Insgesamt räumt in der Studie mit dem Titel "Wie einsam ist Österreich?" fast jeder Dritte ein, dass die Lebensqualität durch Einsamkeit verringert wird und jeder Vierte wünscht sich mehr soziale Kontakte.
Insgesamt räumt in der Studie mit dem Titel "Wie einsam ist Österreich?" fast jeder Dritte ein, dass die Lebensqualität durch Einsamkeit verringert wird und jeder Vierte wünscht sich mehr soziale Kontakte.
SORA-Studie "Wie einsam ist Österreich?" mit 1.000 Befragten: Jeder Vierte wünscht sich mehr soziale Kontakte. Caritas und Magenta ziehen Bilanz zu Projekt "Plaudernetz".
Einsamkeit ist ein Phänomen, dem die Gesellschaft dringend mehr Aufmerksamkeit widmen muss: Das hat Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, am Dienstag im Rahmen der "4Gamechanger-Konferenz" in Wien betont. Hintergrund war die Präsentation einer neuen Studie, bei der 1.000 Menschen vom Sozialforschungsinstitut SORA in ganz Österreich zum Thema Einsamkeit befragt wurden. Insgesamt räumt in der Studie mit dem Titel "Wie einsam ist Österreich?" fast jeder Dritte ein, dass die Lebensqualität durch Einsamkeit verringert wird und jeder Vierte wünscht sich mehr soziale Kontakte. Schwertner forderte folglich einen politischen Pakt gegen "die stille Not der Einsamkeit".
"Einsame Menschen in die Gesellschaft zu holen, ist keine Aufgabe für Facebook oder Partnerschaftsbörsen", sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sowie Aufgabe der Politik, zeigte sich Schwertner überzeugt. Konkret forderte er eine Allianz aus Bund, Ländern, Gemeinden, Glaubensgemeinschaften, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Außerdem sei es Aufgabe der Bundesregierung, lokale Initiativen und Freiwilligenarbeit stärker zu fördern. Bestätigt sah sich Schwertner durch die Ergebnisse der Studie: So sind 53 Prozent überzeugt, dass die Politik mehr Maßnahmen gegen Einsamkeit setzen sollte.
Schwertner verwies auf Länder wie Deutschland oder die Niederlande, die bereits "einen Schritt weiter" seien und das Thema Einsamkeit u. a. in deren Regierungsprogramm aufgenommen hätten. Zwar habe es in Österreich 2020 einen runden Tisch zum Thema Einsamkeit gegeben, zu dem der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz eingeladen hätte, Resultate gäbe es aber bis dato nicht, obwohl das Thema in viele Bereiche des öffentlichen Lebens hineinspiele, wie Stadtplanung oder Wohnformen.
Die Befragung zeige, dass Einsamkeit besonders für ältere und einkommensschwache Menschen ein echtes Problem darstelle, mahnte Schwertner. Die Coronapandemie sowie aktuelle Teuerungen würden das Thema Einsamkeit noch zusätzlich verschärfen. Menschen, die bereits vor der Pandemie unter schwierigen Bedingungen gelebt hätten, seien nun besonders von der Inflation betroffen. Er verwies dabei auf jene 17 Prozent der Befragten, die im Zuge der Studie angegeben hatten, dass sie Sozialkontakte durch die Preisanstiege der jüngeren Vergangenheit einschränken mussten.
Besonders hoch liege dieser Anteil bei Personen mit einem Haushaltseinkommen bis 1.500 Euro: Hier müsse jeder Dritte die Sozialkontakte einschränken. Und auch ältere Menschen geben deutlich häufiger als andere an, "mehr als die Hälfte der Zeit" einsam zu sein. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sei klar, dass das Thema weiter an Bedeutung gewinnen werde.
Abhilfe gegen Einsamkeit schafften u.a. Angebote, wie das "Plaudernetz", das 2020 als Initiative gegen die Einsamkeit am Beginn der Coronapandemie gegründet wurde, so Schwertner. Innerhalb von wenigen Wochen initiierte die Hilfsorganisation gemeinsam mit Magenta Telekom und der Kronenzeitung ein Projekt gegen die Einsamkeit.
Seit dem ersten Telefonat am 8. April 2020 habe es 34.000 Gespräche gegeben. Täglich würden 50 bis70 Telefonat dazukommen, informierte Flora Gall, Caritas-Projektkoordinatorin. "Im ersten Lockdown ging es darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, sich so trotz Abstandsregeln nahe sein zu können." Das Projekt laufe weiter und wolle Anbetracht der hohen Einsamkeit Menschen weiterhin miteinander vernetzen.
Im Durchschnitt dauern die Gespräche rund eine halbe Stunde. Das kostenlose Angebot sei zudem anonym und vertraulich, so Gall. Eine eigene Ausbildung brauche man für die Tätigkeit als Plauderpartner oder Plauderpartnerin nicht. Die aktuell rund 4.100 ehrenamtlich Engagierten würden regelmäßige mit Webinaren und seit Kurzem mit einer Plaudernetz-App unterstützt.
Anders als Krisentelefonangebote - wie die Telefonseelsorge oder "Rat of Draht" - sei das Plaudernetz auf einen Austausch ausgelegt, erklärte Schwertner. Es gehe mehr um ein Erzählen und Zuhören, weniger um eine Krisenintervention. Bei schwierigen Gesprächen oder Themen werde deshalb an Krisentelefonangebote verwiesen. Das Plaudernetz ist täglich von 10 Uhr bis 22 Uhr unter der Telefonnummer 05 1776 100 erreichbar.
Info: www.plaudernetz.at