Wiener Erzbischof in ORF-Interview: Habe ganz tiefes Vertrauen in den Menschen, denn: "Computer können sich nicht verlieben".
Der Siegeszug des Internets auf allen Bereichen, das Überhandnehmen des Online-Lebens und das Aufkommen der Künstlichen Intelligenz (KI) haben nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn nichts am menschlichen Wesen verändert. Zwar gehe durch diese Entwicklungen vieles verloren, was schade sei, aber dennoch "entdecken wir immer wieder die Dinge, die die Grunddaten des Menschen sind", sagte der Wiener Erzbischof am Palmsonntag in der ORF-Sendung "Pressestunde". Solche Lebenserfahrungen ließen sich durch den Computer nicht ersetzen.
Dass der Mensch geboren werde und sterbe, ein Herz habe und ein Gehirn, würde durch die Möglichkeiten des Digitalen nicht verändert, nannte Schönborn als Beispiele. Ebensowenig, "dass wir Mann und Frau sind, mit allen Schattierungen, immer aber geboren von einer Frau". Die Tatsache, dass sich Menschen verlieben, sei ebenfalls "etwas, was kein Computer kann", wie auch das "Staunen über die Schönheit der Natur, die Sorge mit der Krankheit, das Altwerden, die Freude über ein neugeborenes Kind".
Alle diese Lebenserfahrungen seien auch in Zukunft die "Grunddaten" des Menschen und sorgten dafür, dass die Menschen "immer wieder aus Verengungen und Entführungen herausgeholt werden", so Schönborn weiter. Ideologien würden gegenüber der Wirklichkeit nicht halten, habe die Geschichte aufgezeigt. Ähnlich würden auch Fehlentwicklungen auf die Dauer nicht halten. Er habe hier ein "ganz tiefes Vertrauen in den Menschen", sagte der Kardinal.
Angesichts der Entwicklungen bei der KI äußerte Schönborn deshalb Zuversicht. Auch wenn er "absolut nicht ein Digital Native" sei, habe es ihn fasziniert, als kürzlich im Internet mittels KI generierte Bilder von Papst Franziskus in weißer Daunenjacke auftauchten, berichtete der Kardinal. Dennoch hoffe er trotz der nun gegebenen Möglichkeit nicht, "dass unsere Priester oder unsere predigenden Frauen, die es ja überall in der Kirche bei Wortgottesdiensten gibt, jetzt anfangen, ihre Predigten vom Computer machen zu lassen".
Schönborn verwies hier auf das Beispiel des katholischen Pfarrers der zur Erzdiözese Wien gehörenden Gemeinde Brunn am Gebirge, Tom Kruczynski, der sich erst kürzlich dem Wettstreit mit ChatGPT gestellt hatte. Der Priester ließ von der KI-Software eine Predigt verfassen und schrieb selbst eine zum selben Thema, trug dann beide Versionen vor und ließ auf YouTube seine Zuseher beurteilen. "Gott sei Dank hat doch seine eigene Predigt die bessere Note gehabt. Aber es zeigt etwas Dramatisches", bekannte der Erzbischof.
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