Anton Höslinger, bisheriger Administrator Fürnsinn und Päpstlicher Delegat Clemens gaben bei Pressekonferenz Auskunft über Situation im Chorherren-Stift. Ausführlicher Bericht über frühere Missstände, Aufarbeitung und Reformen im Stift.
Die Gemeinschaft der Chorherren von Stift Klosterneuburg stärken, die Aufgaben in der Pfarrseelsorge weiterhin erfüllen und zugleich das Stift verstärkt als spirituelles Zentrum positionieren: Das sind die zentralen Ziele des neuen Klosterneuburger Propstes Anton Höslinger. Er wurde am Montag von seinen Mitbrüdern in dieses Amt gewählt. Am Mittwoch nahm er im Rahmen einer Pressekonferenz im Stift zu seiner Wahl bzw. zur Situation des Stiftes Stellung. Gemeinsam mit Höslinger gaben auch der bisherige Apostolische Delegat, Kurienbischof Josef Clemens, und der Administrator Prälat Maximilian Fürnsinn Auskunft.
Höslinger ist der 67. Propst des Stifts. Die Amtszeit beträgt 10 Jahre. Seine Wahl sei mit "überzeugender Mehrheit" erfolgt, wie es Prälat Fürnsinn bei der Pressekonferenz ausdrückte. Der Wahl stand Augustiner-Generalabt Johann Holzinger vor. Mit der Annahme bzw. Bestätigung der Wahl durch den Generalabt am Montag hat Höslinger sein Amt bereits angetreten. Ein Termin für die Abtsbenediktion steht noch nicht fest. Diese wird Kardinal Christoph Schönborn vornehmen.
Die Chorherren von Klosterneuburg seien eine "Priestergemeinschaft" und das müsse auch gelebt werden, so Propst Höslinger. Er nannte das gemeinsame Gebet, den gemeinsamen Tisch, den gemeinsamen Austausch, aber etwa auch den ehrlichen Blick auf den eigenen Lebensstil als wesentlich.
Die Pfarrseelsorge sei für das Stift essenziell, so Höslinger. Die Chorherren betreuen 23 Pfarren in der Erzdiözese Wien, eine in der Diözese St. Pölten sowie weitere Pfarren in den USA und in Norwegen. Gemeinsam mit der Erzdiözese Wien bemühe man sich, die Pfarrseelsorge mit den vorhandenen Ressourcen in eine gute Zukunft zu führen. Das Kloster zugleich als spirituelles Zentrum zu stärken, sei dazu eine gute Ergänzung. Höslinger hob zudem auch die Bedeutung des Stifts als Wirtschaftsbetrieb sowie kulturelles und wissenschaftliches Zentrum hervor. Das Stift zählt derzeit 37 Chorherren, dazu kommen rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedensten Bereichen des Stifts.
Zugleich mit der Annahme der Wahl des neuen Propstes sind die Ämter des Apostolischen Delegaten und des Administrators beendet. Clemens und Fürnsinn nahmen im Rahmen der Pressekonferenz aber nochmals ausführlich zu den vergangenen Jahren Stellung.
Das Stift Klosterneuburg hat bewegte Zeiten hinter sich. Der deutsche Kurienbischof Josef Clemens war im November 2020 als Delegat zum interimistischen Leiter von Stift Klosterneuburg ernannt worden, nachdem Propst Bernhard Backovsky im Mai 2020 aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Die Beauftragung Clemens' erfolgte nach einer Apostolischen Visitation des Stifts im Sommer 2020, bei der es unter anderem um Missbrauchsvorwürfe ging.
Im entsprechenden Dekret der zuständigen Kongregation wurde die Einsetzung des Delegaten mit der Feststellung begründet, dass Backovsky die Situation rund um den von Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern des Stiftes begangenen Missbrauch nicht angemessen gehandhabt habe. Als Administrator des Stifts wurde Anfang Juni 2021 Prälat Maximilian Fürnsinn, der frühere Propst von Stift Herzogenburg, ernannt.
Anfang März 2022 wurde bekannt gegeben, dass die kirchenrechtliche Untersuchung zu Vorfällen bzw. dem Umgang mit sexuellem Missbrauch im Stift Klosterneuburg abgeschlossen sei. Der abschließende Bericht stellte Versäumnisse der früheren Stiftsleitung im Blick auf die Unterbindung bzw. Aufarbeitung von Missbrauchsfällen sowie sexuellen Fehlverhaltens von Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern des Stiftes fest. Daher sei dem emeritierten Propst Backovsky eine kirchenrechtliche Monitio (Ermahnung) erteilt worden.
