Caritas-Präsident Landau und Wiener Caritas-Direktor Schwertner im "Radio klassik Stephansdom"-Interview über Solidarität mit Ukraine-Flüchtlingen und Menschen in Not in Österreich.
Caritas-Präsident Michael Landau hat einmal mehr eindringlich davor gewarnt, im politischen und gesellschaftlichen Diskurs die Not der Menschen in Österreich und anderen Länder der Welt gegeneinander auszuspielen. "Als Caritas sind wir in Österreich an vielen Orten präsent, weil wir uns mit der Not nicht abfinden dürfen. Gleiches gilt aber etwa auch für die Menschen in der Republik Moldau." Landau äußerte sich gemeinsam mit dem Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner im Interview mit "Radio klassik Stephansdom" anlässlich der aktuellen Caritas-Kinderkampagne.
Moldau ist ein Schwerpunktland der aktuellen Kinderkampagne. 14 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer wurden aufgrund des russischen Angriffs zu Flüchtlingen. 6 Millionen davon mussten ins Ausland fliehen. Nicht wenige davon sind auch in der Republik Moldau gelandet. Rund 110.000 befinden sich derzeit in dem kleinen verarmten Land. Die Hälfte davon sind Kinder.
Landau und Schwertner haben dieser Tage Moldau bereist, um die ukrainischen Flüchtlinge und ihre moldauischen Gastfamilien zu besuchen, die selbst kaum das Nötigste zum Leben haben. Um die Grundbedürfnisse von Geflüchteten, Aufnahmefamilien und gefährdeten lokalen Familien zu decken, verteilt die Caritas über lokale Partner in Dörfern u.a. Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Brennholz und Winterkleidung. Zudem werden Flüchtlingsunterkünfte und Tageszentren für Kinder betrieben. Geflüchtete werden versorgt sowie psychologisch betreut. Für die Kinder gibt es Online-Unterricht und Freizeitaktivitäten.
Es gelte, so Landau im "Radio klassik Stephansdom"-Interview, das Leid wahrzunehmen, "weil es ein Stück Realität ganz nahe von Österreich hier mitten in Europa ist". Europa dürfe die Menschen in Moldau nicht vergessen. Er sei deshalb auch "unendlich dankbar für die Hilfe, die die Menschen aus Österreich hier möglich machen", so der Caritas-Präsident: "Die Hilfe kommt an und sie macht einen ganz entscheidenden Unterschied für jedes einzelne Kind, für jede einzelne Mutter, für dieses Land, das Enormes leistet, gerade auch angesichts des Kriegs in der Nachbarschaft."
Es gebe in der österreichischen Bevölkerung sehr große Solidarität auch über Grenzen hinweg, stellte Landau fest. Er würde sich wünschen, "dass verantwortliche Politiker auch diesen Mut und diese Solidarität leben". Nachsatz: "Jeder, der hinsieht und der, der sein Herz nicht verschließt, weiß, dass es notwendig ist, denen zu helfen, die in Österreich Hilfe brauchen und denen zu helfen, die hier vor Ort Hilfe brauchen."
Der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner wies im Interview auf die Teuerungen hin. Diese würden in Österreich bei rund 10 Prozent liegen, was viele Menschen schwer belaste. In Moldau liege die Inflation aber bei über 30 Prozent: "Wir haben mit Familien gesprochen, die Geflüchtete aufgenommen haben, die einfach sagen, sie wissen nicht, wie sie die Energiekosten bewältigen sollen." Wenn man sich vor Augen halte, dass in Moldau bis zu 90 Prozent aller aus der Ukraine Geflüchteten privat Aufnahme gefunden haben, dann werde das Ausmaß der Herausforderungen deutlich. Das arme und kleine Land Moldau könne dies alleine nicht schaffen.
Der Krieg oder auch die Pandemie hätten deutlich gemacht, "dass es sehr schnell gehen kann, dass man selbst auf Hilfe angewiesen ist", so Schwertner weiter. Sich dies immer wieder bewusst zu machen, helfe auch dabei, "weiterhin solidarisch zu sein, füreinander da zu sein, den Zusammenhalt zu stärken, gerade auf jene zu schauen, die es in diesen Tagen besonders schwer haben".
Österreich habe einen gut ausgebauten Sozialstaat hat, und es gebe auch viel Solidarität im Land, bekräftigte der Caritas-Direktor den Befund von Caritas-Präsident Landau. Aber es gelte dennoch wachsam zu sein, warnte Schwertner vor Neiddebatten. Aufgabe der Caritas sei es darüber hinaus, "den Finger in Wunden zu legen und auch Dinge aufzuzeigen, die nicht gerne gesehen und gehört werden". Schwertner zitierte Kardinal Christoph Schönborn, der einst gesagt hatte: "Eine gute Caritas ist nur eine Caritas, die auch lästig ist."
Caritas-Präsident Landau unterstrich in diesem Zusammenhang auch den unbedingten Zusammenhang von Gottes- und Nächstenliebe: "Wo immer das Wort Gottes gehört wird, wo immer Menschen Eucharistie feiern, dort braucht es auch die Aufmerksamkeit für die Menschen an den Rändern der Gesellschaft und des Lebens."
Er sei Papst Franziskus sehr dankbar, dass es in der Katholischen Kirche "jetzt weit weniger um Fragen geht, wer mit wem welches Bett teilen darf, sondern dass es jetzt darum geht, wie wir gemeinsam dafür sorgen können, dass diese Welt ein Stück menschenfreundlicher und zukunftstauglich wird", so Landau weiter. Wenn der Papst daran erinnere, dass die soziale Verantwortung und die ökologische Verantwortung konsequent zusammen gedacht werden müssen, dann spiegle sich das auch im Alltag der Caritas-Arbeit wider. "Wenn wir in Österreich, aber auch international sehen, dass diejenigen, die die Klimakatastrophe am wenigsten verursacht haben, unter dieser Katastrophe am meisten leiden; wenn wir sehen, dass es meistens die Ärmsten sind, die den höchsten Preis zahlen, etwa im Blick auf die Inflation in Österreich oder in Moldau: Dann sind das Dinge, die die Kirche benennen muss."
(Das Interview mit Caritas-Präsident Landau und Caritas-Direktor Schwertner zum Nachhören unter: radioklassik.at/programm/sendeformate/thema/die-tiefsten-wunden-sind-die-unsichtbaren
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