Wiener Caritasdirektor Schwertner: Aufstockung der Schlafplätze "wichtiger Schritt", aber nach wie vor zu wenig Plätze vorhanden. Hilfsorganisation verteilt Trillerpfeifen und Taschenalarme an Wohnungslose.
Nach der Angriffsserie auf wohnungslose Menschen in Wien weiten die Caritas der Erzdiözese Wien und das Rote Kreuz ihre Angebote in der Bundeshauptstadt aus. So wurden 40 zusätzliche Aufenthaltsplätze an vier Standorten der Hilfsorganisationen eingerichtet, teilte der Fonds Soziale Wien (FSW) mit. "Mit den zusätzlichen Aufenthaltsplätzen spannen wir den Schutzschirm weiter auf", sagte der Leiter der Wiener Wohnungslosenhilfe beim FSW, Markus Hollendohner. Im vergangenen Monat wurden bereits zwei Wohnungslose durch Messerattacken ermordet, ein drittes Opfer überlebte schwer verletzt.
Von einer "noch nie dagewesenen Gewalt", sprach der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner gegenüber der Gratiszeitung "heute" am Mittwoch. So habe es in den vergangenen Jahren vereinzelte Fälle von Schikanen oder Gewalt gegeben, "diese Form ist aber einzigartig. So etwas hat es in Wien noch nicht gegeben, es ist eine noch nie dagewesene Form der Gewalt", sagte Schwertner.
"Die Gewaltvorfälle haben zu großer Verunsicherung bei Betroffenen geführt. Und nicht nur bei jenen, die akut obdachlos sind, sondern insgesamt bei wohnungslosen Menschen", so Schwertner. Auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas sitze der Schock tief. Eines der Opfer lebte bereits viele Jahre auf der Straße und war bei vielen Mitarbeitern bekannt. "Es herrscht große Betroffenheit und ein Bewusstsein, dass rasch reagiert werden muss", erklärte Schwertner.
Die Ausweitung der Schlafplätze sei ein wichtiger Schritt, zeigte er sich überzeugt. Insgesamt gebe es aber nach wie vor zu wenig Angebote für obdachlose Menschen. "Mit Auslaufen des Winterpakets gibt es einfach zu wenig Plätze. Während der Pandemie war das anders", appellierte der Caritasdirektor.
Streetworker der Hilfsorganisation seien dreimal pro Woche unterwegs, klärten über das Passierte auf, sensibilisieren und versuchen zumindest einen Teil der Angst zu nehmen, berichtete Schwertner. Auch verteile man Trillerpfeifen und Taschenalarme unter den Obdachlosen, die als Abschreckung dienen sollen. "Das Streetwork muss weiter ausgebaut werden, vor allem aufgrund der aktuellen Verunsicherung", appellierte er.
Polizei fahndet indes weiter nach einem mutmaßlichen Serientäter. Zudem wurde der Streifendienst sensibilisiert, vor allem nachts bei bekannten Örtlichkeiten, wo sich Wohnungslose aufhalten, verstärkt die Augen offenzuhalten. Man stehe in engem Kontakt mit entsprechenden Betreuungseinrichtungen, sagte Barbara Gass, Sprecherin der Polizei Wien. Die Kooperation mit der Polizei lobte auch Schwertner.