Kurienbischof Clemens zitierte bei der Pressekonferenz am Mittwoch ausführlich aus dem Bericht. Er wies eingangs darauf hin, dass die Vorgangsweise doch ein erheblicher Eingriff in die Autonomie eines Klosters sei und nur durch die besonders schwerwiegende Situation bedingt war. Dabei wolle er festhalten, dass die überwiegende Mehrheit der Chorherren treu ihren Dienst erfüllt habe. Eine Minderheit habe durch ihre Verfehlungen aber das Kloster in diese missliche Lage gebracht.
Clemens nannte als Baustellen, die es aufzuarbeiten galt, einige Missbrauchsfälle und den Umgang damit, die Amtsführung des früheren Propstes, die Kriterien für die Aufnahme von Kandidaten und deren Ausbildung sowie ganz generell das Gemeinschaftsleben im Stift. So sprach Clemens etwa von Mängeln in der Formung und Führung der Kandidaten, aber auch, dass bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen das Ansehen von Personen oder des Stifts im Vordergrund gestanden sei. Was die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, aber auch die Prävention betrifft, würdigte der Delegat die Bemühungen im Stift in den vergangenen Jahren. Clemens sieht die Voraussetzungen für eine gute Zukunft des Stifts gegeben.
Er berichtete aber auch von einigen konkreten Vorgaben Roms: So wird es in den kommenden drei Jahren noch einen Päpstlichen Assistenten geben, der die weitere Konsolidierung des Stiftes begleiten soll; freilich ohne jurisdiktionelle Befugnisse. Eine konkrete Person wurde bisher aber noch nicht ernannt.
Zudem wünsche sich das vatikanische Dikasterium, dass das Stift verstärkt zu einem "missionarischen" Zentrum wird, wie Bischof Clemens sagte. Alle Voraussetzungen dafür sah er grundsätzlich als gegeben.
Bischof Clemens wie auch Prälat Fürnsinn attestierten den Chorherren von Klosterneuburg ein ehrliches Bemühen um Aufarbeitung und große Fortschritte bei der Konsolidierung. Fürnsinn hatte schon in den vergangenen Jahren stets die Notwendigkeit eines neuen Vergemeinschaftungsprozesses im Stift betont. Das Gemeinsame müsse im Kloster über dem Eigenen stehen. In der Vergangenheit seien zu oft Einzelinteressen im Vordergrund gestanden. In mehreren längeren Prozessen sei es zu einer Konsolidierung der Gemeinschaft gekommen, berichtete Fürnsinn. Dabei habe man sich auch Hilfe von außen geholt.
Propst Höslinger berichtete bei der Pressekonferenz von einigen Neuerungen im Stift, von der Einsetzung einer Präventionsstelle über zahlreiche Reformgruppen im Konvent bis zu einer neuen Hausordnung. Sein Dank gelte den Mitbrüdern, die ihn zum Propst gewählt hatten und ihm damit ihr Vertrauen schenken würden. Der Abschlussbericht, aus dem Bischof Clemens zitiert hatte, beinhalte viel Schmerzliches, räumte der neue Propst ein. Er wolle in diesem Zusammenhang auch aufrichtig um Entschuldigung für Fehler der Chorherren bitten. Viele Versäumnisse habe man bereits aufgearbeitet, der Prozess sei freilich niemals zu Ende, sondern müsse stetig fortgeführt werden, so Höslinger.
Anton Wolfgang Höslinger wurde am 5. Jänner 1970 in Klosterneuburg geboren. Er trat 1989 in das Stift ein und wurde 1998 zum Priester geweiht. Von 1998 bis 2003 war er als Kaplan in der Stiftspfarre Klosterneuburg und von 2003 bis 2005 als Pfarrer in der Stiftspfarre Donaufeld tätig. Von 2005 bis 2016 war er als Novizenmeister und Klerikerdirektor des Stiftes, von 2010 bis 2016 als Sekretär des Abt-Primas tätig. Mit Mai 2016 wurde Anton Höslinger zum Assistenten des Stiftskämmerers und mit Dezember 2021 als interimistischer Kämmerer berufen. Seit 2002 ist er auch als Generalsekretär der Österreichischen Augustiner-Chorherren-Kongregation, seit 2005 Kapitelsekretär und seit November 2021 als Pfarrprovisor in der Pfarre Maria Hietzing tätig.