibt es dann einen Vorstand wie in Vereinen und zudem eine Person, die für die meist mehrjährige Vorbereitung auf den Sakramentempfang zuständig ist. Wir Priester kommen dann und wann, um die Taufe zu spenden oder mit den Menschen Hochzeit zu feiern." Auch die Zahl der geistlichen Berufungen sei hoch. Kiesling lebt in einer Ausbildungsstätte für derzeit 85 junge angehende Salesianer, mit jedem Jahrgang kämen zwischen 25 und 30 neue dazu. Die Ordensprovinz Kongo sei erst kürzlich geteilt worden, aus Personalgründen und auch um die Reisedistanzen im zweitgrößten Land Afrikas zu verringern.
P. Kiesling ist in seiner Wohnstätte in Lubumbashi einer von nur drei Priestern, die aus Europa stammen. "Früher war es umgekehrt, da waren wir viele aus Europa und wenige aus dem Kongo. Heute ist es so, dass eher Europas Kirche Hilfe der Missionare aus Afrika braucht", berichtete der 88-jährige Priester. Nicht nur im Salesianerorden sei es häufig so, dass Priesterkandidaten das Theologiestudium in Europa finanziert wird, wenn sich diese dort für einige Jahre im seelsorglichen Dienst verpflichten. Ein übergroßes "Drängen nach Europa" verspüre er bei den Seminaristen im Kongo nicht, "aber von den 85 sagen vielleicht 15, sie wollen einmal in die Mission gehen", berichtete der Priester. Aufgrund der Sprache sei das Ziel zumeist Frankreich oder Belgien.