Die Kirche St. Augustin ist ein Zentrum für Kirchenmusik in Wien. Am 29. Jänner beging man das 3800. Hochamt nach dem 2. Weltkrieg. Ein Bericht von Thomas Dolezal.
Die ehemalige Hofpfarrkirche St. Augustin ist berühmt für ihre Kirchenmusik, die in den sonn- und feiertägigen Hochämtern in hoher Qualität lebendig ist. („Hochamt“ übersetzt sich aus dem lateinischen „summum officium“, höchster/s Dienst, Amt, und meint die feierlich[st]e Form der heiligen Messe). Auch am 29. Jänner war die Kirche voll wie immer. Musikalisch wurde der Gottesdienst mit Charles Gounods Cäcilien-Messe gestaltet, deren reiche Instrumentalbesetzung auch zur mitreißenden Erhöhung des Allgemeinen Gesangs („Volksgesangs“) verwendet wurde; gleich zu Beginn stimmten Fanfaren zu „Nun danket alle Gott“ darauf ein.
Dennoch: die Musik allein ist keine Garantie für erfülltes und beglückendes Feiern. Die einzigartige Atmosphäre der Hochämter in St. Augustin – so meinte jemand, der von anderswo regelmäßig zum Gottesdienst hierher kommt – entsteht aus mehreren Elementen: sinnerfasster, klarer Vortrag der Schriftlesungen, ansprechende, mitunter humorvolle Predigten, würdevoller Altardienst, erstklassiges liturgisches Orgelspiel, festliche Beleuchtung, wohlduftender Weihrauch, Blumenschmuck, Paramentik, Musik – dieses „Gesamtkunstwerk Liturgie“ erhebt die Mitfeiernden, es führt sie der Gottesbegegnung zu und entlässt sie hochgestimmt aus dem Gottesdienst.
Die Hochämter in St. Augustin haben jahrhundertelang Tradition. Selbst in den entbehrungsreichen Jahren des 2. Weltkriegs wurden die Gottesdienste soweit möglich musikalisch begleitet, zunächst unter der Leitung von Christian Eder, der in Nachfolge seines Vaters Leopold seit 1903 als Chordirektor tätig war. Nach Eders Tod im Mai 1944 gestaltete Josef Schabasser mit seinem Chor der Kirche St. Josef ob der Laimgrube die (damals abendlichen) Hochämter in St. Augustin.
Kurz vor Kriegsende wurde die Augustinerkirche bei einem Luftangriff im April 1945 schwer beschädigt. Man richtete eine Notkapelle im Kloster ein; auch dort sang man, wenngleich räumlich eingeschränkt, ab 1947 wieder feierliche Messen.
Nach den Jahren der Restaurierung wurde die Augustinerkirche am Christkönigssonntag 1950 mit einer Pontifikalmesse mit Mozarts Krönungs-Messe wiedereröffnet. Ab nun begann die Zählung der gesungenen Hochämter; das 500. gab es im Jänner 1960 mit Haydns Nelson-Messe, das 1000. im Februar 1971 mit Bruckners Messe in e-Moll.
Kurz vor Beginn der Fastenzeit geht man nun noch einmal „mit Pauken und Trompeten“ ans Werk. Gesungen wird Haydns Pauken-Messe, die – traurig aktuell – „in tempore belli“, in einer Kriegszeit, entstanden ist. Sie war von den Eltern des Neupriesters Joseph Hoffmann für dessen Primiz in der Wiener Piaristenkirche bei Haydn bestellt worden; ebenda ist sie am Stephanitag 1796 erstmals erklungen.
Sonntag, 19.2., 11 Uhr: Joseph Haydn, Pauken-Messe
Augustinerkirche, 1010, Josefsplatz