Johannes Paul I.- Albino Luciani am Abend seiner Amtseinführung
Johannes Paul I.- Albino Luciani am Abend seiner Amtseinführung
Am 25. August 1978 begann das Konklave, aus dem bereits tags darauf überraschend Albino Luciani als Johannes Paul I hervorging.
Am Freitag, dem 25. August 1978 ziehen 111 Kardinäle in die Sixtinische Kapelle zur Wahl des Nachfolgers Pauls VI. Nie zuvor war das Wahlkollegium so groß und international zusammengesetzt. Zum ersten Mal sind Kardinäle, die das 80. Lebensjahr überschritten haben, von der Wahl ausgeschlossen. Der älteste Teilnehmer, der Vietnamese Joseph Marie Trịnh Như Khuê ist Jahrgang 1898, die beiden Jüngsten, Antonio Ribeiro, Patriarch von Lissabon und Joseph Ratzinger, Erzbischof von München und Freysing, sind Jahrgang 1927 bzw. 1926.
Es ist die erste Papstwahl nach dem II. Vatikanischen Konzil. Die teils heftig Auseinandersetzung über die Zukunft der Kirche entscheidet sich nicht zuletzt mit ihr. Der rückwärtsgewandte Flügel in- und außerhalb des Kardinalskollegiums setzt auf den Erzbischof von Genua, Kardinal Giuseppe Siri. Er ist bekannt für seine ablehnende Haltung gegenüber den Konzilsbeschlüssen und galt schon in den Konklaven von 1958 und 1963 Hoffnungsträger der „Bewahrer“. Zudem signalisiert Siri offen seine Bereitschaft, das Amt zu übernehmen.
Kardinal Sergio Pignedoli, der Leiter des Sekretariats für Nicht-Christen, gilt dagegen als "Erbe" Pauls VI. und Garant für Kontinuität. Als Kompromisskandidat gilt der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Sebastiano Baggio. Manche Beobachter halten die Zeit reif für einen Nichtitaliener auf dem Papstthron. Der weitgehend unbekannte Krakauer Erzbischof Karol Wojtyla wird in manchen Medien genannt und wohl meist überlesen.
Giovanni Benelli, Erzbischof von Florenz und enger Vertrauter von Paul VI., der als Hoffnungsträger für eine offene Kirche gilt, unterstützt, unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, im Hintergrund einen Mann, den mit Ausnahme kleinerer italienischer Zeitngen kaum jemand am Schirm hat. Benelli favorisiert den Patriarchen von Venedig, Albino Luciani. Dieser ahnt nichts davon. Noch am Tag vor dem Konklave schreibt er an seine Verwandten: „Zum Glück bin ich absolut außer Gefahr!“
Mit dem Einzug ins Konklave am Freitagnachmittag sind die Fenster des Apostolischen Palastes versiegelt, um die Geheimhaltung der Abstimmungen zu gewährleisten. Die Kardinäle Karol Wojtyła (Polen), Aloísio Lorscheider (Brasilien) und Bernardin Gantin (Benin) werden per Los zu Wahlaufsichtspersonen bestimmt.
Die Kardinäle sind gemäß der Tradition in verschiedenen Räumen des Apostolischen Palastes untergebracht, die für diese Gelegenheit als Schlafzimmer adaptiert worden sind. Diese vorübergehende Unterbringung ist aufgrund der klassisch römischen Sommerhitze bei fehlenden Klimaanlagen äußerst unbequem: Die Temperaturen sind sogar in der Sixtinischen Kapelle schwer erträglich. Das hat auch Einfluss auf das Verbrennen der Stimmzettel für den "Rauch". Einige Kardinäle bitten, wenigstens in dieser Zeit die Fenster leicht zu öffnen.
Die folgende Rekonstruktion basiert auf Berichten, die vermutlich auf Informationen nicht mehr wahlberechtigten Kardinälen zurückgehen und damit aus zweiter oder sogar dritter Hand sind: Die Abstimmungen beginnen am Morgen des 26. August. Der erste Wahlgang ergibt eine Liste von Namen, unter denen Siri zunächst tatsächlich die meisten Stimmen erhält, gefolgt von Luciani, Pignedoli und Baggio. Nach dem zweiten Wahlgang steigt schwarzer Rauch auf. Während der Pause zum Mittagessen treffen sich einige Kardinäle, unter Ihnen der Belgier Leon Suenens, der Spanier Vicente Enrique y Tarancón, der Holländer Bernd Jan Alfrink und Joseph Mary Cordeiro aus Pakistan zum Meinungsaustausch. Sie sind sich bald einig: Sie sind für Luciani. Im dritten Wahlgang erhält Luciani eine starke Unterstützung von etwa 70 Stimmen, nahe am erforderlichen Quorum von 75. Im vierten Wahlgang wird Albino Luciani schließlich mit etwa 101 von 111 abgegebenen Stimmen gewählt.
