Die ehemals kaiserliche Hofpfarrkirche St. Augustin in der Wiener Innenstadt gilt als eines der bedeutendsten Zentren der klassischen Kirchenmusik in Europa. In wenigen Tagen, am Montag, 28. August, begeht man das Fest des Kirchenpatrons und Ordensvaters Augustinus.
Der Augustinerorden ist mit Unterbrechung seit 1327 in der Augustingerkirche in der Wiener Innenstadt tätig. Die Kirchenmusik hatte hier zu allen Zeiten einen hohen Stellenwert. Von den Kapellmeistern der Hofpfarrkirche seien zwei hervorgehoben, deren Ären für ein kulturelles Großereignis im kommenden Jahr 2024 grundlegend waren; zudem haben beide Persönlichkeiten heuer Geburtstagsjubiläen.
Der Augustinerpater Joseph Kainz (1738-1813) leitete die Kirchenmusik ab 1768 fast ein Vierteljahrhundert lang. In diese Zeit fällt die Errichtung der Westempore im Zuge der Regotisierung der Augustinerkirche in den Jahren 1784/85 sowie die Anschaffung einer relativ großen Orgel. Das Werk des namhaften Orgelbauers Johann Henke, erbaut um 1730 für die Kirche der Schwarzspanier (Benediktiner) in Wien 9, war nach Aufhebung jenes Klosters nach St. Augustin übertragen und auf der neuen Empore aufgestellt worden. Im 2. Weltkrieg wurde das Instrument ruiniert und ein Orgelneubau notwendig. Das historische Orgelgehäuse blieb jedoch erhalten und prägt bis heute die Ansicht der Empore.
Eine weitere Blütezeit der Kirchenmusik in St. Augustin war die Ära von Kapellmeister Leopold Eder (1823-1902), der die Leitung rund 100 Jahre nach P. Joseph Kainz übernommen und bis zum Tod innehatte. Unter seiner Direktion wurden die Hochämter zu einem gesellschaftlichen Anziehungspunkt in Wien. Der Andrang zu den Gottesdiensten war derart groß, dass, so zeitgenössische Quellen, Eltern ihre Kinder in der Kirche hochhalten mussten, damit sie in der gedrängten Menschenmasse nicht erdrückt würden. Eder - übrigens zeitgleich mit Walzerkönig Johann Strauß Schüler des späteren Domkapellmeisters Joseph Drechsler - war eine angesehene Persönlichkeit im Wiener Musikleben. Seine Freundschaft mit Anton Bruckner bescherte St. Augustin nicht nur die Uraufführung dessen gigantischer f-Moll-Messe, sondern begründete auch Bruckners oftmalige Präsenz als Organist da selbst. Bruckners Mitwirkungen in der Augustiner Kirchenmusik (um 1870 - 1894) galten als Ereignis und wurden in den Zeitungen angekündigt und rezensiert.
2024 wird weltweit des 200. Geburtstags von Anton Bruckner gedacht, sein symphonisches Schaffen wird dabei im Zentrum stehen. Bruckners Kirchenmusik wird im Jubiläumsjahr in der Augustinerkirche eine Heimstätte haben - durchaus wörtlich, denn hier war er selbst in der Kirchenmusik tätig. Ein ambitionierter Zyklus bringt sämtliche seiner Messen, die großen Motetten und viele andere seiner Sakralwerke.
Erster Höhepunkt ist ein Festkonzert mit Bruckners Te Deum am Jahrestag dessen Uraufführung (2. Mai). Darüber hinaus - und damit ehrt St. Augustin „seinen“ Organisten - wird Bruckners Wirken als Orgelvirtuose thematisiert und in Konzerten, Vorträgen und Meisterkursen erfahrbar gemacht. Alles Bruckner! Vivat Augustinus!
Mo, 28. August, 2023, 18:30 Uhr: Hochamt am Fest des hl. Augustinus Musik: Joseph Haydn, Mariazeller-Messe
Augustinerkirche, 1010, Josefsplatz