Podiumsdiskussion "Gut-Mensch sein" am 31. August mit u.a. Caritasdirektor Schwertner und Wiener Sozialstadtsrat Hacker zur Frage, weshalb der Wille vieler Menschen, anderen Gutes zu tun, vermehrt lächerlich gemacht wird.
Zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Gut-Mensch sein. Die soziale Perspektive unserer Gesellschaft" lädt das Stift Klosterneuburg am Donnerstag, 31. August, ab 19 Uhr. Der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner, der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und die Gründerin und langjährige Leiterin der VinziRast, Cecily Corti, gehen u.a. der Frage nach, weshalb der Wille vieler Menschen, anderen Gutes zu tun, vermehrt lächerlich gemacht wird. Der Begriff "Gutmensch" sei vielfach zum Spott- und Schimpfwort geworden, heißt es in einer Ankündigung. Die Podiumsdiskussion findet im Rahmen der zweiteiligen Veranstaltungsreihe "Jenseits von gut und böse" statt, mit der die Jahresausstellung "Die guten Werke" im Stift inhaltlich begleitet wird.
Die erste Podiumsdiskussion zum Thema "Die Macht des Bösen" fand bereits zu Sommerbeginn statt. Auf die Spur des Bösen machte sich dabei der Kriminalpsychologe Reinhard Haller, der Moraltheologe Walter Schaupp und die Sozialethikerin Ingeborg Gabriel. Schaupp nannte einige Schlüsselbegriffe, um dem Guten und Bösen auf die Spur zu kommen: Lebendigkeit, Freiheit und Liebe. Das Gute für den Menschen zeige sich in einem Zuwachs an Leben, an Freiheit und Liebe. Das Böse zerstöre dies alles, so der Theologe.
"Das Böse lügt, verwirrt, zerstört, es spaltet sowohl die einzelne Persönlichkeit als auch die Gesellschaft", brachte es Gabriel auf den Punkt. Und sie wies auf eine weitere Gefahr hin: Das Böse könne von einer großen, verführerischen Attraktivität sein. Das sei etwa im Blick auf den Nationalsozialismus so gewesen. Und das habe in letzter Konsequenz zu Menschen geführt, die zwar unendlich nett zum eigenen Hund oder den Nachbarskindern waren, zugleich aber ungeheure Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Heute würde einem die Attraktivität des Bösen wohl in anderer Form begegnen. Das Christentum sei jedenfalls gut beraten, sich mit diesem Verführungspotenzial des Bösen eingehend zu befassen, so Gabriel.
In die gleiche Kerbe schlug auch der Psychiater Reinhard Haller. Er hielt fest, dass es letztlich keine wissenschaftlich haltbare Definition dafür gebe, was denn das Böse tatsächlich sei. Ihn interessiere deshalb auch mehr die Frage, unter welchen Bedingungen das im Menschen wohnende Böse zum Durchbruch kommen könne. "Wenn es darum geht, das Böse zu vermeiden, dann müssen wir besonders sensibel sein gegenüber den gesellschaftlichen Voraussetzungen, die das begünstigen würden", warnt Haller.
Mit Krankheit habe das Böse laut Haller jedenfalls wenig zu tun. Psychisch kranke Menschen seien nicht böser - soll heißen krimineller - als die Durchschnittsbevölkerung. Eine dramatische Ausnahme bestehe allerdings bei Wahnerkrankungen, mit einer bis zu 32 Mal höheren Rate an Tötungsdelikten als bei gesunden Menschen. Diese Menschen seien aber nicht zurechnungsfähig und insofern auch nicht "böser" als andere.
Als besonders gefährlich bzw. böse bezeichnete Haller hingegen Menschen, bei denen die Wissenschaft die Persönlichkeitsstörung des malignen (bösartigen) Narzissmus konstatiert. Bösartiger Narzissmus bedeute, dass diese Personen ihren Narzissmus auf Kosten anderer ausleben. Haller: "Diese Menschen sind nicht sozial. Sie schaffen sich ihre Regeln selber. Gesetze sind nur für die Dummen." Hallers Paradebeispiel für eine solche Person bzw. Persönlichkeitsstörung: Donald Trump.
Schaupp warf in die Diskussion ein, dass er im Laufe seiner Arbeit immer unsicherer geworden sei, sich von außen ein Letzturteil über einen Menschen anzumaßen, gerade auch, was die Dimension des Bösen betrifft. Dieses letzte Urteil wolle er gerne Gott überlassen.
Haller bestätigte, dass es in der forensischen Psychiatrie genau um diese Frage geht: War der Wille des Täters frei oder nicht? Nachsatz: "Diese Frage kann niemand beantworten." Letztlich gehe es in seiner Zunft lediglich darum festzustellen, ob jemand an einer besonders schweren psychischen Störung leidet. Sei das der Fall, dann bestehe die Übereinkunft, dass diese Person nicht zurechnungsfähig sei. Ob jemand aber tatsächlich schuldfähig sei, könne man nicht feststellen.
Einig waren sich Haller und Schaupp, dass Empathie für das menschliche Zusammenleben eine ganz wesentliche Voraussetzung ist. Ist es mein Lebensprojekt als freier Mensch, empathisch zu sein oder wähle ich den Weg von Gewalt und Aggression? - Das, was man bei Menschen als böse erlebe, hänge eng mit zweiter Wahl zusammen, so der Moraltheologe. Die Möglichkeit zur Wahl liege in der Freiheit des Menschen.
Haller verwies in diesem Zusammenhang auf Wladimir Putin. Er wüsste zu gerne, was in diesem Menschen vorgeht, nicht um ihn zu entschuldigen, aber um ihn zu verstehen. Was er aber sicher sagen könne: Putin habe keine positive Empathie, "oder er hat es verstanden, sie auszuschalten. Was zutrifft, weiß ich nicht, aber damit ist jedenfalls dem Bösen der Boden bereitet."
Infos zur Veranstaltungsreihe: www.stift-klosterneuburg.at/event/jenseits-von-gut-und-boese