Die weiße Rauchwolke steigt um 18:24 Uhr aus der Sixtinischen Kapelle auf. Kardinal Pericle Felici, ranghöchster Kardinaldiakon und Vertreter der konservativen Richtung, verkündet die Wahl des neuen Papstes und seines ungewöhnlichen Doppelnamens: Johannes Paul.
Dieses Konklave ist das erste seit 1721, an dem drei zukünftige Päpste teilgenommen haben (Luciani, Wojtyla und Ratzinger). Am Sonntag, dem 27. August endet es mit einer Messe des neuen Papstes und seiner ersten, in Latein gehaltener Predigt.
Zu Mittag betet er bereits den Angelus von der Loggia des Petersdoms aus. Dabei richtet er eine erste spontane Rede an die Gläubigen auf dem Petersplatz, mit der er sofort die Herzen aller gewinnt:
„Gestern Morgen“, so Luciani wörtlich „bin ich ruhig zur Sixtinischen Kapelle gegangen, um meine Stimme abzugeben. Nie hätte ich daran gedacht, was dann bald geschehen sollte. Sobald die Gefahr für mich begann, flüsterten mir meine beiden Kollegen, die neben mir saßen, mutmachende Worte zu. Einer sagte: "Mut! Wenn der Herr eine Last gibt, gibt er auch Hilfe, sie zu tragen." Und der andere Kollege: "Haben Sie keine Angst, auf der ganzen Welt beten so viele Menschen für den neuen Papst." Als der Moment kam, habe ich es akzeptiert. Danach ging es um den Namen, denn sie fragen auch nach dem Namen, den man annehmen möchte, und ich hatte wenig darüber nachgedacht. Ich habe so gedacht: Papst Johannes hat mich mit seinen Händen geweiht, hier in der Basilika des Petersdoms, dann, obwohl unwürdig, bin ich ihm in Venedig auf dem Stuhl des Markus nachgefolgt, in dem Venedig, das noch immer voll von Papst Johannes ist. Die Gondoliere, die Nonnen, alle erinnern sich an ihn. Dann hat Papst Paul mich nicht nur zum Kardinal gemacht, sondern einige Monate zuvor hat er mir auf den Planken des Markusplatzes vor 20.000 Menschen eine Stola umgelegt, und ich wurde so rot, ich bin nie so rot geworden! Andererseits hat dieser Papst in 15 Jahren Pontifikat nicht nur mir, sondern der ganzen Welt gezeigt, wie man liebt, wie man dient, wie man für die Kirche Christi arbeitet und leidet. Deshalb sagte ich: "Ich werde mich Johannes Paul nennen." Ich habe weder die Weisheit des Herzens von Papst Johannes, noch die Vorbereitung und Bildung von Papst Paul, aber ich bin an ihrer Stelle, ich muss versuchen, der Kirche zu dienen. Ich hoffe, dass Ihr mich mit Ihren Gebeten unterstützen werdet.“
Johannes Paul, der neue Papst will also auf der Spur der beiden Konzilspäpste bleiben. Eine hoffnungsvolle Ansage, der Traum vom „zurück in die gute alte Zeit“ erweist sich als Illusion.
Rückblickend kommt die Wahl nicht völlig überraschend: von den anwesenden 111 Wählern waren lediglich zwölf nicht von Papst Paul ernannt worden. Die "Montinianer", sowohl die reformorientierten als auch jene der "Mitte“ bildeten die überragenden Mehrheit des Wahlkollegiums. Der konservative Flügel war schon mathematisch nicht in der Lage, einen Kandidaten auch nur blockieren.
Albino Luciani, der Sohn eines italienischen Gastarbeiters aus den Dolomiten, ist durch und durch Seelsorger, hat eine große Sensibilität für die Soziallehre der Kirche und die brennenden Fragen globaler Gerechtigkeit. Er hat sich intern einen Namen gemacht, als er noch als Patriarch von Venedig mit dem mächtigen Chef der Vatikanbank, Erzbischof Marcinkus wegen dessen undurchsichtiger Bankgeschäfte in einen offenen Konflikt getreten war.
Die schlichte Feier der „Amtseinführung“ des neuen Papstes am Abend des 3. September 1978 kommt erstmal ohne Krönung und anderes Hofzeremoniell aus. Seine Spontaneität und sein Stil eines Landpfarrers wecken bei vielen die Hoffnung auf eine offene, weltzugewandte Kirche. Noch ahnt niemand an diesem Spätsommerabend, wie wenig Zeit dem neuen Papst bleiben wird. In den 33 Tagen seines Wirkens als Papst, hinterlässt er mit seiner Menschenfreundlichkeit und Herzlichkeit eine Spur, die bleibt. Schon in der Nacht vom 28. auf den 29. September 1978 stirbt Luciani völlig überraschend an einem Herzinfarkt.
Am 4. September 2022 nimmt ihn Papst Franziskus in das Verzeichnis der Seligen auf. Sein Gedenktag ist der 26. August, der Tag seiner Wahl zum Nachfolger Petri.
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